Furious love
schlank aus in seinem Smoking mit Brokatweste. Er wog nur noch 169 Pfund. Elizabeth trug ein Chiffonkleid von Edith Head in Veilchenblau mit tiefem Dekolleté und einem geschlitzten Rüschenrock. Die Zeremonie schleppte sich wie üblich dahin. Auf die Verkündung des Besten Hauptdarstellers mussten sie fast bis zum Schluss warten. Als die Namen der Nominierten schließlich genannt wurden, studierte der tief in seinen Sessel gesunkene Burton ein Blatt Papier, bewegte beim Lesen die Lippen. Die Gäste um ihn herum vermuteten, er notiere die Gewinne von Königin für tausend Tage oder lerne seine Dankesrede auswendig. In Wirklichkeit paukte er jedoch Spanischvokabeln.
Und dann wurde John Waynes Name genannt.
Wayne bekam nach 42 Jahren im Filmgeschäft seinen ersten Oscar. Ein betrunkener, einäugiger Cowboy trug an diesem Abend den Sieg über den König von England davon. Vier Jahre zuvor hatte ein anderer Cowboy mit Alkoholproblemen im Kampf um den Oscar über Richard triumphiert: Lee Marvin schnappte ihm damals die Trophäe mit seiner Rolle in Cat Ballou vor der Nase weg.
Der Abend wurde für die Burtons noch qualvoller, als Elizabeth nach dieser Niederlage den Oscar für den Besten Film präsentieren musste.
Man sieht ihr die Enttäuschung an, ihren Schmerz, als sie unter tosendem Applaus auf die Bühne steigt und die Auszeichnung an Asphalt-Cowboy vergibt, an genau die Art von antiheroischem Film, die veranschaulicht, wie sehr sich Hollywood und die Filmindustrie seit Cleopatra verändert hatten. (Dies war außerdem der erste Hollywood-Film mit X-Rating, der einen Oscar gewann.)
Nun mussten sie für die Runde der Oscar-Partys ein Pokerface aufsetzen. Bei einer Party saßen Elizabeth und Richard an einem Tisch mit dem Regisseur George Cukor, Gregory Peck und seine Frau sowie Otis Chandler, dem Verleger der Los Angeles Times , ebenfalls mit Frau . Da Richard seine Enttäuschung nicht mit einem ordentlichen Drink hinunterspülen konnte, bat er Elizabeth um ihre »pinkfarbenen Pillen« – Seconal, das sie gegen ihre Rückenschmerzen nahm – und schluckte sie beim Essen. Sie halfen ihm durch den schwierigsten Teil des Abends. (Er schrieb später: »Sie milderten auf jeden Fall die Langeweile. Wenn ich das nächste Mal in einer Runde Betrunkener sitze, nehme ich wieder sie statt Valium.«) Ref 530
Plötzlich veränderte sich die Stimmung im Raum. Ein Blitzlichtgewitter ging los, als zig Fotografen die Burtons umringten und sie und Elizabeths Diamanten aus jedem erdenklichen Blickwinkel fotografierten. Selbst Richard war beeindruckt von so viel Aufmerksamkeit und freute sich klammheimlich, dass die großen Gewinner des Abends praktisch ignoriert wurden. »Barbra Streisand, die sich für einen großen Star hält, stand völlig im Schatten«, hielt er in seinem Tagebuch fest. Hunderte drängten zum Tisch der Burtons, gafften Elizabeth an und bedauerten den »betrogenen« Richard. Ref 531
Elizabeth flüsterte ihm ins Ohr, wenn wirklich all diese Leute, wie sie erklärten, für ihn gestimmt hätten: »Wer zum Teufel hat dann überhaupt Wayne gewählt?« Ref 532
Als der Abend sich dem Ende zuneigte, konnten die Burtons den Saal beinahe nicht verlassen. Sie mussten den Gewinnern gratulieren und einen Spießrutenlauf durch die Reihen der Fotografen absolvieren, die ein letztes Bild von ihnen wollten. Ihr Ruhm, ihr Glamour und ihre sagenhafte
Geschichte schienen das verlorene Rennen um den Oscar vergessen zu machen, sie selbst letztendlich immer auf der Gewinnerseite zu sein. Als nach wie vor legendäre Filmstars hatten sie sich den Abend zurückerobert.
Trotzdem war diese Niederlage eine herbe Enttäuschung. »Königin für tausend Tage war in mancher Hinsicht der letzte Streich«, glaubt die Kolumnistin Liz Smith. »Sie kamen zusammen nach Hollywood, machten ihre Runde, besuchten den Golden Globe Lunch. Elizabeth trägt ihren beeindruckenden Ring. Sie haben alles getan, damit er den Oscar gewinnt, besuchen dann die Oscar-Verleihung. Sie präsentiert die Kategorie Bester Film. Trägt ein Kleid von Edith Head. Doch was geschieht? John Wayne gewinnt. Und sie muss den Award für den Besten Film, Asphalt-Cowboy , überreichen. Sie war wütend, das sah man ihr an, und wer weiß, was sie in der Hotelsuite erwartete?«
Als sie nachts im Beverly Hills Hotel ankamen, füllte sich ihr Bungalow mit Freunden und Gratulanten. Brook Williams war selbstverständlich da, eine in Tränen aufgelöste Norma Heyman, weil angeblich alle
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