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Fürchtet euch

Fürchtet euch

Titel: Fürchtet euch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wiley Cash
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Sachen finden: Steine, Stöckchen, getrocknete Blumen, Spielzeug, von dem er nicht wollte, dass es verloren- oder kaputtging. Die einzigen Sachen, die er nicht versteckte, waren die Steine, die uns zusammen gehörten. Wir legten sie in unserem Zimmer auf das Regal, das Daddy für uns gebaut hatte. Ich und Stump guckten uns manchmal zusammen unsere Steine an und versuchten, in Daddys alten Enzyklopädien mehr über sie rauszufinden. Ich machte mir nie Sorgen, dass er von den Steinen welche verstecken könnte, weil wir beide wussten, dass es unsere waren. Sie gehörten uns zusammen.

    Das Haus war dunkel, und ich tastete an der Wand neben der Haustür herum, bis ich den Schalter fand und die Tischlampe neben Daddys Stuhl anging. Mein Grandpa ging direkt zum Kühlschrank und öffnete ihn und fing an, Sachen hin und her zu schieben, als würde er irgendwas suchen. Er schaute auch in den Gefrierschrank. Dann schloss er die Gefrierschranktür, und ich sah zu, wie er zur Arbeitsplatte ging und die Hängeschränke durchsah, wo Mama die Lebensmittel aufbewahrte.
    »Willst du was essen?«, fragte er mich.
    »Ich hab keinen Hunger«, sagte ich. Ich hatte seit dem Abendessen nichts gegessen, aber ich wusste, dass ich jetzt nichts essen konnte.
    »Na, du musst was essen«, sagte er. »Ich bin zwar kein großer Künstler am Herd, aber du musst was essen.«
    Er ging zu dem Schrank, wo Mama alle Teller und die Tassen aufbewahrte, und machte ihn auf und fuhr mit der Hand über die Teller, und dann tastete er dahinter. Er öffnete noch einen Schrank, stand da und starrte hinein.
    »Gottverdammt«, flüsterte er. Er drehte sich um und sah zu mir ins Wohnzimmer, wo ich direkt an der Tür stand. »Raucht dein Daddy im Haus?«, fragte er.
    »Er raucht nicht«, sagte ich.
    Mein Grandpa drehte sich um und sah die Schränke an. Dann machte er einen auf, den er schon mal aufgemacht hatte, und schaute wieder hinein.
    »Klar raucht er nicht«, sagte er.
    Ich musste pinkeln und ging durch die Küche und den Flur zum Badezimmer. Ich drückte auf den Lichtschalter, doch nichts geschah. Ich drückte ihn noch ein paarmal, aber die Lampe über dem Waschbecken ging nicht an. Es war dunkel da drin, und ich überlegte, ob ich den Klodeckel hochklappen und ohne Licht pinkeln sollte, aber ich konnte kaum etwas erkennen und hatte Angst, alles vollzumachen. Ich ging zurück in den Flur, machte die Hintertür auf und schaute nach draußen. Früher hatten wir das Außenklo benutzt, ehe Daddy das Bad im Haus einbaute, und ich sah die Umrisse von dem Verschlag hinten im dunklen Hof. Nie im Leben würde ich diese alte Tür aufmachen und spätabends da ohne Taschenlampe reingehen und ohne jemanden, der die Tür aufhielt, damit ich im Mondlicht ein bisschen was sehen konnte. In dieser Art von Dunkelheit versteckten sich wahrscheinlich Schlangen und alle möglichen Viecher. Ich wollte meinen Grandpa nicht bitten, für mich die Tür aufzuhalten, weil er mich nicht für eine Memme halten sollte, und außerdem wusste ich nicht mal, ob ich pinkeln könnte, wenn er hinter mir stand und zuguckte.
    Ich ging nach draußen und machte die Hintertür zu, trat dann an den Rand der Veranda und zog den Reißverschluss runter. Bevor ich lospinkelte, drehte ich den Kopf und schaute durch die Tür hinter mir. Ich konnte durch den ganzen Flur bis in die Küche sehen. Mein Grandpa kramte noch immer in den Schränken, und als er sich bückte, wusste ich, dass er jetzt unter die Arbeitsplatte schaute. Ich pinkelte von der Veranda und hörte, wie das Gras vor mir nass wurde.
    Als ich fertig war, ging ich wieder rein und dann durch den Flur in die Küche. Mein Grandpa stand draußen auf der vorderen Veranda und rauchte eine Zigarette. Ich konnte den Rauch riechen, der durch die Fliegentür kam. Auf dem Küchentisch stand ein Teller mit zwei Scheiben Weißbrot, die mit Erdnussbutter bestrichen waren. Mein Grandpa hörte mich, drehte sich um und sah mich durch die Fliegentür an.
    »Das ist so ziemlich alles, was ich kann«, sagte er und nickte Richtung Tisch. Er sah zu, wie ich meinen Stuhl vorzog und mich hinsetzte. Ich nahm eine Scheibe Brot und biss rein. Er hatte sie ziemlich dick bestrichen, und das Weißbrot klebte mir am Gaumen, und ich hatte Mühe zu schlucken. Ich stand vom Tisch auf, holte mir ein Glas aus dem Schrank und ging zum Kühlschrank und nahm die Milch raus. Ich stellte das Glas auf die Arbeitsplatte, goss die Milch hin- ein, bis das Glas voll war, und dann stellte ich

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