Funkensommer
oben ziehe.
»Klar«, antworte ich nervös. Dabei ist nichts klar. Doch was soll ich sagen? Meine Stimme zittert, als ich versuche, es Finn zu erklären: »Ja, klar … nur … geht das nicht ein bisschen schnell?!« Ich Idiotin! Dass Finn mit mir Sex haben will, hätte ich mir wirklich denken können. Vor allem nach Jellys Ansage. Ist ja auch irgendwie verständlich! Und trotzdem …
»Schon gut«, sagt er und lässt das Kondom wieder in die Hosentasche verschwinden. »War eine blöde Idee!«, wehrt er ab.
»Nein«, rufe ich hastig. »Keine blöde Idee – nur …«
»Ja, ich weiß! Nur voreilig.« Er lächelt unglücklich.
»Wir haben doch alle Zeit der Welt«, versuche ich zu erklären. Meine Amazonen-Fassade bröckelt längst.
Finn sieht mich daraufhin noch unglücklicher an. »Aber vielleicht auch nicht«, murmelt er und zieht sich sein T-Shirt über.
»Wie meinst du das?«, frage ich.
Doch Finn legt bloß die Stirn in Falten und brummt: »Schon gut. War nur ein blöder Spruch. Alles in Ordnung. Wir müssen jetzt eh los«, sagt er und zieht mich auf die Beine.
Widerwillig gehe ich mit ihm mit, obwohl ich tausend Gründe wüsste, warum wir lieber hier bleiben sollten, als ins Q10 zu fahren. Trotzdem gehe ich mit. Ich will ja keine Spielverderberin sein … nicht heute … nicht jetzt … Vielleicht aber, denke ich mir, als wir wortlos durchs Dickicht huschen und uns plötzlich nichts mehr zu sagen haben, bin ich das ja nun doch geworden.
Laute Musik. Unglaublich laute Musik. Der Bass dröhnt. Überall.
Jelly drückt mir ein Whiskey-Red Bull in die Hand, nachdem ich ihr von dem Erlebnis auf dem Felsen erzählt habe, und zieht mich auf die Tanzfläche. Dann tanzen wir wie die Wilden. Als ob es kein Morgen gäbe. Wie ein brodelnder Gulaschtopf kommt mir die Tanzfläche vor. Alle hüpfen zur Musik, während sich die Stimmung darin immer mehr aufheizt. Den Rest erledigt das Whiskey-Red Bull, jedenfalls fühle ich mich bald darauf etwas gelöster.
Jelly grinst mich an. »Mir gefällt die neue Hannah«, verkündet sie.
»Warum?«, schreie ich. »Weil ich mich vor dem Gülle-Ausbringen drücke? Oder weil ich einen Schwips kriege, wenn ich so weitermache …«
Jelly schüttelt den Kopf. »Nein, du Kuh! Wegen deinen neuen Haaren. Sie leuchten unglaublich im Discolicht! Dein Friseur ist ein Genie, wenn ich das jetzt mal so sagen darf!«
»Ja, klar!«, feixe ich. »Karolina ist wirklich toll!«
»Haha!« Jelly verzieht den Mund. »Ich war schließlich auch daran beteiligt. Aber du hast schon recht. Meine Mama ist wirklich super!«
Dann tanzen wir wieder. Und lassen uns treiben von den harten Beats, die sich bis in unsere Zehenspitzen graben und kitzeln.
Kurze Zeit später aber wechselt der DJ die Musikrichtung, und Jelly zieht mich von der Tanzfläche runter.
»Ich bin am Verdursten!«, schnauft sie und schlägt den Weg in Richtung Bar ein.
Unsicher blicke ich mich um. »Wollen wir nicht lieber zu den Jungs zurückgehen? Finn wartet auf mich. Und Tobias doch sicher auch auf dich!«
Jelly murrt: »Dann soll er halt warten!«
Verwundert bleibe ich stehen und ziehe meine Freundin in eine ruhige Ecke. »Was ist plötzlich los? Ich dachte, du bist verrückt nach Tobias?«
Jelly zieht die Nase kraus. »Nicht wirklich! Okay, anfangs schon, aber …«
»Aber was?«, hake ich nach. »Ist irgendetwas passiert? Bist du deshalb heute so schlecht gelaunt?«
»Ach, Tobias ist ein Arschloch!«, rückt Jelly schließlich raus. »Er hat mich gestern total doof angemacht! Wir haben uns nämlich dann doch früher getroffen. Nur Tobias und ich. Dabei wollte er bloß mit mir rummachen. So wie Finn heute mit dir …«
Ich werfe Jelly einen warnenden Blick zu. »Jetzt lass doch mal Finn aus dem Spiel. Der ist überhaupt nicht so. Verstanden?!«
»Schon gut«, wehrt sie ab. »Jedenfalls habe ich ihm klargemacht, dass zwischen uns nichts laufen wird, als ich gemerkt habe, dass er nur mit mir in die Kiste will. Tja, und dann ist er richtig fies geworden. Von wegen, ich solle mich nicht so anstellen, weil ich ja ohnehin keine Jungfrau mehr sei, und so! Es war total widerlich! Er wollte die ganze Zeit nur Sex. Sonst nichts. Als ob ich so eine Schlampe wäre …«
Fassungslos sehe ich Jelly an.
»Was ist?«, fragt sie. »Warum guckst du mich so an?!«
»Warum meint Tobias, dass du keine Jungfrau mehr bist?«
Meine Freundin schaut betreten zu Boden.
»Was?!«, rufe ich, nachdem ich kapiert habe, was Jelly soeben
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