Furious love
drehten, und sie verbrachten nun schon fünf Jahre ihr Leben einerseits isoliert wie auf einer Insel, andrerseits führten sie eine Ehe im Rampenlicht. Die Öffentlichkeit, die »Revolverblätter«, wie Elizabeth sie nannte, wollten »Liz and Dick«, Spitznamen, die sie beide hassten. Sie wollten Elizabeth und Richard sein.
Es war herzzerreißend, »Liz and Dick« diesen Kampf gewinnen zu sehen. Die Burtons führten in Wirklichkeit zwei Ehen: die öffentliche und die private. Elizabeth dachte, Richards männliches Bedürfnis, der Beste zu sein, würde durch seine bessere Position in der Besetzungshierarchie und eine höhere Gage befriedigt. Aber zumindest in Afrika, unter der Hitze der Filmscheinwerfer, schien ihm nichts mehr zu gefallen. Alle tranken nur noch. Auch Richard.
Als die Dreharbeiten in Dahomey abgeschlossen waren, wurde das Team für die letzten Aufnahmen nach Nizza beziehungsweise Paris gebracht. Auf dem Balkon eines eleganten Hotels in den Seealpen oberhalb von Saint-Raphaël in der Nähe von Nizza führte LOOK das Interview fort. Mit Blick auf das Mittelmeer, die Luft duftete nach Kiefern, die auf struppigen Hügeln wuchsen, wurde Burton gefragt, ob das »amerikanische Kinopublikum« sich über die Jahre verändert habe. Er fand, es hätte sich verändert, was am Erfolg von so anspruchsvollen Produktionen wie Der Spion, der aus der Kälte kam, Wer hat Angst vor Virginia Woolf? und Der Widerspenstigen Zähmung zu sehen sei . Die Rollen Leamas und George unterschieden sich, so Richard, sehr von seinen vorherigen. »Ich hätte mir nie träumen lassen, dass ich einmal so zwielichtige, ausgehungerte Männer spielen würde … Das war eine große Herausforderung und eine ziemliche Quälerei. Alles musste mit einem gewissen Understatement gespielt werden, ich hielt mich die ganze Zeit zurück.« Als er gefragt wurde, weshalb er so viele Filme drehe, antwortete er, unter anderem habe ihn
seine Beziehung mit Elizabeth Respekt vor dem Film gelehrt. Und dann wieder die alte Leier – ob er das Gefühl habe, dem Theater abtrünnig geworden zu sein? Gut, dass Elizabeth nicht mit auf der Terrasse saß. »O nein, überhaupt nicht. Ich spüre in mir immer einen starken Drang zur Bühne, eine Art Verpflichtung, könnte man sagen.« Ref 385
Und natürlich konnte kein Interview ohne eine Frage nach Le Scandale auskommen. »Ich habe den Eindruck, es hat sich etwas beruhigt«, sagte Richard. »Großer Gott, was wir für einen Ruf hatten! Ich war der brutale Frauensammler und Elizabeth eine hinterhältige Furie … Wir standen im Kreuzfeuer, Elizabeth und ich. Als hätten wir vorgehabt, die westliche Zivilisation in den Untergang zu stürzen.«
Am 10. April 1967 fand die alljährliche Oscar-Verleihung statt und diesmal wollte Richard wirklich gewinnen. In Saint-Jean-Cap-Ferrat in Nizza erfuhren sie, dass Elizabeth den New York Film Critics Circle Award für Virginia Woolf gewonnen hatte, doch Richard musste hinter Paul Scofield zurücktreten. Da an diesem Preis häufig abzulesen war, wie die Oscars verteilt würden, war Burton einigermaßen erschüttert. Elizabeth und er waren jeweils für Wer hat Angst vor Virginia Woolf? nominiert – Burtons fünfte Oscar-Nominierung. Er verdiente die Auszeichnung. Doch sein Konkurrent war der Shakespeare-Darsteller Scofield mit Ein Mann zu jeder Jahreszeit. Diesen Oscar aber wollte, ja musste Richard gewinnen – sein George war ein stiller Triumph gewesen, die vielleicht beste Darstellung seiner langen, wechselvollen Karriere. Doch er hatte nie das Gefühl, wirklich in Hollywood akzeptiert worden zu sein, schon gar nicht von der alten Garde, die entsprechend konservativ bei den Oscar-Verleihungen stimmte. Ihnen hatte Albees unzweideutige Sprache nicht behagt, genauso wenig wie die Schlagzeilen aus Rom fünf Jahre zuvor, als Richard und Elizabeth von der gesamten Branche gemieden wurden, die abwartete, wie sich das Cleopatra- Debakel auswirken würde. Wenn die Burtons nun beide ihre Awards gewännen, wären sie von der Unterhaltungsindustrie endlich vollkommen akzeptiert.
Elizabeth wollte die Verleihung besuchen, und insbesondere Jack Warner, der Chef von Warner Bros., hatte ein Interesse daran, dass sie kam. Er schickte ihr sogar ein Telegramm nach Nizza und bat: »Reißen Sie nicht alle Brücken hinter sich ab.« Elizabeth hatte zwar schon ihren Oscar für Telefon Butterfield 8 , doch sie hoffte auf einen Doppelsieg für sie als Ehepaar – das wäre das erste Mal in der
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