Furious love
machte, sondern weil er einen großen Mangel verspürte, aber was ihm fehlte, wusste er wahrscheinlich selbst nicht. Vielleicht war es Elizabeth. Was immer es war, er litt und ertränkte sein Leid in Alkohol. Bei mir war es genauso.« Ref 650
Auch der Regisseur Terence Young war erschüttert. Young hatte bei drei James-Bond-Filmen Regie geführt. Einmal war Burton in der engeren Auswahl für die Rolle des Geheimagenten gewesen, aber mittlerweile
hatte er Tage, an denen er »keinen einzigen Satz richtig herausbrachte. Er versuchte es immer und immer wieder, aber es klappte einfach nicht. Er war so verzweifelt. Es schmerzte, diesen brillanten Darsteller vor unser alle Augen so kaputtgehen zu sehen«, erinnerte sich Young. Irgendwann war nur noch eine Szene zu drehen: Die Sterbeszene des Gutsbesitzers. Als der Regisseur Burton dort liegen sah, sagte er zu dessen Visagist Ron Berkeley: »Sie haben ganze Arbeit geleistet bei Richard!« Ref 651
Der antwortete: »Ich habe ihn überhaupt nicht angerührt.«
Das war der Auslöser. Der Regisseur beendete die Dreharbeiten und ließ einen Arzt rufen. Sein Urteil: »Dieser Mann liegt im Sterben.« Ref 652
Burton wurde ins St. Johns Hospital in Santa Monica gebracht. Sein Arzt sagte ihm, er werde innerhalb von zwei Wochen sterben, wenn er keine Entgiftung mache. Er hatte vierzig Grad Fieber, eine Grippe, eine Tracheobronchitis, und seine Nieren drohten zu kollabieren. Man verabreichte ihm Bluttransfusionen, um seinen Körper vom Alkohol zu reinigen. Er blieb sechs Wochen im Krankenhaus. Die ersten Tage halluzinierte er und war dem Tod nahe. Er träumte häufig von seinem Bruder Ifor, der gesund und aufrecht vor ihm stand und ihn aufforderte, sich zu entscheiden: Lebe oder stirb. Als er sich langsam erholte, traf er Susan Strasberg auf dem Klinikgelände, die dunkelhaarige junge Schauspielerin, mit der er 17 Jahre zuvor eine Affäre gehabt hatte. Sie hätte ihn fast nicht erkannt. Seine Hände zitterten heftig, sein Gesicht war aschfahl und sein Körper gebrechlich. Und er war noch keine fünfzig Jahre alt.
Elizabeth blieb telefonisch in Kontakt mit ihm, aber alles Weitere hielt sie nicht mehr aus. Sie flog nach Gstaad und reichte ohne großen Wirbel die Scheidung ein. Am 25. April 1974 verkündeten sie ihr Vorhaben öffentlich. Richard teilte mit, dass er Elizabeth alles geben werde, was sie wollte – die Kalizma , die Casa Kimberley, Schmuck im Wert von sieben Millionen Dollar sowie die gesamten unschätzbaren Kunstwerke, die sie über die Jahre gesammelt hatten. Sie erhielt außerdem das Sorgerecht für Maria. Er schien sein ganzes Leben loswerden zu wollen, sorgte aber
gleichzeitig dafür, dass seine knapp dreißig nächsten Angehörigen in Wales weiterhin versorgt würden. Ihm war es wichtig, dass es Elizabeth und den Kindern gut ging. Das war nun seine Rolle: Als Vater für die große Familie zu sorgen, wie es sein eigener nie gekonnt hatte.
Am 26. Juni 1974 wurde die Scheidung – Grund: unüberbrückbare Differenzen – in einem kleinen, holzvertäfelten Gerichtsraum im schweizerischen Saarinen rechtskräftig. Richard war noch nicht wieder so weit auf den Beinen, dass er dem Verfahren beiwohnen konnte. Elizabeth war anwesend. Sie trug einen braunen Seidenanzug und eine dunkle Sonnenbrille. Der Richter musste ihr die Frage stellen: »Ist es wahr, dass mit Ihrem Ehemann zu leben unerträglich geworden ist?«
»Ja, das Leben mit Richard wurde unerträglich«, antwortete Elizabeth sanft. Das dramatische Abenteuer ihres Lebens wurde nun auf diesen einen Standardsatz reduziert. Elizabeth sagte dem Richter, sie habe alles versucht, um ihre Ehe zu retten, aber nun sei sie vorbei. Nicht ihre Liebe zu Richard Burton, wohl aber ihre gemeinsame Zeit. Ref 653
Zwanzig Minuten später rief sie Richard an und fragte: »Glaubst du, wir haben das Richtige getan?« Er konnte sich nicht vorstellen, ohne Elizabeth zu leben, aber mit ihr war der dauerhafte Verzicht auf den Alkohol unmöglich. Deshalb war dieses »einmalige Abenteuer« auch für ihn endgültig Vergangenheit. Glaubte er zumindest. Am 27. Juni fuhr der gerettete und nun genesende Richard mit der SS France nach Europa. Ref 654
Henry Wynberg gesellte sich wieder zu Elizabeth und sie fuhren auf der Kalizma übers Mittelmeer. Das Stehaufmännchen Elizabeth versuchte, das Leben wiederaufzunehmen, das sie mit Richard geführt hatte – Diners in Monaco mit Fürst Rainier und Gracia Patricia zum Beispiel oder Aufenthalte in
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