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Fyn - Erben des Lichts

Fyn - Erben des Lichts

Titel: Fyn - Erben des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadine Kühnemann
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erst einige Wochen her war, seit ich zuletzt den weißen Kiesweg zum Perlenturm entlanggegangen war, fühlte ich mich wie ein Soldat, der nach einem Krieg nach Hause zurückkehrte. Dem Wachmann vor dem Tor kippte die Kinnlade herunter, als er mich sah, doch er rührte sich nicht oder machte Anstalten, mich aufzuhalten. Er wurde blass wie seine Uniform.
    Wenn Ylenia Nervosität plagte, ließ sie es sich jedenfalls nicht anmerken. Sie ging festen Schrittes neben mir her, richtete immer wieder ihren Hut oder strich die Falten in ihrem Kleid glatt.
    Vom Weg aus konnte ich einen Blick auf den Palast werfen. Zwei Baumaschinen parkten davor, man hatte das klaffende Loch in der Außenmauer wieder verschlossen. Wie ein Pfeil schoss mir die Erinnerung an den Abend in den Kopf, an dem Soldaten des Nordens hier ein Blutbad veranstaltet hatten. Rasch wandte ich den Kopf ab.
    Wir blieben vor der großen schwarzen Flügeltür zum Turm stehen. »Glizzaro ss’albo«, schrie ich dem steinernen Torwächter ungeduldig entgegen.
    »Erst klopfen, dann das Passwort«, beschwerte er sich mit seiner gewohnt unangenehmen Stimme.
    »Mach die blöde Tür auf, du Affe«, fuhr ich ihn an. Ylenia wich einen Schritt zurück, eine Hand auf die Brust gelegt.
    »Erst klopfen«, wiederholte der Gargoyle, diesmal energischer.
    Ich gab nach und klopfte einmal mit dem schweren Metallring gegen die Tür.
    »Passwort?«
    »Das habe ich dir doch schon gesagt.«
    »Passwort?«, wiederholte der Torwächter im selben Tonfall wie zuvor. Dieses dumme Vieh, das Myrius ins Leben gerufen hatte, weckte in mir den Wunsch, zum Vorschlaghammer zu greifen.
    »Glizzaro ss’albo«, zischte ich genervt, woraufhin eine Hälfte der Tür aufschwang.
    »Das ist Magie, echte Magie«, flüsterte Ylenia ehrfürchtig. Wir betraten den Flur.
    »Ja, leider.«
    »Wieso leider ?«
    Weil es mir jedes Mal vor Augen führt, dass ich keine Magie wirken kann , hätte ich ihr am liebsten gesagt, doch ich schwieg. Ich wäre auch nicht mehr dazu gekommen, etwas zu erwidern, denn in diesem Moment kam Yeshard, der Bastard, auf uns zugerannt. Er warf die Arme in die Luft und quietschte wie ein Kleinkind, als wäre er nicht bei Trost.
    »Fyn! Fyn! Du lebst!«
    Sein Geschrei rief andere Turmbewohner herbei. Ich wünschte, meine Rückkehr hätte weniger Aufsehen erregt, doch zugleich fühlte ich mich geschmeichelt.
    Lan und Grid, zwei Soldaten der Liga, kamen die Treppe herabgestürmt und bahnten sich ihren Weg durch die Masse von Leibern, die sich um mich scharten. Lan umarmte mich stürmisch. Er presste mich so fest an seine Brust, dass ich kaum Luft bekam. Mir war die Nähe unangenehm, doch ich rang mir ein gequältes Lächeln ab.
    »Bei Sinjar, bist du dünn geworden«, stieß er hervor. »Was haben sie mit dir gemacht? Wie bist du entkommen?« Seine Fragen prasselten auf mich ein wie Platzregen. Mein Kopf brummte und meine Sinne schwirrten angesichts des Theaters, das meinetwegen veranstaltet wurde.
    Aus den Augenwinkeln beobachtete ich, wie Ylenia ihren Hut und das Kleid richtete. Sie machte ein Gesicht, als hätte sie in eine Zitrone gebissen. Vermutlich brüskierte sie sich darüber, dass niemand sie beachtete, an ihrer Kleidung riss und sie mit Fragen löcherte. Ich hingegen hätte liebend gern mit ihr getauscht.
    Eine Woge der Erleichterung durchflutete mich, als ich Jonnefs Gesicht zwischen all den anderen auf der Treppe erblickte. Er blieb auf dem unteren Absatz stehen. »Ruhe«, donnerte er durch den Raum. Tatsächlich erstarben die Stimmen bis auf ein leises Gemurmel.
    »Ihr geht jetzt alle wieder an eure Arbeit. Ich bin mir sicher, es werden sich noch hinreichend Gelegenheiten für euch ergeben, Fyn nach seinem Verbleib zu löchern.«
    Widerwillig wandten sich einige der Belagerer ab, nur Lan, Grid und Yeshard blieben ungerührt. Ich war Jonnef unendlich dankbar für sein Eingreifen. Als Kampflehrer und Waffenmeister des Königs wohnte ihm eine natürliche Autorität inne, um die ich ihn beneidete. Mit festen Schritten kam er auf mich zu und bedachte seine Kameraden dabei mit grimmigen Seitenblicken.
    »Habt ihr den Verstand verloren?«, fragte er in die Runde. »Ihr könnt den armen Fyn doch nicht mit Fragen bombardieren! Breanor sollte der Erste sein, der von den Ereignissen erfährt. Und natürlich auch der König.«
    Bei der Erwähnung Vaters fiel mir zum ersten Mal auf, dass dieser sich nicht unter der Meute befand.
    Jonnef wandte sich an mich. »Was auch immer du durchgemacht

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