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Fyn - Erben des Lichts

Fyn - Erben des Lichts

Titel: Fyn - Erben des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadine Kühnemann
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die Kampfübungen würden mich hoffnungslos unterfordern. Trotz der giftigen Blicke von Per hatte ich mich geschmeichelt gefühlt. Die Kunst des Kämpfens war neben Mathematik das einzige Unterrichtsfach, das mir wirklich lag.
    An diesem Tag würde ich also endlich etwas Neues lernen. Schon immer hatte ich Schusswaffen geliebt, erst recht die modernen, dampfbetriebenen und mechanischen. Ich dachte wehmütig an meine Armbrust, die zu Hause im Perlenturm unter meinem Bett lag und auf meine Rückkehr wartete.
    Jonnef hielt eine neuartige Waffe in der Hand, die erst im vorigen Jahr entwickelt worden war. Zu meinem Bedauern hatte ich nicht daran mitwirken dürfen, doch ich hatte meinen Vater oft dabei beobachtet, wie er das Vectioletus auseinanderbaute und reinigte. Jonnefs Art, die Waffe zu halten, erinnerte mich an eine Mutter, die ihr Kind in den Armen wiegte. Als er über ihre Vorzüge dozierte, röteten sich seine Wangen vor Eifer.
    Das Vectioletus war ein imposantes Gebilde, sicherlich viele Pfund schwer, und es erinnerte entfernt an ein Gewehr. Genau genommen erinnerte nur der Lauf an ein Gewehr, der Rest des länglichen Monstrums ließ sich mit keiner Waffe vergleichen, die ich kannte. Es war eine Art handliche Minikanone, jedoch weitaus komplizierter aufgebaut.
    Wir starrten ehrfürchtig auf das Vectioletus, als handelte es sich dabei um den heiligen Sinjar persönlich. Mein Herz schlug höher. Ich vermisste meine eigenen Forschungsprojekte.
    Jonnef stellte die Waffe auf den Boden. »Es ist ein wenig zu schwer, um es die ganze Zeit zu tragen.« Seine Augen funkelten. »Wie ihr euch denken könnt, ist das Vectioletus eher dazu geeignet, es aus einem fahrenden Auto heraus abzufeuern, ich würde nicht dazu raten, es während eines Gefechts mit sich herumzuschleppen.« Er lächelte verschmitzt, und ich sah ihm die Begeisterung für seinen Beruf deutlich an. Ich mochte Jonnef, von allen Lehrern war er mir der liebste, und das nicht nur, weil ich gut im Kampfunterricht war. Jonnef war ein gerechter Kerl, Soldat mit Leib und Seele. Seine glanzvollen und ruhmreichen Einsätze für den König hatten ihm zahlreiche Abzeichen und Ehrungen eingebracht. Ich wünschte mir in diesem Moment, auch einmal als ruhmreicher Soldat heimzukehren, umjubelt und geliebt. Ein kindischer Traum. Die Soldaten der Liga verrichteten in erster Linie einen harten Job, der selten etwas mit Ruhm und Ehre zu tun hatte. Zudem war ich mir bewusst, dass ich nie geliebt werden würde, egal, wie sehr ich mich anstrengte. Wer mochte schon einen hässlichen, schwarzhaarigen Mutanten, der zudem noch von einem weißhaarigen Geist heimgesucht wurde?
    Ich verdrängte meine düsteren Gedanken und beobachtete stattdessen Jonnef dabei, wie er das Vectioletus aufs offene Meer ausrichtete und den Hebelmechanismus spannte. Er betätigte einen Knopf, doch nichts geschah. Das Gerät gab kein Geräusch von sich.
    Jonnef starrte es eine Weile ratlos an, dann begann er damit, mit ungeschickten Fingern an den Zahnrädern herumzufummeln, was freilich keinen Effekt erbrachte. Man merkte ihm deutlich an, wie unwohl er sich fühlte. »Es ist kaputt.« Eine einfache, aber treffende Aussage. »Das kann doch wohl nicht wahr sein.« Plötzlich schlich sich ein verzweifelter Unterton in seine Stimme, für einen raubeinigen Kämpfer wie ihn ein ungewohntes Ereignis.
    »Darf ich es mal versuchen?«, fragte Per.
    Jonnef zog die Augenbrauen hoch. »Nimm es mir nicht übel, aber ich möchte es nicht schlimmer machen, als es ist, indem ich einen Unerfahrenen daran herumwerken lasse.«
    Pers Gesichtsfarbe wechselte von rosa nach weiß.
    »Ich muss Breanor davon berichten, er wird nicht erfreut sein, dass das Vectioletus in meiner Obhut den Geist aufgegeben hat«, fügte Jonnef an. Obwohl Einfühlungsvermögen nie meine Stärke gewesen war, empfand ich beinahe etwas wie Mitleid. Ich wusste, wie zornig mein Vater werden konnte.
    »Ich kann versuchen, es zu reparieren«, sagte ich. Meine Stimme klang belegt, ich räusperte mich. Alle Augen wandten sich mir zu, und die von Per funkelten besonders böse, was sich noch verschlimmerte, nachdem Jonnef mir die offizielle Erlaubnis erteilte, das Vectioletus zu reparieren.
    »Ich weiß, was für ein erstklassiger Techniker du bist. Breanor würde es sicher gutheißen, wenn ich dich in Übung halte.« Jonnefs Lippen umspielte ein erleichtertes Lächeln. »Ich muss die Waffe bis morgen zurück in den Palast bringen. Es ist viel verlangt, aber ich

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