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Fummelbunker

Fummelbunker

Titel: Fummelbunker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sonja Ullrich
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wieder verzockt hatte.«
    Ich starrte ihn wie ein Ufo an.
    »Das wussten Sie nicht, was?«
    Als ich den Kopf schüttelte, lachte er. »Doch nicht so gerissen.«
    Er war kurz davor, mir gehörig auf die Nerven zu gehen damit. »Woher kannte Bäcker Sie überhaupt?«
    Er räusperte sich. »Aus dem Casino.«
    »Hatte er dort selbst nicht ein paar Rechnungen offen?«
    »So einige«, bestätigte er.
    Langsam ging mir ein Licht auf. »Lassen Sie mich raten: Bäcker hat sich Schuldscheine ausstellen lassen. Und durch ihn wussten Sie, dass diese Scheine überhaupt existierten.«
    Er lächelte.
    »Wieso wollte man Ihnen wohl keine Schuldscheine ausstellen?«
    Er zog die Mundwinkel nach unten. »Vielleicht war ich zu alt. Hätte ja sein können, dass ich sterbe, bevor ich meine Schulden zurückzahle.«
    »Vielleicht.«
    »Können die denn einfach so nein sagen?«
    »Ich habe keine Ahnung«, sagte ich. »Darlehensgeber machen in der Regel eine Bonitätsprüfung.«
    »Bei mir gab es keine Bonitätsprüfung!«, empörte er sich. »Warum also sollten die mir kein Geld geben wollen?«
    Ich zuckte mit den Schultern. Ich hätte Kwiatkowski auch kein Geld geliehen. Er sah nicht sonderlich liquide aus und alle Tassen schien er auch nicht mehr im Schrank zu haben.
    »Haben die beim Bäcker eine Bonitätsprüfung gemacht?«, fragte er weiter. Sein Gesicht verzerrte sich zunehmend und ich zuckte wieder mit den Schultern.
    »Hätten Sie mir denn Geld gegeben?«
    Jetzt stand ich auf und verabschiedete mich entschuldigend, dass ich noch andere Termine wahrzunehmen hätte. Ich hatte genug gehört und wollte ihn nicht auf den Trichter bringen, mich anzupumpen.
    Eilig ging ich vor die Haustür. Sonnenschwaden flimmerten über den Gehweg und es hatte den Anschein, als würde der schwarze Lack meines Twingos in der Hitze brutzeln. Ich stieg in den rollenden Backofen und versuchte, einen riesigen Flatschen Taubendreck, der sich während meiner Abwesenheit auf meiner Windschutzscheibe niedergelassen hatte, mit dem Scheibenreiniger wegzuwischen, doch es half nichts. Mit halber Sicht voraus ließ ich den Motor an und tuckerte nach Hause.
     
    Eine Dreiviertelstunde später lag ich flach auf dem Holzboden meines Wohnzimmers und starrte an die Zimmerdecke. Der kleine Ventilator, den ich aus dem Schrank gekramt und neben mir aufgestellt hatte, blies mir von Rotoren zerhackte Luft ins Gesicht. Meine Haare flogen in alle Richtungen, kitzelten mich an den Wangen oder verhedderten sich in den Wimpern. Und mein Hirn dachte so vor sich hin.
    Irgendwann dachte es an Gregor.
    Warum beschäftigte er mich so? Warum gab ich mich überhaupt mit ihm ab? Ich verstand mich selbst nicht mehr. Gregor war ein Säufer, der in seinen Klamotten wohnte. Haare und Bart waren eine einzige Keimzelle. Und sein Auto, dieser 20 Jahre alte Heizöl-Ferrari, war eine rollende Skurrilität: Waffen, Schlagstöcke, Brecheisen. Wenn er trank, behandelte er mich und andere wie Dreck, schlug um sich. Und er hatte auch überhaupt keine Ambitionen, sein Leben in den Griff zu kriegen. Ganz im Gegenteil. Er war wie ein Schwein, das sich aus Überzeugung im Dreck suhlte.
    Aber dann war da noch die andere Seite, die kaum ein anderer an ihm sah: Die nahbare, verletzbare Seite. Außerdem war er scharfsinnig. Ich konnte mir gut vorstellen, dass er als Polizist einen sehr guten Job gemacht hatte. Immerhin war er einige Jahre Mitglied des Mobilen Einsatzkommandos gewesen. Für den Job muss man nicht nur körperlich, sondern auch geistig fit sein. Und nur wenige schafften den Weg dorthin.
    Trotzdem verstand ich nicht, warum ihm die Polizisten aus dem KK 1 Bochum immer noch die Treue hielten. Als hätte es diese fünf Jahre Knast nie gegeben; als hätte er sich nie dem Neonazismus zugewandt. Sie blieben loyal und schwiegen eisern, was ich am eigenen Leib erfahren musste, als ich sie über ihn ausfragen wollte. Da gab es kein Durchkommen.
    Gleichzeitig machte Gregor in meiner Gegenwart keinen Hehl darum, welchen Einfluss er auf die Polizisten ausüben konnte. Wozu? Prahlerei? Wohl kaum. Da steckte mehr dahinter.
    Ich rollte mich auf den Bauch und schmachtete das Sofa an, welches in schier unerreichbarer Ferne an der Wand stand. Ich hatte keine Lust, aufzustehen. Ich war schlaff von der Mittagshitze und hätte am liebsten gleich die Augen zugemacht. Aber ich hatte mir für heute noch einiges vorgenommen. Beispielsweise wollte ich unbedingt herausfinden, wie Bäcker aus dem Stegreif 9.000 Euro aus seiner

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