Furien im Finstern
Greifen Sie nur zu.«
»Ich komme von der Intermutual Indemnity Versicherung.«
»Name?« fragte Bertha.
»Mr. P. L. Fosdick.« Er ließ den Namen über seine Zunge rollen, als ob er da etwas ganz Wundervolles ausspräche. Die gepflegte Hand griff in die Westentasche, zog ein Visitenkartenetui hervor, ließ es aufspringen. Mit leichter Verbeugung übergab Fosdick Bertha die Karte.
Bertha nahm sie, betrachtete sie von allen Seiten, rieb mit dem Dau-mennagel über die erhaben geprägte Schrift, sichtlich beeindruckt. »Und was möchten Sie?«
»Sie stellen Ermittlungen über einen gewissen Verkehrsunfall an, Mrs. Cool«, sagte Fosdick. »Um genauer zu sein, Sie haben ein Inserat aufgegeben. Meine Gesellschaft verfolgt ihre Aktivität mit einiger Besorgnis.«
»Wieso?«
»Es hat den Anschein, als träfen Sie Vorbereitungen für eine Klage.«
»Na und?« Die glatte, gönnerhafte Selbstgefälligkeit ihres Gegenübers ging ihr langsam auf die Nerven. »Und was wäre daran zu bemängeln? Ich habe das Recht, Klage zu erheben, oder nicht?«
»Aber natürlich, Mrs. Cool. Mißverstehen Sie mich nicht. Doch es könnte sich unter Umständen erübrigen.«
Bertha unterließ es stur, ihn in ihr Privatbüro zu bitten. Sie hatte sich mit kalt funkelnden Augen vor ihm aufgebaut.
Die Eingangstür ging auf und schloß sich wieder. Elsie Brand hüstelte bedeutungsvoll.
Bertha dreht sich nicht um.
Fosdick stieß nach. »Es könnte sich wirklich erübrigen, eine Klage zu erheben, Mrs. Cool. Wahrscheinlich wird die Intermutual Indemnity, die den betreffenden Autofahrer versichert, die Verantwortung übernehmen, ihrer Verpflichtung nachkommen und eine angemessene Abfindung zahlen.«
Elsie Brand hüstelte abermals. Da Bertha immer noch nicht reagierte, sagte sie schließlich: »Mrs. Cool ist zur Zeit beschäftigt. Könnten Sie vielleicht etwas später wiederkommen?« Der Tonfall ihrer Stimme ließ Bertha herumwirbeln.
Das träge Individuum, das sich auf ihr Inserat als Zeuge gemeldet hatte und sich standhaft weigerte, seinen Namen zu nennen, hatte natürlich alles mitbekommen.
»Kommen Sie in mein Büro«, sagte Bertha zu Fosdick. Und zu dem Zeugen: »Ich glaube nicht, daß ich heute etwas für Sie tun kann.«
»Werde auf jeden Fall warten.« Er lächelte und setzte sich bequem in einem Stuhl zurecht.
»Trotzdem werde ich nichts für Sie haben.«
»Macht überhaupt nichts. Ich warte.«
»Ich habe nicht das geringste Interesse an ihrer Anwesenheit.«
»Schon gut, Mrs. Cool. Nur keine Aufregung.« Er nahm eine Zeitschrift vom Tisch, öffnete sie irgendwo und schien sich sofort darin zu vertiefen.
Fosdick ging zur Tür von Berthas Privatbüro und öffnete sie, trat zur Seite, verbeugte sich. Bertha segelte an ihm vorbei. Fosdick schloß die Tür und trat neben den großen Stuhl am Fenster.
Pure Bosheit veranlaßte Bertha, ihn noch mehrere Sekunden da herumstehen zu lassen, bevor sie sieb selbst in die Tiefe des Drehstuhles fallen ließ.
»Sie werden verstehen«, fuhr Fosdick glattzüngig fort, »daß die Intermutual Indemnity Versicherung eine Schuld keineswegs zugibt. Wir führen lediglich Vorgespräche mit der Absicht, einen Vergleich wegen vielleicht möglicher Ansprüche auszuhandeln. Ich nehme an, Sie wissen, daß es eine Reihe von Beschlüssen des Obersten Gerichtshofes gibt, die besagen, daß Aussagen, die unter solchen Umständen gemacht werden, als Beweismaterial nicht zulässig sind. Das Gesetz fördert grundsätzlich den Vergleich.«
Bertha schwieg.
»Wir versuchen, gerecht zu sein.« Fosdick kam das alles wie Sirup über die Lippen. »Viele Leute halten eine Versicherung für ein herz- und seelenloses Unternehmen, das nur darauf aus ist, auf der einen Seite möglichst große Prämien zu kassieren und auf der anderen Seite sowenig wie möglich an Schadensregelungen auszuzahlen. Die Intermutual Indemnity versucht stets, fair zu sein. Wenn einer unserer Klienten verantwortlich ist, machen wir uns alle Mühe, zu einem gerechten Vergleich zu kommen, ohne Rücksicht auf die Kosten.«
Fosdick öffnete die Aktentasche, nahm einen Ordner heraus und gab Bertha ausreichende Gelegenheit, sein intelligentes Minenspiel zu beobachten, während die manikürten Finger die Seiten umblätterten.
Bertha sagte ungeduldig: »Okay, reden Sie schon.«
Fosdick blickte auf. »Mrs. Cool, wenn Sie eine Verzichtserklärung beschaffen, unterschrieben von der Geschädigten, wäre unsere Versicherung bereit, fünftausend Dollar
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