Fuerstin der Bettler
Zeichen, nach etwas, das er wiedererkennen konnte.
»Ihr hattet bereits den Wundbrand im Finger, weil ihr noch gebeizt habt, obwohl ihr längst zum Arzt oder Bader hättet gehen sollen«, fuhr Hannah fort. »Ich habe Euch danach verbunden, mehrmals verbunden. Ihr sagtet, Ihr könntet den Beruf nie mehr ausüben.« Hannah versuchte aus den Augen des Wächters ein Erkennen abzulesen, doch die blieben so grau und abweisend wie zuvor. »Ihr müsst uns helfen.« Hannah wiederholte die Bitte jetzt lauter.
»Warum sollte ich Euch helfen?«
»Ihr habt die Hand behalten, obwohl bereits zwei Ärzte gesagt hatten, sie müssten Euch die Hand abnehmen. Nur mein Mann, der Apotheker, hat sich getraut ...«
»Hannah Meisterin«, brach es aus dem Handwerker heraus. »Ihr wollt mir weismachen, Ihr seid die Hannah Meisterin?«
Hannah nickte verlegen. Der Bursche klang nicht so, also würde er ihr glauben.
»Ich hab jetzt diese Spielchen satt, ihr Weibsleut. Ihr seid nicht die Hannah Meisterin! Das Haus des Apothekers ist abgebrannt, und die Meisterin, Gott hab sie selig, ist mit verbrannt. Ebenso wie die Tochter.«
»Nein, die Hannah Meisterin bin ich nicht mehr. Das stimmt. Seit unser Haus niedergebrannt ist und ich nicht ...« Ein Stoß in die Seite brachte sie zum Verstummen. Die Schwarze Liss hatte recht. Sie konnte einem Fremden nicht ihre ganze Geschichte erzählen.
»Dann lasst uns wenigstens gehen«, bat Hannah.
»So schnell Euch Eure Beine tragen können«, herrschte er sie an und senkte die Spitze der Hellebarde. Hannah und die Schwarze Liss ließen sich das nicht zweimal sagen. Sie rannten davon, als wäre ein ganzer Schwarm Wespen hinter ihnen her.
»Was sollte das?«, fragte die Liss, als sie wieder bei Atem waren. »Wenn derjenige, der das Haus niedergebrannt hat, Wind davon bekommt, dass die Eigentümerin lebt, dann gnade dir Gott!«
Zerknirscht presste Hannah die Lippen aufeinander. »Ich wollte doch nur einen sicheren Platz zum Schlafen. Er wohnt neben dem Roten Haus der Luderin.«
»Du wirst mit dem Turm oder mit der Tordurchfahrt am Lueginsland vorliebnehmen müssen, Röttel. Außerdem müssen wir dorthin, wenn wir etwas über das Lusthaus erfahren wollen.«
Die beiden schlichen durch die Gassen und vorbei am Brandplatz, der in unmittelbarer Nähe des Aufstiegs lag. Hannah wagte einen Blick durch die jetzt nur noch angelehnte Tür. Alles war ausgeräumt. Die schwarzen Balken waren verschwunden, der Keller freigelegt, die ganze Fläche wirkte wie mit dem Besen gefegt.
»Sie werden wohl bald mit dem Neubau beginnen«, sagte die Liss.
»Nur die Keller lassen sie stehen.«
Ein dumpfes Pochen klang aus den Tiefenkellern herauf. Qualm, der wohl von den Fackeln und Talglichtern stammte, kräuselte sich aus den Lücken in den Holzfußböden.
»Sie werden wohl die Fundamente verstärken.« Die Schwarze Liss blickte ihr über die Schulter.
»Oder Mauern ausbrechen«, sagte Hannah nachdenklich. »Ich verstehe nur nicht, wozu!«
2
S ie standen vor dem Fledermausturm, und in Hannahs Bauch breitete sich ein flaues Gefühl aus. Sie blickte die Straße hinunter. Dort unten erkannte sie die Lücke, in die der Rote sie gedrückt hatte. Allein der Gedanke daran schwemmte in ihr all ihre Ängste wieder hoch. Sogar die Wange schmerzte, auf die er sie geschlagen hatte, und unwillkürlich fasste sie mit der Hand an die Stelle. Am liebsten hätte sie laut aufgeschrien.
Die Schwarze Liss klopfte an das Tor des Turms. Es klang dumpf und unheilvoll in Hannahs Ohren.
Es dauerte eine Weile, bis sie von drinnen Schritte hörten.
Die Sonne schickte ein leichtes Licht und weiche Luft in die Gasse. Eine warme Hand schien sanft über sie hinwegzugleiten und sie zu streicheln. Es war, als berührte eine wohlwollende Natur die Häuser und die Bewohner.
Sie wollte nicht in diesem Turm schlafen. Sie wollte sich nicht dem Dürren Karl ausliefern. Die schlurfenden und matten Schritte des Dürren Karl, die sie von der letzten Übernachtung noch im Ohr hatte, passten nicht zu diesem luftigen Tag.
Das Tor zum Turm öffnete sich einen Spalt, und Hannah erkannte sofort das gierige Auge des Dürren Karl.
»Da seid ihr ja wieder«, hörte sie den Kerl sagen. »Ihr getraut euch hierher?«
»Wir wollen die Nacht hier unterkommen«, sagte die Schwarze Liss.
»Nach allem, was über euch geredet wird? Nein!«, sagte derDürre Karl und wollte das Tor schließen, doch die Liss hatte ihren Stock bereits in die Lücke gestellt.
»Oh. Was wird
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