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Fyn - Erben des Lichts

Fyn - Erben des Lichts

Titel: Fyn - Erben des Lichts Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nadine Kühnemann
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verschränkte die Arme vor der Brust und ließ geräuschvoll die Luft durch die Zähne entweichen.
    »Brysben ist nicht Elvar, mein Lieber. Automobile sieht man dort höchst selten.«
    »Bist du je mit einem gefahren?«
    »Nein, du?«
    »Ich habe sogar an deren Weiterentwicklung mitgewirkt.« Ylenias überraschter Blick ließ eine Woge der Zufriedenheit durch mich hindurchströmen.
    »Tatsächlich? Du kennst dich mit Technik aus?«
    »Ja, mein Vater hat mich zum Ingenieur ausbilden lassen. Er ist selbst Wissenschaftler.«
    Ylenias Miene wandelte sich, sie sah mich freundlicher an als zuvor. Ich konnte mich des Eindrucks nicht erwehren, dass ihre forsche Art eine Maske war, die sie sich im Laufe ihres Lebens zugelegt hatte. Sie gefiel mir besser, wenn sie sie ablegte.
    Sie fragte mich noch allerhand Dinge, zumeist über Motoren und neueste technische Errungenschaften, ihr Wissensdurst schien unersättlich. So viel Interesse hatte ich ihr nicht zugetraut. Sie sammelte damit eine ganze Menge Sympathiepunkte. Ich erzählte Ylenia von Arc, und sie beugte sich mit vor Eifer geröteten Wangen immer weiter zu mir herüber, als befürchtete sie, eines meiner Worte zu verpassen. Sie erzählte auch ein wenig mehr über sich, wenn auch längst nicht in allen Details. Sie sagte, ihre Herrin sei eine Verwandte von Lord Awbreed, und sie hätte sie schlecht behandelt. Es hätte ihr nie an etwas gefehlt, aber sie sehnte sich nach der weiten Welt. Wild gestikulierend berichtete sie mir, welche Orte sie in ihrem Leben noch besuchen wollte, welchen Lords die Hand schütteln. Ich belächelte ihre mädchenhaften Vorstellungen. Ylenia erzählte weiterhin, ihre Eltern seien schon lange tot und sie habe keine Geschwister. Ihre Mutter sei bereits kurz nach ihrer Geburt verstorben und ihren Vater habe ein Bär zerfleischt, als Ylenia gerade einmal fünf Jahre alt gewesen sei.
    »Was ist mit deinen Eltern?«, fragte sie. »Lieben sie dich?«
    Ihre Frage versetzte mir einen Stich, der mir beinahe die Luft zum Atmen raubte. Ich rang nach passenden Worten. »Meine leiblichen Eltern kenne ich nicht. Ich bin ein Findelkind.« Ich bemühte mich, sachlich und emotionslos zu klingen.
    »Oh, das tut mir leid.« Ich fing ihren Blick auf, und ausnahmsweise kaufte ich ihr das Mitleid sogar ab.
    »Schon gut, ich bin darüber hinweg.« Ich rang mir ein Lächeln ab.
    »Dann weißt du also gar nicht, weshalb du so komisch aussiehst?« Es war eine rücksichtslos formulierte Frage, aber ich nahm sie ihr nicht übel.
    »Nein. Und ich habe auch nie darüber nachgedacht.«
    Ich wandte mich ab und sah aus dem Fenster, um deutlich zu machen, dass ich nicht mehr darüber sprechen wollte. Sie akzeptierte meinen Wunsch.
    Wir fuhren bis zum frühen Abend, ehe der Kutscher sich, den Pferden und uns eine kurze Pause gönnte, in der wir uns die Beine vertraten und unsere Glieder streckten. Mr. Beaver holte Wasser von einem nahe gelegenen Bach, um den Tieren zu trinken zu geben. Auch Ylenia und ich wanderten ein paar Minuten an dem kleinen Wasserlauf entlang, wuschen uns die Gesichter und stillten unseren Durst. Als wir zur Kutsche zurückkehrten, kramte sie aus unserem Bündel im Gepäckfach ein Kleidungsstück und einen Hut hervor.
    Ich stand etwas abseits und beobachtete im sterbenden Licht des Tages, wie sie sich hinter einem nahe gelegenen Gebüsch an der Verschnürung ihres Kleids zu schaffen machte. Sekunden später fiel es zu Boden, durch das Blattwerk sah ich ihre nackte Haut hindurchblitzen. Ein Schwall heißen Bluts schoss mir in den Kopf. Ich wandte mich hastig ab, dennoch konnte ich mir einen verstohlenen Seitenblick nicht verkneifen. Meine Neugier siegte über meinen Anstand, aber ich war nun einmal ein junger Mann mit natürlichen Bedürfnissen.
    Als wir zurück in die Kutsche stiegen, trug Ylenia ein Kleid, das sie wie eine junge Adlige aussehen ließ, auf ihrem Kopf saß ein breiter Hut, der der aktuellen Mode entsprach.
    »Ist das der Fummel, für den du unser Pferd verkauft hast?«
    Ylenia streckte mir die Zunge heraus. »Ich kann doch nicht mit Lumpen vor den König treten.«
    Ich schüttelte den Kopf, schmunzelte in mich hinein und ließ es darauf beruhen.
    An den Rest der Fahrt habe ich keine Erinnerungen. Ich muss wohl eingeschlafen sein, denn das Nächste, das ich mir ins Gedächtnis rufen kann, ist Mr. Beavers laute Stimme, als er vom Bock aus rief: »Bis hierhin und nicht weiter!«
    Ich schreckte aus einem angenehmen Dämmerzustand hoch und rieb mir

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