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Fyn - Erben des Lichts

Fyn - Erben des Lichts

Titel: Fyn - Erben des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadine Kühnemann
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verteilten. Nur alle paar Jahre ließ der König die talentiertesten Anwärter des ganzen Landes herkommen, um in seine Dienste zu treten. Vater hatte mir erzählt, dass sie sich besonders strengen Tests unterziehen mussten, die die meisten nicht bestanden. Welcher Art diese Tests waren, erwähnte er nicht. Ich hatte mir auch nie viele Gedanken darüber gemacht, denn mein Platz an der Akademie war mir von Anfang an sicher gewesen. Für mich hatte es keinen Test gegeben.
    Die drei Kadetten, die ich beobachtete, waren unscheinbare Männer meines Alters, weder besonders trainiert noch gut aussehend. Keiner von ihnen hätte es konditionell mit mir aufnehmen können, darauf hätte ich mein letztes Hemd verwettet. Sportlichkeit und Kraft zählten nicht zu den Aufnahmekriterien an der Akademie, denn einige der Kadetten würden eine Laufbahn als Kampfmagier einschlagen, bei der einzig geistige Fähigkeiten zählten. Dennoch fragte ich mich, wie sie die Grundausbildung im Kampf mit der Waffe je überstehen wollten. Ich hatte mir meine künftigen Mitschüler anders vorgestellt, schneidiger und fescher.
    Was den drei Burschen an Vitalität und Extravaganz fehlte, machte der Kerl, der nun den Saal betrat, mehrfach wieder wett. Er war wie ich in das traditionelle dunkelblaue Erstsemestergewand gekleidet, und er trug es zur Schau, als handelte es sich dabei um nichts Geringeres als die Königsrobe. Er hielt den Kopf so weit nach oben, dass ich annahm, Regenwasser könnte in seine Nase sickern, sollte er dieses Gehabe auch im Freien an den Tag legen. Vielleicht zwang ihn aber auch das Gewicht von fünf Pfund Pomade in seinem Haar, den Kopf so extrem in den Nacken zu legen. Für die Dauer eines Herzschlags trafen sich unsere Blicke, und selbst dieser kurze Moment reichte aus, um seine Verachtung für mich deutlich zu spüren. Es gibt Personen, die sind einem unsympathisch, bevor sie ein Wort gesprochen haben. Ich beschloss, diesen Wichtigtuer eindeutig mit auf die Liste zu setzen.
    Noch eine ganze Weile stand ich sinnlos herum, ehe die Gäste endlich alle eingetroffen waren und man uns gestattete, Platz zu nehmen. Ich hatte gehofft, man würde mich neben Vater an die Tafel des Königs setzen, doch ich musste mir einen Tisch mit den anderen Schülern teilen, was mir sehr missfiel. Insgesamt zählten wir sieben Kadetten. Am meisten verwunderte – oder besser gesagt schockierte – mich die Tatsache, dass ein Mädchen an unserem Tisch saß. Erst hatte ich geglaubt, sie gehörte zu den Angehörigen der Schüler, doch auch sie trug das Erstsemestergewand. Ich erwischte mich dabei, wie ich sie anstarrte. Das Mädchen wirkte klein und zierlich, ihr dunkelblondes Haar trug sie zu einem einfachen Pferdeschwanz gebunden. Sie hatte die Hände im Schoß gefaltet, saß kerzengerade auf ihrem Stuhl und machte einen in sich ruhenden Eindruck. Nicht, dass ich etwas gegen Frauen hätte, dennoch erschien es mir irgendwie – unnatürlich. In meinem bisherigen Leben gab es kaum Berührungspunkte mit dem anderen Geschlecht. Meine Begegnungen mit Frauen beschränkten sich auf das höfliche Kopfnicken bei Hofe, wenn eine der Damen mir zufällig über den Weg lief. Natürlich hatte ich auch schon Kontakt mit Frauen aus der Stadt, aber meistens waren es die billigen Huren im Hafenviertel, die mich des Öfteren in windige Kneipen locken wollten. Es warf mein Bild von der Welt ein wenig durcheinander, eine junge Frau in den Gewändern eines Akademieschülers zu sehen. Nie wäre ich auf die Idee gekommen, dass eine Frau überhaupt Interesse daran hegen könnte, sich in einem von Männern dominierten Beruf zu behaupten.
    In Gedanken versunken bekam ich kaum mit, wie König Castios den Saal betrat und eine seiner langweiligen Begrüßungsreden hielt. Erst als ein heller Glockenschlag ertönte, der traditionell das Entzünden der Götterkerze begleitete, merkte ich auf und kehrte in die Realität zurück. Einer der Soldaten stand auf einer Trittleiter, in seiner Hand ein überdimensional großes Zündholz. Die Alven im Saal applaudierten, als der ebenfalls überdimensional große Docht der über zwei Yards hohen Kerze Feuer fing. Ihr Licht wurde von einem riesigen neben der Kerze stehenden Spiegel zurückgeworfen. Er war wie alles, was dem König gefiel, geschmacklos und kitschig, doch ich hatte mich nie getraut, es offen auszusprechen. Der ovale Spiegel maß mehr als zwei Manneslängen in der Höhe, Schnitzereien zierten seinen Rahmen. König Castios liebte

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