Furious love
daraufhin mit dem Gedanken, ans Theater zurückzukehren – vielleicht mit Macbeth , darüber dachte Burton schließlich schon lange nach.
Am 18. Mai 1970 wurde Elizabeth für die 28. Operation in ihren immer noch recht jungen Jahren ins Cedars-Sinai-Krankenhaus aufgenommen. Dr. Kenemer und ihr Chirurg, Dr. Swerdlow, äußerten sich besorgt über die hohe Dosis Seconal, die sie bereits wegen ihrer Rückenschmerzen schluckte. Sie hofften alle, dies werde der letzte Eingriff sein. Er verlief ohne Komplikationen, doch die Genesung war problematisch, weil ihre Ärzte gleichzeitig versuchten, sie von den Schmerzmitteln zu entwöhnen.
Sie musste die postoperativen Schmerzen ohne die Hilfe starker Betäubungsmittel durchstehen, bekam nur einen Bruchteil ihrer üblichen 2,5 Milliliter Demerol. Bald gaben sie ihr statt Demerol ein leichteres Schmerzmittel und hofften, sie auf diese Weise von den starken Mitteln abzubringen. Burton war erschüttert, von ihren Ärzten zu erfahren, dass sie weniger ihre Schmerzen behandelten als die Nebenwirkungen des Entzugs.
Im Krankenhaus – für Richard ohnehin schon ein Gräuel – wurde Elizabeths Privatsphäre auch noch pausenlos von Unbekannten gestört. Weil die Sicherheitsvorkehrungen damals nicht sonderlich effizient waren, kamen manchmal Leute in ihr Zimmer, nur um sie anzustarren. Eine Frau, die behauptete, das »Ministerium der Liebe« zu vertreten, wurde festgenommen, als sie sich Elizabeths Bett näherte. Als ein Hippie hereinkam und sagte, er wolle Elizabeth »nur mal angucken«, warf Richard ihn hinaus. Später, als Richard gerade auf einem Sofa in Elizabeths Zimmer schlief, kamen zwei Gestalten mit einem Vogelnest herein und hängten es als Zeichen ihrer Verehrung an die Wand. Das war alles sehr nervenaufreibend, da die Charles-Manson-Morde erst ein Jahr her und allen in der Stadt noch gut im Gedächtnis waren. Dr. Kenemer trug zur Gruselatmosphäre bei, indem er einen Witz darüber machte, dass Vergewaltigungen in den endlosen Fluren des Krankenhauses nichts Ungewöhnliches seien. Da Elizabeth keine Spritzen mehr bekam, überredete Burton die Ärzte, sie zu entlassen. Sie überlegten genau, wie sie Elizabeth, geschützt vor neugierigen Blicken, insbesondere Fotografen, aus dem Krankenhaus bekommen konnten. In Zeiten grundlegenden Wandels und knapper Kassen in der Filmindustrie würde ein Titelfoto mit Elizabeth im Rollstuhl ihre Chancen auf einen neuen Film nicht eben verbessern.
Sie erholten sich von diesen Strapazen in Frank Sinatras Haus in Palm Springs, das Burton als »eine Art Supermotel, sowohl von der Anlage her als auch von der Idee« beschrieb. Elizabeth verehrte den immer salopp auftretenden Sänger. Schon lange wurde spekuliert – aber nie bewiesen –, dass die beiden vor Jahren einmal eine Affäre gehabt hätten. Sie war enttäuscht
gewesen über seinen Rückzug aus Das einzige Spiel in der Stadt und sie traten auch nie gemeinsam in einem Film auf. Bei ihrem letzten Treffen im März war Richard eifersüchtig gewesen, weil Elizabeth Sinatra angeblich »angeschmachtet« hat, ärgerte sich aber genauso darüber, dass dieser keinerlei Anstalten machte, sich seiner Frau zu nähern. Etwas von oben herab bemerkte er, Sinatras Bibliothek bestünde nur aus Büchern, die der Gastronom »Prinz« Mike Romanoff ausgewählt hatte.
Drei Wochen später begann Elizabeth wieder zu bluten. Offenbar war eine Naht geplatzt. Bald war der ganze Boden im Bad blutbedeckt. Burton fuhr sie bei brütender Hitze ins Desert Hospital und Dr. Swerdlow kam aus Los Angeles. »Ich bin zehn Jahre älter geworden«, schreibt Burton in seinem Tagebuch. Als sie mit dem Rollstuhl den Krankenhausflur hinuntergeschoben wurde, wieder einmal auf dem Weg in den Operationssaal, rief sie ihm zu: »Ich liebe dich, Richard.« Ref 539
»Ich liebe dich auch, Baby«, antwortete er. Und ihm wurde klar, dass sie in Palm Springs bleiben musste, um sich von ihren Operationen zu erholen, während er mit der Arbeit an seinem nächsten Film beginnen würde, der im Sommer in der Wüste Mexikos gedreht werden sollte.
Richard Burton hatte nun schon drei Monate keinen Tropfen Alkohol angerührt.
Er hatte sich entschieden, ein weiteres historisches Machoepos zu drehen: Im Morgengrauen brach die Hölle los . Wenn nur solche Filme Geld einbrachten und er ohnehin immer wieder von der Academy of Motion Picture Arts and Sciences zurückgewiesen wurde, wieso sollte er sich dann auf das riskante künstlerische Fach
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