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Furien im Finstern

Furien im Finstern

Titel: Furien im Finstern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. A. Fair
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Bertha. »Ich werde Ihnen sagen, warum. Es gab da eine verdammte arrogante Polizistin, die mich dauernd Schätzchen nannte. So ein starkes breitschultriges Weib, aber bevor ich mich auszog, hätte ich sie beinahe auf den Boden geschmissen und mich auf sie gesetzt. Hätte ich wirklich machen können. Und ich wäre die ganze verfluchte Nacht dort sitzen geblieben. Und jetzt sitze ich in der Tinte, Elsie. Ich muß aus dem Büro verschwinden und untertauchen, bis alles vorbei ist. Die haben den Blinden, er wird ihnen alles erzählen. Sergeant Sellers hat recht. Ich hätte die Geschäfte weiterhin auf dem normalen Weg erledigen sollen. Aber Donald war ein solcher tollkühner kleiner Mistkerl, und er hat immer solch leichtsinnige Dinge gedreht. Das färbt eben ab. Ich habe es mir überlegt, Elsie. Werde jetzt hier verschwinden und mir einen Schluck Whisky besorgen. Dann fahre ich nach Redlands.«

29

    Heiße trockne Sonne brannte über Redlands. Das dunkle Grün der Apfelsinenplantagen hob sich in ordentlichen Quadraten wie ein Schachbrett vom klaren Blau des Himmels und den gewaltigen Bergen im Hintergrund ab, die mehr als dreitausend Meter hochragten. Die Luft war wie saubergewaschen und sehr labend. Aber ihre Sorgen hatten Bertha immun für Schönheiten der Landschaft und frische Luft gemacht.
    Bertha kroch aus dem Wagen, arbeitete sich mit gesenktem Kopf und schwingenden Armen über den Bürgersteig, stieg die Treppe des Sanatoriums hoch, trat in die Empfangshalle und sagte zu dem Mädchen an dem Informationstisch mit müder, unlustiger Stimme: »Gibt es hier zufällig eine Josephine Dell?«
    »Einen Moment bitte.« Das Mädchen blätterte in einer Kartei. »Ja. Hat ein Privatzimmer. Nummer 207.«
    »Ist eine Krankenschwester bei ihr?« fragte Bertha.
    »Nein, sie ist anscheinend nur zur Erholung hier.«
    Bertha bedankte sich und stapfte müde den langen Gang entlang. Sie fand den Aufzug, fuhr zum zweiten Stock, fand Zimmer 207, klopfte leise und öffnete die Schwingtür. Ein blondes Mädchen, etwa 27 Jahre alt mit dunkelblauen Augen, lächelndem Mund und einer Stupsnase saß in einem Sessel neben dem Fenster. Es trug ein seidenes Négligé; die Beine ruhten übereinandergeschlagen auf einem anderen Stuhl. Die Frau las mit offensichtlichem Vergnügen in einem Buch, blickte aber plötzlich aus großen tiefblauen Augen auf, als Bertha eintrat.
    »Sie haben mich aber erschreckt.«
    »Hab' angeklopft«, erklärte Bertha kurz.
    »Ich war in meinen Krimi vertieft. Lesen Sie manchmal Krimis?«
    »Hin und wieder.«
    »Bevor ich ins Krankenhaus kam, hab' ich nie welche gelesen. Dachte, ich würde nie die Zeit dafür finden, aber jetzt bin ich schon fast eine richtige Fanatikerin. Ich finde, es muß die interessanteste, fesselndste Sache der Welt sein, Verbrechen aufzuklären. Meinen Sie nicht auch?«
    »Kommt darauf an, wie man es betrachtet, nehme ich an«, sagte Bertha.
    »Nehmen Sie Platz. Was kann ich für Sie tun?«
    Bertha ließ sich erschöpft in einen Sessel in der Ecke des Zimmers sinken. »Sie sind also Josephine Dell?«
    »Ja.«
    »Und Sie sind diejenige, die mit dem Blinden befreundet ist?«
    »Ach, Sie meinen den Blinden an der Ecke des Bankgebäudes?«
    Bertha nickte mutlos.
    »Ich finde ihn sehr lieb. Ich glaube, er ist einer der nettesten Männer, die ich je kennengelernt habe. Er hat eine sehr positive Einstellung zum Leben und ist überhaupt nicht verbittert. Viele Leute, die erblinden, ziehen sich von der Welt zurück. Nicht er. Er scheint die Welt jetzt besser zu kennen, als er sie sehend je hätte kennenlernen können. Ich glaube, er ist wirklich glücklich, obwohl seine Existenz sehr eingeengt ist. Ich meine, was das Physische und seine Kontaktmöglichkeiten betrifft.«
    »Sie mögen recht haben.«
    Josephine Dell taute sichtlich auf. »Und dabei hatte er natürlich auch keine besondere Ausbildung und war obendrein arm wie eine Kirchenmaus. Wenn er wenigstens gelernt hätte, Blindenschrift zu lesen. Er hätte studieren können und sich weiterbilden — aber ihm fehlte einfach das Geld dafür. Eine ziemlich hoffnungslose Lage.«
    »Das verstehe ich.«
    »Und dann hat er Glück gehabt. Er hat sehr gewinnbringend in öl spekuliert, und jetzt kann er ganz anständig davon leben. Aber er hat das Gefühl, daß es eigentlich schon zu spät und er zu alt ist.«
    »Kann sein«, stimmte Bertha zu. »Haben Sie ihm die Spieldose geschickt?«
    »Ja, aber ich wollte nicht, daß er es wußte. Ich wollte nur, daß er

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