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Fyn - Erben des Lichts

Fyn - Erben des Lichts

Titel: Fyn - Erben des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadine Kühnemann
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wir mit uns führten, in den zahlreichen Bachläufen. Nach kurzer Zeit sahen Hemden und Kleider abgetragen und lumpig aus. Ich las in Ylenias Gesicht, dass es sie störte, doch sie beklagte sich nicht. Sie war tief in ihrem Inneren eine eitle Frau geblieben, die Mode, schöne Kleider und ausgefallene Hüte liebte, doch hätte sie es nie gewagt, diesen Umstand zuzugeben. Immerhin war diese Reise ihrem Abenteuergeist zu verschulden, jetzt musste sie mit den Konsequenzen leben. Nachdem ich meinen anfänglichen Groll überwunden hatte, war ich beinahe geneigt, mich als glücklich und zufrieden zu beschreiben. Eine hübsche Frau, die mir nachts das Bett wärmte und die Begleitung des besten und treuesten Freundes, den ein Mann sich wünschen konnte – was brauchte ich mehr? Darüber hinaus vergaß ich beinahe, weshalb wir unsere Hütte überhaupt verlassen hatten. Ich verdrängte den Gedanken an die Dunkelheit .
    Zwei Tage, nachdem wir den Celwas überquert hatten, gingen uns die Briketts zur Feuerung des Motors aus. Immerhin waren wir weit gekommen. Zu Fuß hätten wir mindestens vier Mal so lang für die Strecke benötigt. Dennoch gewöhnte man sich schnell an Luxus und betrachtete ihn nur allzu gern als selbstverständlich. Mit verdrossenen Mienen luden wir unseren kleinen Bollerwagen samt Gepäck ab. Eine ganze Weile standen wir schweigend neben dem Fahrzeug, als ginge es darum, von einem geliebten Verwandten Abschied zu nehmen. Schließlich setzten wir zähneknirschend unseren Weg zu Fuß fort.
    Es erwies sich ebenfalls als Gerücht, dass das Gebiet nördlich des Celwas unbesiedelt sein sollte. Zwar dünnten sich die Dörfer beträchtlich aus, dennoch trafen wir auf Menschen, die hier in der Einöde ihr Glück gefunden hatten.
    Ich fühlte mich mit jedem Schritt unwohler. Es gab Bären in den Wäldern, und nur Sinjar wusste, welch unliebsames Getier sonst noch. Als ich meine Bedenken Ylenia gegenüber äußerte, blies sie nur die Wangen auf und rollte mit den Augen.
    Nicht nur die wilden Tiere, sondern auch die dunkle Magie, die von der Dunkelheit ausging, jagte mir mehr und mehr Angst ein. Ich wollte mich nicht darauf verlassen, dass die Geschichten, die man sich über die schwarze Wand erzählte, der Fantasie von Geschichtenerzählern entstammten. Man sagte, die Dunkelheit verschlinge jeden, der ihr zu nahe käme und verdamme ihn, auf ewig in ihr umherzuirren. Ylenia lachte nur, Arc äußerte seine Meinung – sofern er eine besaß – dazu nicht. Ich hatte aber den Eindruck, dass der Technoid in diesem Punkt eher zu Ylenia als zu mir hielt, was mir einen Stich versetzte. Weshalb waren sie bloß so versessen darauf, im direkten Schatten der Dunkelheit zu wandern? Ich konnte sie bereits über den Baumwipfeln erspähen. Eine imposante schwarze Wand, schwärzer als alles, was ich je gesehen hatte. Ein kalter Schauder lief mir über den Rücken, wenn ich den Blick hob und ich sie bedrohlich vor mir aufragen sah. Ich schätzte, bis zur Dunkelheit waren es noch fast zwei Tagesmärsche, aber wollten wir wirklich so weit gehen? Weshalb nicht einfach hierbleiben? Als das steinige Gelände anstieg und wir letztlich sogar den Bollerwagen zurücklassen mussten, äußerte ich abermals meine Bedenken, diesmal mit Nachdruck. Ylenia hatte unser Gepäck indes unter uns verteilt und schien den festen Willen zu haben, den mit Geröll bedeckten Hang hinaufzuklettern. Ich für meinen Teil hatte die Nase gestrichen voll vom Reisen. Ich bereute, nicht in Vencey geblieben zu sein. Weshalb hatte ich bloß nachgegeben und der Göre ihren Willen gelassen?
    »Ylenia, weshalb willst du so verbissen weitergehen? Man kann die Dunkelheit auch von hier aus sehen«, rief ich ihr zu. Ich blieb am Fuß des Hanges stehen, stemmte die Hände in die Hüften und beobachtete sie dabei, wie sie versuchte, den rutschigen Hang zu erklimmen. Arc blieb neben mir stehen.
    Ylenia, deren Kleid am Saum zerschlissen und schmutzig war, drehte sich nicht einmal zu mir um, als sie rief: »Lass uns nur noch ein paar Meilen gehen. Dann kehren wir nach Vencey zurück.« Immerhin machte sie Zugeständnisse. Vor ein paar Tagen hatte dies noch anders geklungen.
    »Ich habe aber keine Lust, den Hang hinaufzuklettern.«
    Sie ging nicht darauf ein, sondern schien wie besessen von dem Wunsch, die Dunkelheit aus nächster Nähe zu sehen. Nur wenige Menschen und Alven konnten das von sich behaupten. Das Unbehagen in mir wuchs mit jedem Schritt, den ich weiter nach Norden tat. Es

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