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FutureMatic

FutureMatic

Titel: FutureMatic Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: William Gibson
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Mädchen schrie trotzdem weiter, und dann war sie wieder auf den Beinen und rannte, obwohl Rydell sah, dass ihr Hemd gelöscht war. Er nahm Chevette die Chain Gun wieder ab. »In der Richtung sollten wir’s lieber nicht versuchen«, sagte er. Er wollte nicht darüber nachdenken, was dort geschehen mochte, wenn die Menge versuchte, sich mit Gewalt ihren Weg durchs Feuer zu bahnen. »Komm, probieren wir’s hier.« Er zerrte sie durch die Tür eines leeren Cafés.
    Kaffeetassen auf den Tischen, dezente Musik, Dampf aus einem Suppentopf auf einer Warmhalteplatte hinterm Tresen. Er zog sie hinter den Tresen und in die enge kleine Küche, stellte jedoch fest, dass es dort zwar Fenster gab, diese jedoch zum Schutz vor Die-334
    ben mit kunstvoll verschweißten Gittern aus Armierungsstäben verbarrikadiert worden waren. »Shit.« Er beugte sich vor, um durch die salzverkrustete Scheibe zu spähen, und versuchte abzuschätzen, wie tiefes dort hinunterging, falls es ihnen gelingen sollte, auf diesem Wege hinauszukommen.
    Jetzt war sie diejenige, die ihn packte und aus dem Café zog, aber dabei gerieten sie einem neuen Trupp in Panik geratener Brückenbewohner in die Quere, die vor dem flohen, was Richtung Bryant geschah. Sie gingen beide zu Boden, und Rydell sah, wie die Chain Gun durch ein Loch fiel, das man für ein Bündel Abwasserschläuche in den Boden gesägt hatte. Er verkrampfte sich in Erwartung der Explosion, wenn das Ding unten aufschlug, aber sie blieb aus.
    »Schau«, sagte Chevette, rappelte sich auf und zeigte hin, »wir sind am Fuß von Skinners Turm. Versuchen wir, rauf zu kommen.«
    »Da kommen wir nicht mehr runter«, protestierte Rydell. Seine Seite brachte ihn um, als er aufstand.
    »Da gibt’s aber auch nichts, was brennen könnte«, sagte sie, »sobald man an dem Hydrokulturladen vorbei ist.«
    »Und was ist mit dem Rauch?«
    »Das kann man nicht wissen«, erwiderte sie, »aber hier unten erwischt er uns garantiert.« Sie sah ihn an. »Tut mir Leid, Rydell.«
    »Was?«
    »Dass ich versucht hab, dir die Schuld an all dem zu geben.«
    »Hoff ich jedenfalls, dass es nicht meine Schuld ist«, sagte er.
    »Wie ist es dir ergangen?«
    Rydell grinste unwillkürlich, weil sie ihn das jetzt fragte.
    »Du hast mir gefehlt«, sagte er.
    Sie zögerte. »Du mir auch.« Dann ergriff sie wieder seine Hand und steuerte auf die Plastikbahn um den Fuß des Kabelturms zu.
    Es sah aus, als hätte sich jemand den Weg heraus geschnitten.
    Chevette trat durch einen anderthalb Meter hohen Schlitz. Rydell bückte sich und folgte ihr. Hinein in warme Dschungelluft und 335
    Kunstdüngergeruch. Aber hier war ebenfalls Rauch, er wirbelte unter dem grellen Schein der Treibhauslampen. Chevette fing an zu husten. Schatten von Menschen auf der Flucht liefen über das durchscheinende Plastik. Chevette ging zu einer Leiter und begann hinaufzusteigen. Rydell stöhnte.
    »Was ist?« Sie hielt inne und schaute zurück.
    »Nichts«, sagte er und kletterte hinter ihr her, biss sich jedes Mal, wenn er die Arme heben musste, auf die Lippen.
    In der Ferne hörte er Sirenen, eine seltsame, anschwellende Ka-kophonie, Geräusche, die miteinander verschmolzen, sich ver-woben und wieder trennten, wie ein Konzert von Roboterwölfen.
    Ob es in den Minuten nach dem Little Big One wohl auch so geklungen hatte?
    Er wusste wirklich nicht, wie weit er auf dieser Leiter kommen würde. Sie war aus Metall, mit diesem Superkleber, den sie hier benutzten, an die Wand gepappt, und als er hochschaute, sah er Chevettes plastikbesohlte Füße durch eine dreieckige Öffnung verschwinden.
    Und merkte, dass er lächelte, denn sie war es wirklich, das waren wirklich ihre Füße, und sie hatte gesagt, er habe ihr gefehlt.
    Der Rest des Weges kam ihm gar nicht mehr so schwer vor, aber als er durch das Loch oben kam und sich an den Rand setzte, um zu verschnaufen, sah er, dass sie angefangen hatte, den schrägen Träger hinaufzusteigen, wobei sie sich zu beiden Seiten der stumpfzahnigen Schiene fest hielt, auf der die kleine Gondel fuhr, die er oben ausmachen konnte.
    »Du lieber Himmel«, entfuhr es Rydell, als er sich vorstellte, dass er ihr folgen musste.
    »Bleib da«, sagte sie über die Schulter hinweg, »ich versuch, sie runter zu bringen.« Rydell sah ihr nach und machte sich Sorgen wegen des Schmierfetts, aber sie kletterte immer weiter, und kurz darauf war sie oben und stieg in die Gondel, die von seiner Position aus wie einer der Müllcontainer hinter dem Lucky

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