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Fyn - Erben des Lichts

Fyn - Erben des Lichts

Titel: Fyn - Erben des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadine Kühnemann
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der Leiche noch benutzen kann. Ich bin mir sicher, Arc hat einen weitaus weniger empfindlichen Geruchssinn als wir.«
    Mir gefiel der Gedanke nicht, Arc für jede Art von Arbeit heranzuziehen, für die wir uns zu fein waren. Ein Blick zu ihm verriet mir, dass auch er nicht sonderlich von der Idee begeistert war, den Befehl aber ausführen würde, sollte er ihn erhalten. Arc war doch weitaus weniger nur eine Maschine, als ich dachte. In den letzten Tagen hatte ich mehr Zeit mit ihm verbracht als je zuvor. Er schien sehr wohl in der Lage zu sein, die Dinge selbst zu bewerten. Ich steckte in einer Zwickmühle. Ich wollte an das Auto heran, war aber nicht Manns genug, einem Halbroboter den Befehl zu erteilen, es zu säubern.
    »Arc, schaff die Leiche da weg«, sagte Ylenia. Arc wandte ihr den Kopf zu, sah sie jedoch nur ausdruckslos an. Er rührte sich nicht, woraufhin Ylenia missmutig knurrte und die Arme in die Hüften stemmte. »Er gehorcht mir nicht.«
    Arc handelte entweder nach eigenem Ermessen oder auf meinen Befehl hin. Ylenia schien das zu missfallen.
    Ich zögerte. Selbstverständlich verspürten wir keine große Lust, weiterhin zu Fuß zu gehen. Andererseits saß eine Leiche auf dem Fahrersitz, die ihren Platz sicherlich nicht freiwillig räumen würde. Oder doch? Mich überkam eine fixe Idee. Ich tat einen Schritt nach vorn, streckte meine Hand aus und deutete auf Tesmer. Ich spürte ein lange vermisstes, jedoch nicht vergessenes Kribbeln in meinen Fingern. Als er sich regte, stoben erneut Fliegenschwärme von ihm auf. Ylenia schrie und sprang einen Schritt zurück, Arc hingegen rührte sich nicht.
    Niemals zuvor hatte ich die Totenmagie an einem Menschen angewandt, doch es funktionierte tadellos. Ich hatte nichts verlernt. Tesmer öffnete die Tür und zerrte seine Beine einzeln über die Einstiegsleiste an der Fahrerseite. Sein Kopf hing schlaff hinab auf seine Brust. Als er sich aus dem Auto herausgleiten ließ, erkannte ich, dass ein abgebrochenes Schwert in seinem Brustkorb steckte. Es war ein schauerlicher Anblick – eine lebende Leiche, umschwirrt von Fliegen, die sich schwerfällig auf die Beine stellte, zur Seite taumelte wie ein Betrunkener und sich dann schließlich ins Gras fallen ließ. Ich nahm die Hand herunter, augenblicklich wich das vermeintliche Leben aus dem toten Körper. Ylenia rang hörbar nach Atem. Sie war vollkommen aufgelöst, so hatte ich die kesse Menschenfrau bislang nie erlebt.
    »Was war das?« Ihre Stimme klang höher als gewöhnlich. »Was hast du getan?« Sie kam auf mich zu, wahrte jedoch Abstand, als ginge von mir eine Gefahr aus.
    »Das ist die einzige Form von Magie, die ich beherrsche«, sagte ich wahrheitsgemäß und zuckte die Achseln.
    Ylenias weit geöffnete Augen zuckten zwischen mir und der Leiche hin und her. »Das ist widerlich! Schändlich! Schrecklich!«
    In mir rangen Stolz, Genugtuung und Scham miteinander. »Jedenfalls hat sich unser erstes Problem damit gelöst.«
    Ylenia atmete tief durch und bemühte sich, einen gefassten Eindruck zu machen.
    Ich ging auf das Automobil zu und begutachtete dessen Eignung als weiteres Transportmittel. Schnell stellte sich heraus, dass zumindest die Sitze und die Innenverkleidung ebenfalls entfernt werden mussten. Die gepolsterte Sitzbank war befleckt, von Fliegeneiern übersät und verströmte einen Geruch, der mich würgen ließ. Ich wandte meinen Blick davon ab und widmete mich zunächst dem technischen Zustand des Gefährts. Es schien unversehrt zu sein, jedoch wiesen tiefe Kratzspuren um das Zündschloss herum darauf hin, dass bereits jemand anderes versucht hatte, das Auto für seine Zwecke zu benutzen. Vermutlich hatten sich die Nordmänner nach Tesmers Ableben auf eine hübsche neue Zugmaschine für ihre Bauernkarren gefreut. Zum Glück waren die Diebe technisch nicht sonderlich versiert gewesen und ich bezweifelte, dass es ihnen gelungen wäre, das Auto zu steuern, selbst wenn der Schlüssel im Schloss gesteckt hätte. Es wurde mit heißem Dampf betrieben, die imposante Maschine thronte auf dem Heck. Der Schlüssel gab das Ventil frei, mit dessen Hilfe sich die Dampfmenge regulieren ließ. Ohne Schlüssel war es folglich unmöglich, genügend Druck aufzubauen, um den Antrieb in Bewegung zu setzen.
    »Wenn wir die gesamte Innenverkleidung samt Sitzbank herausreißen, könnten wir es benutzen«, sagte ich. »Es macht einen funktionsfähigen Eindruck.« Ein Blick in den Kofferraum verriet mir, dass Tesmer noch eine

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