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Fyn - Erben des Lichts

Fyn - Erben des Lichts

Titel: Fyn - Erben des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadine Kühnemann
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mir wie ein Hündchen hinterher. Norrizz war verschwunden.

Kapitel 3
    Die Akademie

    Seltsam, in welchem Tempo unangenehme Ereignisse näher rücken, während Dinge, auf die man sich freut, stets in weiter Ferne zu liegen scheinen. Die verbliebenen Wochen des Sommers gehörten eindeutig zur ersten Kategorie. Zwar fürchtete ich mich nicht vor meinem ersten Tag an der Akademie der Liga, aber ich hätte durchaus nichts dagegen gehabt, meinen alten Lebenswandel beizubehalten. Schon der Abend vor dem offiziellen Semesterbeginn verhieß anstrengend zu werden, und mit anstrengend wähle ich ein mildes Wort. Ich hasste überfüllte Säle, und noch mehr hasste ich Feierlichkeiten, bei denen den Teilnehmern ein Stock im Hintern zu stecken schien. Der Geräuschpegel in der großen Versammlungshalle der Weißen Liga war für meine empfindlichen Ohren kaum erträglich. Von überall drangen Gesprächsfetzen, Gelächter, die Geräusche von klimperndem Geschirr und rückenden Stühlen an mich heran. Das letzte derartige Durcheinander, das ich miterlebt hatte, waren die Feierlichkeiten zum Sinjarsfest gewesen, welches glücklicherweise nur einmal im Jahr stattfand.
    Ein Diener rempelte mich an und murmelte eine Entschuldigung. Ich musste mich beherrschen, ihm sein Tablett nicht ins Gesicht zu schlagen. Wut stieg in mir auf. Seit Wochen fiel es mir zunehmend schwerer, sie zu unterdrücken. Dennoch hatte ich es geschafft, mich unauffällig zu verhalten und keinen weiteren Ärger zu verursachen.
    Irgendwann hatte ich gelernt, dass das Leben am einfachsten war, wenn man in der Masse untertauchte. Zwar entsprach nicht alles, was die höfische Etikette mir vorschrieb, meinen Vorstellungen, dennoch ersparte man sich einige Unannehmlichkeiten, wenn man sich anpasste. Zweifelsohne kam mir gelegen, dass Norrizz sich seit dem Vorfall in Vaters Arbeitszimmer nicht mehr hatte blicken lassen. Gut so. Es war besser für ihn. Ich war immer noch wütend, weil er sich im unpassendsten Moment eingemischt hatte. Bestrafen würde ich ihn nicht können, denn tief in meinem Inneren wusste ich, dass er nicht wirklich existierte. Wer oder was er war, oder ob ich ihn mir womöglich nur einbildete, konnte ich nicht mit Bestimmtheit sagen. Er war nun einmal da, wie ein hässliches Geschwür, das sich nicht entfernen ließ. Ich wusste nichts über ihn, außer, dass er mit mir zusammen alterte und dass er hinterhältig und selbstsüchtig war. Nicht einmal seinen richtigen Namen kannte ich. Im Alter von sieben Jahren hatte ich ihn Norrizz getauft, weil die Katze einer Küchenmagd seinerzeit Norris geheißen hatte. Ich dachte, es wäre ein Geniestreich, wenn ich seinen Namen der alvischen Schreibweise anpasste und an meinen anglich. Er hatte sich nie darüber beschwert. Wie dem auch sei, an diesem Tag blieb er mir fern, und das war das Einzige, das mich ein wenig aufheiterte.
    Ich machte von meiner Angewohnheit Gebrauch, in der Masse zu verschwinden. Ich stand in der Mitte der riesigen Versammlungshalle und beobachtete, wie Diener und Soldaten um mich herumschwirrten wie ein Schwarm aufgescheuchter Bienen. Mein Festgewand kratzte fürchterlich. An den Wänden der Halle standen gedeckte Tische, doch niemand saß daran. Die Etikette duldete es nicht, sich zu setzen, ehe alle Gäste eingetroffen waren. Daher stand ich wie ein sinnloser Dekorationsgegenstand im Weg herum und ließ mich von den Dienern mit ihren Tabletts anrempeln.
    Alle Mitglieder der Liga waren anwesend, was nur zu besonderen Anlässen wie diesem vorkam. Ihre makellosen weißen Brokatwesten blitzten hier und dort in dem Chaos aus Leibern hervor. Ich sah Fidgit, einen der ältesten Soldaten der Liga, wie er drei künftige Schüler der Akademie begrüßte. Aus der Ferne beobachtete ich, wie er ihnen die Hand schüttelte und etwas zu ihnen sagte, was ich aufgrund des allgemeinen Lärmpegels freilich nicht verstand. Ich hatte keine Ahnung, wie viele Kadetten der König herzitiert hatte, aber diejenigen, die bereits eingetroffen waren, musterte ich kritisch. Immerhin würde ich die nächsten Jahre, vielleicht sogar mein restliches Leben, mit ihnen verbringen müssen. Natürlich wurde nicht jedem Elitekämpfer, der an der Akademie ausgebildet wurde, die Ehre eines Platzes in der Weißen Liga zuteil, aber diejenigen, die die Ausbildung erfolgreich abschlossen, durften sich auf eine glorreiche Zukunft als Offizier in einer der Niederlassungen der königlichen Kasernen freuen, die sich über das ganze Land

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