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Fyn - Erben des Lichts

Fyn - Erben des Lichts

Titel: Fyn - Erben des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadine Kühnemann
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war eine Vorahnung, ein hässliches, beklemmendes Gefühl, das sich mit Worten nicht beschreiben lässt.
    Ylenia krempelte die Ärmel ihres Kleids hoch, als wollte sie mir damit demonstrieren, dass ihr Entschluss ungebrochen war. Sie nahm den Rucksack ab, drehte sich zu mir um und warf das Gepäckstück zu mir herab. Schweißperlen glänzten auf ihrer Stirn, obwohl ein schneidender Wind unter unsere Kleidung kroch.
    »Lass Arc das Gepäck hochbringen. Für ihn ist es sicher einfacher«, sagte sie, bevor sie sich wieder daran machte, sich einen Weg den Hang hinauf zu bahnen. In mir stieg Wut auf. Ihr waren meine Einwände vollkommen egal. Immerzu tat sie bloß das, was ihr in den Sinn kam. Rücksicht war keine Eigenschaft, derer sie sich rühmen konnte.
    Ich fing ihren Rucksack auf, wobei sich die Verschnürung eines Seitenfachs löste. Etwas fiel heraus und mir direkt vor die Füße. Zuerst dachte ich, es wäre eines ihrer Pendel oder Amulette, doch als ich mich danach bückte, erkannte ich, um welche Art von Schmuckstück es sich tatsächlich handelte. Ich hob die Kette auf, ein schwarzer Lederriemen mit einem Anhänger, kaum größer als eine Münze.
    »Du hast tatsächlich eine der Scherben des hässlichen Spiegels aus dem Thronsaal aufbewahrt?« Meine Stimme kippte vor Empörung, was Ylenia dazu veranlasste, ihre Kletterbemühungen einzustellen und sich zu mir umzudrehen. Einen kurzen Moment sah ich etwas in ihren Augen, das ich nicht einzuordnen vermochte. Angst? Verwunderung? Entsetzen?
    »Weshalb durchsuchst du meine Sachen?«, keifte sie mich ungewohnt harsch an. Ich hätte beinahe die Kette fallen gelassen. »Steck es zurück in meinen Rucksack!«
    Ich tat, wie mir geheißen. »Ich hatte geglaubt, wir ließen unsere Vergangenheit zurück«, brummte ich vor mich hin, mehr zu mir selbst als zu ihr. »Und du nimmst ein Andenken mit. Noch dazu so ein hässliches.«
    Nachdem ich die Verschnürung des Seitenfachs wieder fest verzurrt hatte, hob ich den Blick. Jetzt glänzte Wut in Ylenias Augen. »Ich bin nicht die Einzige, die sich ein Schmuckstück aus den Bruchstücken gemacht hat.« Sie warf ihre braunen Locken mit einer schwungvollen Bewegung ihrer Hand zurück und reckte die Nase in den Himmel.
    »Ich weiß. Silena hat auch so eine scheußliche Kette.«
    Im Grunde konnte ich über die Situation nur schmunzeln, doch Ylenia trug eine derart vergrätzte Miene zur Schau, als hätte ich ihr soeben gesagt, sie sei das hässlichste Weibsbild, das mir je begegnet war.
    Nachdem wir eine Weile geschwiegen hatten, erwachte sie endlich aus ihrer Starre und stieß ein tiefes Seufzen aus. »Wollen wir jetzt den ganzen Tag hier herumstehen?« Sie ließ den Blick über den wolkenverhangenen Himmel schweifen. »Es wird bald dunkel und es riecht nach Regen. Ich möchte diesen Hügel erklimmen, bevor unsere Sachen durchnässt sind.« Ein anklagender Blick. »Steh nicht da wie eine Salzsäule, sondern sag deinem Freund, dass er das Gepäck tragen soll.«
    Ich mochte Ylenia unglaublich gern, aber ihr Befehlston hatte mich von Anfang an gestört. So verschränkte ich die Arme vor der Brust und dachte gar nicht daran, mich zu rühren. Auf Ylenias Wangen bildeten sich daraufhin rote Flecken, ein eindeutiges Zeichen, dass man ihr nicht zu nahe kommen durfte. Sie kochte vor Wut.
    »Komm jetzt her!« In ihrer Stimme schwang ein seltsam flehender Ton mit, der mich stutzen ließ. Beinahe hätte ich geglaubt, sie breche jeden Moment in Tränen aus. Doch dann fuhr sie mit ihrer Schimpftirade fort. »Ich habe dir doch ein Angebot gemacht, oder etwa nicht? Wenn wir morgen keinen schönen Platz für uns finden, gehen wir zum Dorf zurück. Weshalb bist du nur so stur?«
    »Stur? Ich?« Ylenia reizte mich, was äußerst gefährlich werden konnte. Mit Mühe unterdrückte ich meine Aggressionen, die in mir aufzusteigen drohten. »Weshalb gehen wir nicht jetzt gleich zurück nach Vencey? Du kannst die Dunkelheit auch von hier aus ziemlich gut sehen.« Ich gestikulierte wild in der Luft herum, was Arc dazu veranlasste, einen Schritt zur Seite zu tun. »Ich bin nicht versessen darauf, von der Finsternis verschlungen zu werden!«
    Ylenia stieß ein kaltes Lachen aus. »Bist du ein Feigling? Ich bin nicht den ganzen Weg bis hierher gekommen, um mir das Ende der Welt entgehen zu lassen. Ich möchte die Grenze Calaniens sehen!«
    Ich hatte gehofft, Ylenia würde sich damit zufriedengeben, die Dunkelheit aus einigen Meilen Entfernung zu betrachten, doch

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