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Fyn - Erben des Lichts

Fyn - Erben des Lichts

Titel: Fyn - Erben des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadine Kühnemann
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Ylenia beweisen, wie klug ich wirklich war. Unter Zuhilfenahme des Werkzeugs, das wir in Evensedge gekauft hatten – Sinjar sei Dank! —, gelang es mir tatsächlich innerhalb weniger Minuten, die schlampig eingebaute Sicherung zu entsperren. Mit dem Taschenfeuerzeug, das wir aus Elvar mitgebracht hatten, entzündete ich das erste Brikett.
    Am späten Nachmittag waren wir abfahrbereit, das Feuer im Ofen brannte heiß. Es erfüllte mich mit Genugtuung, das Auto fahren zu dürfen. Als es sich knatternd und quietschend in Bewegung setzte, überkam mich ein Gefühl von Stolz und tiefer Zufriedenheit. Zwar saßen wir ein wenig unbequem auf dem nackten Metallboden, aber immerhin würden wir nun nicht nur schneller, sondern auch erheblich entspannter reisen.
    Ich lenkte das Auto zurück auf die Straße und ließ meinen Blick ein letztes Mal über den Schauplatz des Kampfes schweifen. Es bereitete mir Mühe, meine gerade noch empfundene Glückseligkeit nicht von dem Hass ersticken zu lassen, der mich bei dem Gedanken an die Grausamkeit meiner Artgenossen zu überrollen drohte. Eines Tages würden sie dafür büßen. Beinahe bedauerte ich, dass sich die Gerüchte von einem menschlichen Nachfahren eines alten Königs nicht bewahrheitet hatten und es den Nordmännern nicht gelungen war, die Alven aus ihrem Palast zu verdrängen. Mittlerweile erschien mir sogar die Vorstellung, ich könnte für den Tod des Königs verantwortlich sein, nicht mehr allzu unliebsam.
    Unsere Weiterreise gen Norden ist mir in angenehmer Erinnerung geblieben. Mehr als eine Woche fuhren wir schnurgerade der Dunkelheit entgegen. Wir hatten kein bestimmtes Ziel vor Augen, es war wie eine stumme Übereinkunft, dass wir uns immer weiter von unserer Vergangenheit lösten, sowohl geografisch als auch was unser Innerstes betraf. Wir suchten nach dem perfekten Ort für den Rest unserer Jahre, und eine solche Entscheidung sollte nicht leichtfertig getroffen werden. Zu meiner Verwunderung war der Norden nicht so dünn besiedelt wie gedacht. Zwar reisten wir meist tagelang auf einer holprigen Straße, die diesen Namen nicht verdient hatte, ohne einer Seele zu begegnen, doch gelegentlich passierten wir auch kleine Viehweiden, in deren Nähe es immer ein Dorf gab. Die Dörfer im Norden bestanden aus nicht viel mehr als einer Ansammlung grob gezimmerter Hütten, doch sie versprühten einen Charme und eine Ursprünglichkeit, die mir imponierte. Ich rang meinen inneren Dämon nieder, der mich ständig auf die mangelhaften Waschgelegenheiten hinweisen wollte. Meinen Ordnungs- und Sauberkeitsfimmel hieß ich Stillschweigen, denn diese Eigenschaften hatte Vater mir mit seiner Strenge und Missachtung eingeimpft. Hier gab es niemanden, dem ich hätte etwas beweisen müssen, deshalb zwang ich mich, meinen Ekel zu überwinden und mich gefälligst auf mein neues Leben zu freuen.
    Die wandernde Wahrsagerin mit ihren beiden Begleitern erregte weitaus weniger Aufsehen als erwartet. Ich war im Gegenteil sogar von der Gastfreundschaft der einheimischen Bevölkerung recht angetan. Mehr als einmal hatte Ylenia ihre Amulette und Pendel auspacken müssen, um den Menschen die Zukunft zu deuten. Sie bedrängten sie geradezu. Ylenia badete in der Aufmerksamkeit, das merkte man ihr deutlich an. Zwar besaßen die Menschen so weit im Norden nichts, womit sie sie für ihre Dienste hätten bezahlen können, doch Ylenia schien sich davon nicht abschrecken zu lassen. Vermutlich war sie froh über den Aberglauben der Landleute. Ich schmunzelte nur darüber. Was jedoch sehr wohl einiges an Aufsehen erregte, war unser Gefährt, mit dem wir über die einsamen Straßen ratterten. Wir erzählten den Leuten, in Elvar besäße jeder Einwohner ein solches Transportmittel. Sie glaubten uns, und nach einigen erstaunten Blicken kehrten die Gespräche wieder zu anderen Themen zurück. Vermutlich hatten die Menschen hier nicht den Hauch einer Ahnung, wie es in Elvar wirklich aussah. Auch ließ das Wissen um den Krieg zunehmend nach, je weiter wir uns nach Norden bewegten. Es war wirklich ein wunderschönes Stück Land, wo man in vollkommenem Frieden seinen Lebensabend verbringen konnte, ohne ein einziges Mal mit Neid, Hass und Gewalt konfrontiert zu werden. Ylenia hatte gut daran getan, mich zu dieser Reise zu überreden. Ich fand Gefallen am rauen Klima, den kühlen Winden, den schroffen Felsen und den dunklen Tannenwäldern. Wenn die Sonne schien, strahlte der Himmel intensiv blau, was ich aus Elvar nicht

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