Furious love
gewaltigen Hamlet-Stimme: »Was machst du gerade, Lumpy?«
»Ich spiele mit meinen Juwelen«, antwortete Elizabeth, zufrieden wie ein kleines Mädchen.
Wie jedes Mal blühte Elizabeth in Puerto Vallarta auf. Sie schwamm und sonnte sich, las Portnoy’s Complaint von Philip Roth und Der Pate von Mario Puzo. Sie bekam einen goldenen Teint, ihr Gesundheitszustand besserte sich und Burtons Begierde wurde wieder entfacht. Ihre sexuelle Lust war stärker als der Alkohol, die Melancholie und die Krankheiten, und er bewunderte nach wie vor ihre Schönheit: »Elizabeth ist zum Anbeißen gebräunt von der Sonne, aber sie ist ein Faulpelz – wenn sie nur ein paar Kilo abnähme, sähe sie absolut umwerfend aus«, schrieb er. »An ihr sind keine Anzeichen des Alterns zu entdecken« – abgesehen von ein paar grauen Haaren an den Schläfen. »Aber die Haut ist zart, jugendlich und faltenlos wie eh und je.« Nach sechseinhalb gemeinsamen Jahren war ihr Körper immer noch eine Wonne für ihn, er musste sich im Dunkeln nie vorstellen, sie wäre eine andere. Im Gegenteil, er genoss es, bei strahlendem Licht ihre Haut, ihre Brüste und ihren Po – »fest und
rund« zu bewundern. Später schrieb Burton, Elizabeth sei »aufreizend«, wie ein »ewiger One-Night-Stand … E. weiß zu nehmen und zu geben!« Ref 488
Während dieser Auszeit war Richards Verlangen nach Elizabeth so stark, dass er ihr nicht nur in seinen Tagebüchern huldigte, sondern auch in zahlreichen kleinen Notizen und Briefen an sie, die er verfasste, wenn sie nebenan schlief oder ihn einen Nachmittag lang allein ließ. Am 10. Mai 1969 schrieb er in Puerto Vallarta: »Du wirst nie begreifen, was Einsamkeit ist, dafür bist Du zu jung. Ich liebe Dich mehr als Wasser, das über einen erhitzten Körper gegossen wird, mehr als Eis, das schmachtende Lippen kühlt, und mehr als die Vernunft, die den Wahn abklingen lässt … Was für ein seltsames Gefühl, Dich wegfahren zu sehen.«
Wie einst Heinrich VIII. und sein Hof die Themse hinauf zum Windsor Castle segelten, erreichten auch die Burtons London an Bord ihres Schiffes und gingen genau vor dem House of Parliament vor Anker. Die Parlamentarier und ihre Sekretäre erschienen in den Fenstern, um sich das Schauspiel ihrer Ankunft nicht entgehen zu lassen. Doch beinahe wäre es gar nicht dazu gekommen. Noch in Puerto Vallarta musste Elizabeth Richard regelrecht zwingen, seinen Text zu lernen. Erst die Androhung einer weiteren Klage – und gewiss nicht das Drehbuch, das er als »eine Menge mittelmäßigen Mist« bezeichnete – zwang Richard, die königlichen Gewänder Heinrichs VIII. anzulegen, um Königin für tausend Tage zu drehen. Ref 489
Er bestand auf Elizabeths Gesellschaft am Set und verschaffte ihr sogar eine Statistenrolle, die sie gerne annahm – nicht zuletzt, weil sie so Richard und seine brillante Filmpartnerin, die kleine, puppenhafte Bujold, im Auge behalten konnte. (»Das Mädchen ist in jeder Hinsicht – Statur, Gewicht und Stimme – zart«, so Burtons Beschreibung. »Ich könnte sie mit einem Flüstern übertönen.«) Elizabeth sorgte für Leben am Set und wusste, wie sie die Herzen der Crew für sich gewann. Richard erinnerte sich, wie sie bei den Dreharbeiten zu Hotel International Schnee vom Bürgersteig vor den Elstree-Studios schippte oder bei Der Widerspenstigen Zähmung einmal alle Statisten schminkte. Sein Vertrag sah vor, dass sie
das Set besuchen konnte, wann immer ihr danach war. Wenn sie beschloss, dem bärtigen Richard in seinen Königsroben zuzusehen, wie er den ganzen heißen englischen Sommer lang tapfer versuchte, dem Historienschinken Leben einzuhauchen, wartete stets ein Regiestuhl mit den Initialen »ETB« auf sie.
Burton beklagt in seinem Tagebuch die Plumpheit des Textes: »Ich brauche einen Sohn, der über England herrscht, wenn ich tot bin! Lassen Sie sich etwas einfallen, Cromwell! Finden Sie eine Lösung. Der Papst. Der Kardinal. Orvieto, meine Lord-Bischöfe. Scheidung von Katherine. Scheidung von Anne. Mary Jane Seymour.« Er probierte die gesamte Trickkiste eines Schauspielers durch, um den Text lebendiger zu gestalten, stand aber »auf verlorenem Posten«. Im Gegensatz zu Elizabeth hatte er keine Nachsicht mit Texten, die sich nicht mit denen seiner Lieblingsautoren messen konnten. Warum nicht Falstaff statt Heinrich? Welchen Spion, wenn nicht einen, der John le Carrés Feder entsprungen war? Wenn er etwas Scharfsinniges von sich geben wollte, warum nicht gleich etwas
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