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Fuerstin der Bettler

Fuerstin der Bettler

Titel: Fuerstin der Bettler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Dempf
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zurückwich. Die Liss machte wieder einen Schritt auf den Mann zu, legte ihm die Hand auf das Herz und senkte den Blick. Der Wachmann trat verlegen von einem Bein aufs andere.
    »Komm«, sagte sie leise, aber so, dass Hannah alles verstehen konnte. »Helmuth hat gesagt, es gäbe da eine Kammer. Hinten, im Wachraum.«
    Langsam dämmerte es Hannah, was die Liss vorhatte. Zwei weitere Wachen hatten die Liss bemerkt und pfiffen hinter ihr her. Einige Sprüche über ein gutes Gelingen und einen nettenNachmittag begleiteten die beiden, als sie in Richtung Wachraum gingen.
    Die Schwarze Liss hakte sich bei dem Jungen unter. »Keine Angst. Meine Schwester lässt schon keinen von denen in die Stube. Sie hält Wache.« Die Liss kicherte wie über einen gelungenen Scherz.
    Der junge Wachhabende ließ sich von ihr in den Nebenraum der Wachstube schieben, und bevor sie beide darin verschwanden, winkte die Schwarze Liss Hannah vor die Tür.
    Hannah drehte sich mit dem Rücken zur Tür, so unbehaglich war ihr zumute, doch sie konnte nicht umhin, alles mitanzuhören. Es war ein Stöhnen und Scharren und dumpfes Stampfen. Mit dem Rücken zur Kammer stand sie da und hielt den Blick gesenkt, bis ihr die Tür in den Rücken gestoßen wurde und sie ins Stolpern geriet.
    »Los komm, Schwester. Wir haben es etwas eilig, bevor der Junge wieder zu sich kommt.« Die Liss stand auf der Türschwelle, die Haare etwas wirr und das Kleid über die rechte Brust herabgezogen.
    »Du hast ihn doch nicht etwa ...?« In Hannahs Stimme lag etwas wie Panik. Ihr Blick lag auf der entblößten Brust.
    Die Liss zog den Stoff hoch und rief über die Schulter in den Raum hinein, sie werde sich das nächste Mal noch zugänglicher zeigen. Dann nahm sie Hannah am Arm und sie liefen gerade so rasch, dass es nicht aussah, als würden sie fliehen, unter dem Torbogen durch. Die beiden Wachhabenden, die eben noch so frech dagestanden und ihnen ihre Scherze zugerufen hatten, schlugen sich auf die Schenkel vor Lachen.
    »Nächstens kommst du nicht so billig davon, Liss«, riefen sie ihr nach, aber da hasteten die beiden Frauen bereits den Anstieg hinauf und bogen zu Sankt Gallus und dem Kloster Sankt Stephan ein.
    Erst als sie um die kleine Kapelle herum und außer Sicht der Wachmannschaften und Fuhrwerker waren, blieben sie stehen. Beide waren außer Atem.
    Hannah beugte sich vor und stützte sich mit beiden Händen keuchend auf die Schenkel.
    »Du hast doch nicht wirklich ...?«, stieß sie hervor. »Ich meine, der Junge lebt hoffentlich noch.«
    Die Schwarze Liss blickte Hannah verblüfft an. Dann erst verstand sie und verzog das Gesicht zu einem Grinsen.
    »Was? Ihn umgebracht?« Die Schwarze Liss lachte. »Er lebt – und ist sehr lebendig, wie es nur die Jungen sind. Kaum hatte ich ihn an der rechten Stelle berührt, ging es schon los. Ich hatte kaum noch Zeit, den Rock zu heben.« Sie musste lachen und schüttelte den Kopf. »Manchmal hat man eben Glück. Das nächste Mal weiß er Bescheid – dann wird es nicht so einfach.«
    Dann wurde sie unvermittelt ernst. Hinter der Galluskirche führte eine Treppe den Wehrgang hinauf.
    Hannah deutete, noch immer schwer atmend, dorthin. Sie waren schon einmal einen ähnlichen Aufgang hinaufgestiegen. Wenn man von hier aus ein kurzes Stück in Richtung Süden ging, würde man am Brandort vorüberkommen.
    »Wir sollten uns ansehen, wem das Häuschen vor dem Tor gehört«, sagte Hannah. »Es liegt doch gleich dahinter oder etwa nicht?« Sie deutete mit dem Daumen über die Schulter auf die Mauer hinter ihr.
    Die Schwarze Liss nickte. Sie zeigte auf eine schwere Eichentür, die mit Eisenbändern beschlagen war und durch die Mauer hindurch nach draußen führte. »Dort bin ich aus und ein gegangen.«
    Sie schlichen die Treppe hoch, nachdem sie sich etwas ausgeruht hatten.
    Vom Wehrgang aus konnte Hannah durch eine schmale Öffnung auf ein kleines Steinhaus blicken. Dahinter begann die Ummauerung der Jakobervorstadt im rechten Winkel an die Nord-Süd-Mauer der Innenstadt. Das Häuschen schien unbewohnt zu sein. Die Läden waren geschlossen, und der Garten war verwildert. Nur niedergetretenes Gras ließ vermuten, dass hin und wieder jemand dorthinkam. Etwas hangabwärts stand ein Baum mit mächtigen Ästen. Dort hatte vermutlich Liss’ Vater den Tod gefunden. Daran vorbei führte eine Treppe aus Stein zum Graben hinab und bis zu einem kleinen Steg.
    »Gab es die Treppe damals auch schon?«, fragte Hannah.
    Die Schwarze Liss

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