Furious love
Wutausbrüchen fähig ist, aber auch eine brillante, zynische Intelligenz besitzt«. Und das gelang ihm in packender Art. Doch auch von ihm selbst steckt eine Menge in dem Part, zumindest von dem alten Richard, der vor seiner Begegnung mit Elizabeth keine Gelegenheit ausließ, mit einer Frau ins Bett zu steigen. »Wenn ich eine wollte, hab ich sie gehabt. Wenn ich sie gehabt habe, bin ich kuriert«, tönt Heinrich, um etwas später beim Hören eines seiner selbst gedichteten Lieder zu erklären: »Gute Verse und gute Musik wurden aus Leid geboren« – ähnlich hatte Richard sich gegenüber Ernie Lehman am Set von Wer hat Angst vor Virginia Woolf? geäußert. Wie so oft imitierte auch in diesem Fall wieder einmal die Kunst das Leben: Wir sehen den großen König, den Schürzenjäger, verletzt und – zumindest vorübergehend – geschlagen von einer Frau, der er hoffnungslos verfallen ist. Heinrich leidet wie ein Hund, weil er weiß, dass er eine Grenze überschritten hat. Trotz seiner gelegentlich monströsen Züge gelingt es ihm, Mitleid hervorzurufen. Ref 491
Obwohl Bujold sich spielend gegen den tyrannischen Heinrich behauptet, denkt Richard ständig daran, »wie fabelhaft E. wäre und um wie vieles besser«. Richard litt während der gesamten Dreharbeiten unter Schlaflosigkeit. Die Sorgen um Elizabeths Gesundheit hielten ihn wach, und wenn er dann endlich schlief, hatte er Albträume davon. Doch sosehr Elizabeths gesundheitliche Krisen ihn beunruhigten, holten sie doch – wie viele aus ihrem Umkreis meinten – das Beste aus Richard heraus. In solchen Zeiten waren sie sich besonders nahe, sie stritten sich weniger, die Welt schien fern, und er konnte sie ungestört in ihrem Schlafzimmer gesund pflegen. Ref 492
Burton hegte seinerseits eine Art Generaleifersucht auf alle, die mit Elizabeth zu tun hatten, gerade so, als wäre ihr gegenseitiger Argwohn ein Zeichen ihrer Liebe. »Ich bin sehr eifersüchtig wegen E.«, vertraute Burton seinem Tagebuch an. »Selbst auf ihre Zuneigung zu Dick Hanley, einem sechzigjährigen Homosexuellen, und auf alle, mit denen sie Lunch hat. Mädchen, Hunde – selbst auf ihr Kätzchen, weil E. es so bedingungslos liebt. Aber sie werden alle vor mir sterben, also bin ich am Ende der Sieger.« Ref 493
Beide Burtons waren unglücklich über den Gang ihrer Karriere. Ihre letzten beiden Filme zu Ende zu drehen war für Elizabeth wegen der Gebärmutterentfernung und der ständigen Rückenschmerzen eine Qual gewesen, dennoch hätte sie gerne eine größere Rolle in Königin für tausend Tage übernommen. Beide hatten sie die Härte schlechter, ja, geradezu verächtlicher Kritiken zu spüren bekommen. Mit ihrem Anwalt Aaron Frosch wollten sie besprechen, ob sie es sich leisten konnten, sich aus dem Filmgeschäft zurückzuziehen. Dazu flog Frosch im Jahr 1969, in dem sich schon die ersten Symptome von multipler Sklerose bei ihm bemerkbar machten, zu den Burtons. Richard hatte Frosch zufolge fast fünf Millionen Dollar in bar zur Verfügung und Elizabeth etwas weniger. Hinzu kamen ihre Häuser in Mexiko und der Schweiz sowie die Gemälde, Juwelen und die Kalizma . Das alles belief sich auf weitere vier Millionen. Frosch sagte ihnen, wenn sie die Schauspielerei aufgeben und ihre
Anlagen nicht auflösen würden, hätten sie mindestens eine halbe Million Dollar pro Jahr zum Leben. Sie müssten sich allerdings mit der Hälfte begnügen, wenn sie weiterhin die Gehälter von Dick Hanley, Bob Wilson, Richards Sekretär Jim Benton zahlen, »all die Patensöhne, Patentöchter, Neffen und Nichten« und Sara Taylor unterstützen und Elizabeths Bruder Howard Geschenke machen wollten. Doch der Anwalt beruhigte sie: Da sie wegen ihres Nomadenlebens so gut wie keine Steuern zahlten, hatten sie ein höheres Jahreseinkommen als ihre Freunde, die Rothschilds. Ref 494
Wieder einmal empfand Burton, den die Schauspielerei oft genug langweilte, die Vorstellung vom Ruhestand mehr als angenehm. »Keine Frage, ich muss aufhören«, schrieb er in sein Tagebuch. »Es ist so furchtbar öde. Jeder kann Heinrich VIII. spielen.« Er hatte den Eindruck, sie beide seien auf dem Höhepunkt ihrer Karriere und sollten vielleicht den Hut nehmen, »bevor [die Kritiker] uns wieder zerreißen« (was im Übrigen schon wieder geschah). »Wenn E. und ich stark genug sind, auf das Berühmtsein zu verzichten, können wir weiterhin in mehr als großem Komfort leben. Vielleicht könnte ich ihr sogar noch die einen oder anderen
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