Fürchtet euch
vor dem Laden noch dunkler wirken, als es war. Ein paar Klappstühle und zwei Schaukelstühle standen rechts und links von der Ladentür, und ich wusste, dass Mr Messley und ein paar andere alte Männer gern den ganzen Tag da draußen saßen und sich unterhielten und Pfeifen und Zigaretten rauchten, wenn es heiß war. Daddy hatte gesagt, Mr Messley wäre so alt, dass er eine krumme Wirbelsäule bekommen hätte und dass er deshalb so nach vorn gebeugt war und immer einen Stock dabeihatte. Wenn er da draußen saß, lehnte er den Stock gegen ein Knie und ließ ihn da stehen, bis er wieder aufstehen musste. Wenn Leute auf dem Weg in den Laden vorbeikamen, sagten sie: »Hey, Messley«, und Mr Messley grummelte irgendwas vor sich hin, weil er wusste, dass er aufstehen und reingehen musste, um die Leute zu bedienen.
Unter dem Metalldach an der Zapfsäule hing eine elektrische Insektenfalle, und ich saß in dem Pick-up von meinem Grandpa und schaute durch die Windschutzscheibe zu, wie das Ding Motten und Mücken zerbrutzelte. Es leuchtete lila, und ab und an hörte ich es zischen, wenn ein Insekt reinflog und dann ein kleiner Funke rausschoss. Ich konnte auch die Grillen draußen in der Dunkelheit hören, und ich lauschte ihrem Gezirpe, und dann hörte ich die Stimme von meinem Grandpa im Laden. Ich hörte einen lauten Krach, als wäre irgendwas auf den Boden gefallen, und dann hörte ich, wie sich Mr Messley und mein Grandpa anbrüllten.
Mein Grandpa stieß die Ladentür mit solcher Wucht auf, dass sie gegen die Wand knallte, zurückschlug und wieder zuknallte. Mr Messley öffnete die Tür hinter meinem Grand- pa und kam mit seinem Stock nach draußen gehumpelt, als würde er ihn verfolgen. Sein Gesicht war rot, und er sah wütend aus und schüttelte die Faust.
»Sonntags habe ich noch nie Alkohol verkauft!«, brüllte er. »Und deinetwegen fang ich ganz bestimmt nicht damit an!«
Mein Grandpa kam auf den Pick-up zu, aber dann blieb er stehen und drehte sich um und sah Mr Messley an. Er stand da und starrte ihn eine Minute lang an, als würde er überlegen, ihm eine reinzuhauen. Und ich dachte daran, wie er meinen Daddy angeschrien hatte, durch den Garten gerannt war und dann dem Mann ins Gesicht getreten hatte, und in Gedanken sah ich, wie dem Mann das Blut aus der Nase aufs Hemd spritzte. Aber mein Grandpa tat Mr Messley nichts. Er stand bloß da und starrte ihn an. Das Zischen von der Insektenfalle, die die Motten zerbrutzelte, war das Einzige, was ich hören konnte. Ich konnte nicht mal mehr die Grillen hören. Mein Grandpa öffnete die Fahrertür vom Pick-up, und Mr Messley ging zurück in seinen Laden. Ich konnte sehen, wie er uns durch die Tür beobachtete.
Mein Grandpa knallte die Tür zu, und der ganze Pick-up bebte. »Gottverdammt!«, sagte er. Er haute so fest er konnte aufs Lenkrad, und die Hupe dröhnte. »Gottverdammt!«, sagte er wieder. Er legte beide Hände ans Lenkrad, als hätte er vor, es abzureißen und durchs Fenster zu schmeißen, und seine Knöchel wurden weiß, weil er es so fest gepackt hielt.
»Mach, dass du wegkommst!«, brüllte Mr Messley durch den Fliegendraht der Ladentür.
Mein Grandpa warf mir einen Blick zu, und dann ließ er den Motor an und legte krachend den Gang ein und trat fest aufs Gaspedal. Die Reifen quietschten, und wir schossen vom Parkplatz runter und bogen auf den Highway, und dann wurde es wieder still, bis auf das Dröhnen des Motors, der uns den Berg hochtrug, weg von den Lichtern von Mr Messleys Laden.
Die ganze Brüllerei hatte mir Angst gemacht, vor allem nach dem, was ich vor Miss Lyles Haus gesehen hatte, und ich versuchte ganz fest, nicht zu weinen. Ich wollte nicht, dass mein Grandpa mich so sah, und ich drehte den Kopf zum offenen Fenster, um mir vom Fahrtwind das Gesicht trocknen zu lassen. Ich wollte ein für alle Mal aufhören zu weinen, aber ich konnte nicht. Ich hatte schon fast Kopfschmerzen von der ganzen Heulerei.
Mein Grandpa streckte die Hand aus und tätschelte mir das Bein. Er hatte auch Hände wie Daddy, und es fühlte sich an wie Schmirgelpapier auf meiner Bluejeans. Ich zog die Füße auf den Sitz und schlang die Arme um die Knie, damit er mich nicht so einfach anfassen konnte.
»He, Kleiner«, sagte er. »Ist ja gut. Ich wollte dir keine Angst einjagen. Messley ist ein Freund von mir. Alles in Ordnung. Du musst keine Angst vor mir haben.«
Ich hörte auf zu weinen und setzte mich aufrecht hin und stellte die Füße wieder auf den Boden und
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