Furious love
Neuigkeit vergessen«, schreibt er am 2. August in sein Tagebuch. »Hatte gestern Abend einen Jack Daniel’s mit Soda und zwei Gläser Napa-Valley-Rotwein zum Abendessen. Fühlte mich ungeheuer kühn, aber dann war ich nicht beschwingt oder so, sondern einfach nur sehr müde.« Ein paar Tage später leerte er eine Flasche Burgunder zu Leber und Speck, und als sie schließlich den Atlantik mit Kurs auf England überquerten, die Kalizma wieder in Beschlag nahmen und Richtung Portofino fuhren, war Burton wieder dem Alkohol verfallen. Ref 543
Burtons Alkoholismus hatte verschiedene Ursachen: Betrachtet man seinen Vater, bestand offensichtlich eine genetische Veranlagung, doch das Trinken stellte für Burton auch ein überzeugendes Männlichkeitsmodell dar. Es war für ihn, wie als Boxer im Ring zu stehen. Wie sein Freund, der Kolumnist Jimmy Breslin, einmal zu ihm sagte: »Vergiss nie, dass du ständig am Kämpfen bist. Dein Gegner ist der Schnaps. Du weichst aus, immer wieder, aber eines Tages, wenn du nicht aufpasst, erwischt er dich.« Zudem war er es gewöhnt: Mehreren Berichten zufolge trank er mit zwölf das erste Mal Alkohol. Und in Elizabeth hatte er eine willige Verbündete gefunden. Er brauchte keine Ausrede, um wieder mit dem Trinken anzufangen: »Bekomme ich eine schlechte Nachricht, trinke ich.
Bekomme ich eine gute, trinke ich auch.« Ob er eine niedergeschlagene oder fröhliche Phase hatte, ob er einen Triumph feierte, Langeweile hatte, reiste oder einfach Alkohol verfügbar war – es spielte keine Rolle. Der Gesang dieser Sirene lockte ihn immerzu, und sie wartete darauf, dass er zu ihr zurückkehrte. Ref 544 Ref 545
»Habe gestern ausgesetzt«, schreibt er in sein Tagebuch. »War den ganzen Tag mehr oder weniger betäubt vom Fusel.« Mit dem Trinken begannen die furchtbaren Streits erneut – Unstimmigkeiten über alles Mögliche und ständiges Sticheln. Ref 546
Als sie sahen, wie sie nach ihrer himmlischen Zugfahrt so schnell wieder in die Hölle gerieten, wurde den Burtons klar, dass sie allein, ohne ihr Gefolge, am glücklichsten waren. »Liz and Dick« brauchten es zum Leben, aber Richard und Elizabeth wurden davon erstickt. Doch allein zu sein war gar nicht so leicht – allein von der Kalizma nach Genf zu gelangen erforderte generalstabsmäßige Planung. Sie mussten einen geeigneten Hafen finden und einen Jet anfordern. Als sie schließlich in Gstaad landeten, wartete dort bereits ein Helikopter auf sie, um sie in ein kleines Hotel in den Schweizer Bergen zu bringen. Dort begrüßte und verwöhnte sie der Küchenchef, er küsste Elizabeth die Hand und war über ihre Wünsche zum Abendessen stets im Bilde. Nachdem sie mit Schiffen, Flugzeugen und Helikoptern versucht hatten, dem Trubel zu entkommen, betraten sie nun den Speisesaal … und alle anderen Gäste applaudierten. Sie konnten nicht einfach so hinter sich lassen, wer und was sie waren: das populärste Paar der Welt.
Wieder in London bereiteten die Burtons sich im Dorchester auf die Hochzeit ihres erst siebzehnjährigen Sohnes am 6. Oktober vor. Michael war unübersehbar ein Kind seiner Zeit: Sein langes, dunkles Haar hing ihm glatt über die Schultern und wie ein Hippie-König trug er eine weinrote Samtjacke, Schlaghosen und Sandalen bei der Zeremonie. Beth Clutter, die Tochter eines Meereskundlers, die er bei seinem Onkel Howard in Hawaii kennengelernt hatte, trug ein weißes Musselinkleid. Wie immer stellte Elizabeth die Braut in den Schatten: Alle Blicke ruhten auf
dem Star in einem weißen Strickhosenanzug und langem Mantel und mit Burton – mit seinen grau werdenden Schläfen sehr seriös wirkend – an ihrer Seite, wie sie beide den Pulk der Fotografen durchschritten.
Die meisten Eltern würden gegen eine Heirat ihres siebzehnjährigen Sohnes Einspruch erheben. Und genau wie bei anderen Eltern ihrer Generation am Ende der turbulenten Sechzigerjahre hatten Richard und Elizabeth unterschiedliche Meinungen darüber, was für die Kinder das Beste wäre. Elizabeth war sehr tolerant. »Sie sind eben außergewöhnlich. Schließlich war mein Leben gemessen an der herrschenden Norm weiß Gott nicht dazu geeignet, es ihnen leicht zu machen. Es war ein einziges Hin und Her. Wir haben wie die Zigeuner gelebt.« Sie verhätschelte ihre Kinder und bewunderte sie, weil sie die scharfen Blicke der Öffentlichkeit und das nomadische Leben so gut überstanden. Die Burtons schenkten dem jungen Brautpaar einen Jaguar, einen Scheck über 35 000
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