Furious love
das träge Gegenteil davon. Ich liebe Elizabeth, vergöttere sie nahezu, aber – ich betone: aber selbst zum Jüngsten Gericht wird sie auf den letzten Drücker erscheinen. Und ärgerlicherweise schafft sie es immer um Haaresbreite. Sie verpasst keinen Zug, kein Flugzeug, kein Boot, doch entgeht ihr natürlich, dass ihr Mann, während er auf sie wartet, bereits mehrere leichte Herzinfarkte hatte und mit zitternder Hand einen Scotch an die bebenden Lippen führt, um seiner vernachlässigten Leber etwas Gutes zu tun – während er weiterhin wartet und wartet und wartet, dass sie aus dem Bad kommt … So ist sie eben, meine erstaunlich gelassene Lady, die fest daran glaubt, dass die Zeit auf niemanden wartet – außer auf sie.
Dann berichtet Burton, dass er zu denjenigen gehört, die »den Zug vorbeifahren sahen und sich nach London sehnten … Am Ende nahm ich ihn, kehrte nie zurück und werde es auch nie tun.« Und er stellt sich vor, wie Elizabeth ihm als Gepäckträger Trinkgeld gegeben oder ihm den Kopf getätschelt hätte, wäre er dieser »ursprüngliche Junge« geblieben. (»Blicken wir den Tatsachen ins Auge«, schreibt er. »Sie hätte mir kein Trinkgeld gegeben, sondern hätte einen ihrer Lakaien angewiesen, es zu tun.«) Und nun genoss er stattdessen das Privileg, wie Elizabeth am Überfluss der Welt teilzuhaben, auch wenn das für sie bedeutete, »zu Nomaden verurteilt« zu sein, die sich nirgendwo länger als drei Monate aufhalten konnten und zwischen New York, London, Paris, Rom, San Francisco, Puerto Vallarta, Gstaad, Irland und dem »rauen Land meines Herzens, Wales«, hin und her pendelten.
Die Vorteile der dauernden Reiserei? Der Service (»Träger, Stewards und sogar Stewardessen überhäufen sie mit Aufmerksamkeit und ab und zu fällt davon auch etwas für mich ab«) und das Essen! »Wir unterscheiden Länder nach dem Essen«, schreibt Burton in einer komischen Abhandlung darüber, wie sich die typischen Gerichte eines Landes in der Physiognomie seiner Bürger spiegeln. Abends, wenn sie allein im Hotelzimmer sind – ob im Lancaster, Dorchester oder Regency –, träumen sie von der Küche der gerade bereisten Länder: in Paris von Hamburgern und Corned Beef mit Eiern aus amerikanischen Feinkostläden; in New York wiederum schwelgen sie in Erinnerungen an ein bestimmtes Schweizer Bistro oder eine italienische Trattoria, wo es »einen temperamentvollen Rotwein, Salami, Saubohnen und einen in der Hand zerkrümelnden und wie ein Erdrutsch in sich zusammenfallenden Käse«, gab. Burton schreibt
Niemand außer mir darf Elizabeth, wie unpünktlich sie auch sein mag, nach Evian begleiten, nach Österreich, nach Aston Clinton, nach Torvaianica, ins Le Coq Hardy, La Méditerranée, den Oak Room des Plaza oder das Top of the Mark, den Savoy Grill, auf die Terrasse des Dorchester oder ins Hotel de la Poste in Avallon, zum Feinkostladen an der Sixth Avenue, wo man Bier in Maßkrügen und aufgeplatzte Frankfurter Würstchen mit entsetzlichen Pommes frites serviert bekommt, oder zum Frühstück bei Rumplemeyer’s mit einer der Töchter. Oder wie würde es Ihnen gefallen, mit Ihrem Phantom-Rolls vor einer Pommesbude in der Flask Lane in Hampstead anzuhalten und fettiges Zeug glücklich vor sich hin mampfend auf dem Rücksitz des Wagens fernzusehen, zwei bezaubernde Töchter und eine ebenso bezaubernde Frau neben sich, während Sie darauf warten, dass der Verkehr etwas nachlässt …?«
Die Nachteile? Dazu gehört nicht nur das endlose Warten auf die immer in letzter Sekunde auftauchende Elizabeth, sondern auch, dass die beiden
fast drei Jahre nach Le Scandale noch von Paparazzi und Horden von Fans verfolgt werden. Richard erinnert sich, dass Elizabeth am Flughafen von Puerto Vallarta einmal ein Schuh vom Fuß gestohlen wurde. Ein anderes Mal boxte ein Fotograf sie in die Magengrube. »Wie würden Sie es finden, Ihre kleine Tochter über die Köpfe einer tobenden Menge an einen Freund weiterzureichen, während alle in einer Sprache herumbrüllen, die keiner versteht?«
Mittlerweile war Elizabeth praktisch staatenlos, eine nahezu ausschließlich in Hotels lebende Weltbürgerin. Nach der rüden Behandlung im Zusammenhang mit dem Skandal überlegte sie sogar, auf ihre amerikanische Staatsbürgerschaft zu verzichten. Mit neun hatte sie ihre Heimat verlassen und bis zu ihrer ersten Heirat praktisch bei MGM in Los Angeles gelebt. Doch MGM kann man im Pass nicht als Wohnort angeben. Sie besaß ein Chalet in
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