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Funkensommer

Funkensommer

Titel: Funkensommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michaela Holzinger
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Letzteres. Egal. Mir soll es recht sein. Auf Bröllenburg hätte ich ohnehin keine Lust gehabt.
    So sitze ich nun. Und warte. Darauf, dass alles wieder gut wird. Doch die Stunden vergehen und nichts passiert. Und nichts wird gut. Die sonntägliche Ruhe ist unerträglich. Selten liegt der Hof derartig still da. Kein Traktor fährt. Kein Mähdrescher brummt. Keine Schwalben ziehen über meinen Kopf hinweg und jagen den Mücken hinterher. Nicht einmal die Schweine grunzen im Freilaufstall. Sie liegen träge in der Sonne und pennen. Irgendwann, müde vom langen Warten, schleppe ich mich zu Lanzelot und kuschle mich in sein warmes, weiches Pferdefell. Ich atme den Duft ein und vergieße weitere Tränen der Angst. Weil ich nicht weiß, was ich machen soll. Weil ich nicht weiß, was das alles zu bedeuten hat. Weil ich nicht weiß, was auf mich zukommen wird.
    Und schließlich, in der unerträglichen Stille dieses Sonntags, beginnt mein Handy zu läuten. Schrill und laut, dass sogar die Schweine davon aufschrecken und verschlafen grunzen.
    »Du hattest recht«, schluchzt Jelly. »Du hattest von Anfang an recht. Mit Raphael. Er hat sich wirklich verändert.«
    »Was ist passiert?«, frage ich. »Ist etwas mit Raphael? Wo ist er?«
    Jelly schnäuzt sich geräuschvoll. »Ist er denn nicht zu Hause?«
    »Nein!«
    Wieder fängt sie zu schluchzen an. »So ein Idiot!«
    »Jelly«, dränge ich. »Jetzt sag schon. Was ist los?«
    Meine Freundin stockt. »Nichts ist los. Das ist es ja eben.«
    »Ich weiß nicht, wovon du sprichst«, stöhne ich. Jelly schweigt. »Kann ich zu dir kommen?«, fragt sie dann leise.
    »Ja«, sage ich und lege auf.
     
    Eine halbe Stunde später sitzt Jellena neben mir auf der Gartenbank vor dem Haus. Ihre Augen sind glasig vom vielen Weinen. Ob meine auch so glasig sind?
    »Ich wollte es nicht glauben. Wollte dir nicht glauben. Raphael ist doch nie so gewesen. Aber gestern …«, druckst sie herum.
    Ich sehe Jelly an. »Erzähl doch endlich, was passiert ist. Bitte!«, dränge ich sie.
    Jelly seufzt und blickt zu Boden. »Ich bin doch gestern noch im Q10 geblieben«, fängt sie leise an. »Ich dachte, es sei eine gute Idee. Als du weg warst, bin ich zu Raphael gegangen. Ich wollte einfach … mit ihm reden. Ihn fragen, warum er mir aus dem Weg gegangen ist. Wollte ihm sagen, wie sehr er mich damit verletzt hat! Nach all dem, was zwischen uns passiert ist.« Ihre Stimme fängt zu stocken an. »Aber er war so … gemein. So unglaublich gemein. Er lachte mich aus und nannte mich eine Schlampe. Vor allen Leuten. Und dass ich zu Tobias gehen sollte. Dabei waren seine Augen … ich sag dir … seine Augen … die waren so …«
    »Kalt?«, flüstere ich atemlos.
    »Nein.« Jelly schüttelt abwehrend den Kopf. »Doch. Auch kalt. Aber daran lag es nicht.« Sie sieht mich eindringlich an. »Seine Augen, die waren irgendwie … anders. Verschleiert. Unecht. Verstehst du?«
    »Ich weiß immer noch nicht, wovon du sprichst!« Jellys Heimlichtuerei geht mir mittlerweile so was von auf die Nerven. »Jetzt rück endlich raus damit, verdammt noch mal!«
    Jelly wimmert. »Na ja. So, als ob er … etwas geschluckt hätte …«
    »Was meinst du damit? Geschluckt. Was geschluckt? Glaubst du, dass er von seinen Medis, den Epi-Blockern, so drauf war?«
    »Nein!« Sie schüttelt wieder den Kopf. »Blödsinn! Nein, ich glaube, er hat etwas anderes geschluckt … ich meine, im Q10 gibt es vieles, wenn man will …«
    Pause. Stille. Bleiern hallt der letzte Satz in meinem Kopf nach.
    Im Q10 gibt es vieles.
    Hat das nicht auch mein Bruder zu mir gesagt? Ich nehme meine Freundin ins Visier. »Du meinst … Drogen?«
    Jelly nickt.
    »Nein! Das glaube ich nicht. Er hatte sicher wieder zu viel getrunken …«
    Doch Jelly wehrt ab. »Nein, vom Besoffensein ist man nicht so drauf. Außerdem weiß ich …«
    »Was?«
    »Na ja«, druckst sie herum, »da ist grad so ein Zeugs in Umlauf. Im Q10. Schon längere Zeit. Tobias hat mir davon erzählt. Er war ganz begeistert davon, weil es so harmlos sein soll und trotzdem richtig flasht. An dem Abend, als wir ins Kino wollten – du weißt schon, als er mir an die Wäsche wollte?«
    Ich nicke.
    »Na ja, da hatte er das auch dabei. Weil er wollte, dass wir es beide nehmen …«
    »Und hast du?«
    Jelly schüttelt sich. »Bist du bescheuert? Ich nehme doch keine Drogen! Das Zeugs macht einen ganz …«
    »Was denn?«
    »Na ja – ich weiß auch nicht. Einfach nur widerlich. Es muss irgendwie die

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