Fuerstin der Bettler
hier. Die hängen neben der Tür. Wenn die Herrschaften gehen, nehmt Ihr sie ihnen wieder ab.«
Hannah und der Mönch standen an die Wand gedrückt neben der Pforte. Sie sah Bruder Adilbert an und formte mit den Lippen deutlich »A-I-G-E-N!«
Der Mönch nickte eifrig.
»Auf den Stadtpfleger müsst ihr gesondert achten. Er ist mir nicht unbedingt freundschaftlich verbunden. Gebt ihm eine geschmeidige und willige Natur – nicht zu jung, nicht zu alt. Aber um Himmels willen keine ...«
Mehr konnten sie nicht hören. Die beiden Männer entfernten sich offenbar wieder von der Pforte.
»Wenn ich mich recht erinnere«, flüsterte der Mönch, »führt die hintere Pforte in den Innenhof beziehungsweise über einen Raum zum Zugang des Tunnels, der unter dem Innenhof hindurchführt. Von diesem Raum aus gelangt man aber auch in die Einzelzimmer. Wer unerkannt bleiben will, kommt hier herein. Ich glaube kaum, dass sich der päpstliche Nuntius vor aller Augen zu seiner ... nun ... Schönen führen lässt.«
Hannah, die mit geschlossenen Augen gegen die Wand gelehnt dastand, flüsterte: »Alle kommen, wenn die Luderin die Wahrheit gesagt hat. Ein päpstlicher Gesandter, der Stadtpfleger. Ekelhaft!«
Die Luft knisterte. Über der Stadt standen schwarzleibige Regenwolken, und in der Luft lag ein Prickeln, das unangenehm über die Haut zog. Allein diese Spannung hielt sein Misstrauen aufrecht.
»Seit Magdalena uns hintergangen hat, kann man nicht argwöhnisch genug sein«, murmelte er. »Aigen wappnet sich, seit Ihr ihn in die Enge treibt. Wir sollten weitergehen. Die anderen Frauen warten sicher schon auf uns«, forderte er Hannah auf und zog sie mit sich.
Im Gehen drehte Bruder Adilbert sich noch einmal um und betrachtete misstrauisch den Wehrgang, das Haus, die Gasse. »Habt Ihr das gesehen, Röttel?«, fragte er verwundert.
»Was?«
»Dort oben. Da war so ein Blitzen.« Bruder Adilbert bewegte sich vor und zurück, ging auf die Zehenspitzen und in die Knie. Es war, als vollführte er eine Art Tanz. Tatsächlich, bei einer dieser Bewegungen blitzte es erneut auf, genau zwischen dem Dachträger des Wehrgangs und dessen Ziegeldeckung.
»Spiegel!«, murmelte er und sagte dann laut: »Sie verwendenSpiegel, um die Gasse zu beobachten. Nur so können sie sicher sein, dass sie die richtigen Leute hereinlassen. Das Sonnenlicht hat sich darin gefangen.«
Auch Hannah blickte nach oben. »Ihr habt demnach recht behalten, Mönch. Aigen hat Vorsichtsmaßnahmen getroffen. Das werden wir auch tun!«
Ein schwacher Donner rollte von Westen über die Mauer hinweg. Ein Gewitter war im Anzug.
»Magdalena!«, sagte Bruder Adilbert trocken. »Sie hat uns vermutlich verraten. Es wird schwierig sein, ins Haus zu kommen.«
Die fünf Bettlerinnen warteten am Fischertor bereits auf sie. Man sah ihnen ihre Unruhe an. Alle waren sie blass und traten von einem Fuß auf den anderen. Stumm schritten sie durch den Torbogen, kletterten in den Graben hinab, wateten durch den kleinen Sumpf, der sich seit dem letzten Mal dort gebildet hatte, weil es immer wieder wolkenbruchartig geregnet hatte, und arbeiteten sich durch das Sumpfried. Stumm stapften sie vorwärts, immer darauf bedacht, in die Fußstapfen der Vorgängerin zu treten und so keine größeren Spuren zu hinterlassen. In der Niederung summten Millionen von Mücken, die das nahe Unwetter zu spüren schienen. Doch niemand achtete darauf, niemand schlug um sich oder verriet die Gruppe durch lautes Fluchen. Wie eine Schar Gespenster bewegten sie sich vorwärts.
Mühsam, und für Hannah unter einer beinahe übermenschlichen Anstrengung, kletterten sie den Hang zur Fischersiedlung hinauf. Hannah musste sich immer wieder leise den Namen ihrer Tochter vorsagen, sonst hätte sie aufgegeben. Der Gang kostete sie ihre ganze Kraft.
Oben angekommen, wandten sie sich nach Osten, zum Lueginsland hinauf und an diesem entlang in Richtung Stephinger Tor. Etwa auf halbem Weg lagen die Kapelle und das Leprosenhaus auf dem Schlachbuhel, wie man den Ort nannte.
Bruder Adilbert lief vorneweg und betete einen Rosenkranz, den sie hinter ihm mitmurmelten. Es war eine merkwürdige Prozession von Gläubigen. Sie trugen einen Korb mit Kleidung für die Mädchen mit sich, die sie befreien wollten.
Nur selten kamen Menschen zum Leprosenhaus und brachten etwas zu essen, Decken oder Kleidung. Man fürchtete sich vor Ansteckung, und man fürchtete sich vor den entstellten Gestalten dort.
Die schmale Kapelle kam bald
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