Fynia - wo die Schafe sterben gehen (Fantasy-Roman) (German Edition)
CHANCE!“
Er klang dabei so euphorisch, dass ich mich hatte hinreißen lassen und alle meine Beziehungen im Dorf spielen ließ, damit Thomas seinen Forscherdrang ausleben konnte.
Ich hatte mit der Ältesten Rhuni gesprochen und wir hatten nach einer wirklich langen und anstrengenden Diskussion alle Regeln besprochen und alle Vorbereitungen getroffen. Thomas wusste nicht, dass ich auch ein Kurenai bin und er sollte es auch nicht erfahren, das wäre nicht aushaltbar gewesen, wirklich.
Also trafen wir uns am Ortsschild und ich brachte eine Umgebungskarte mit. Er kam superpünktlich und gemeinsam schritten wir die lange und gerade, leicht abfallende Straße ins Dorf hinunter.
Er war sehr aufgeregt und sparte nicht daran, mir genau dies mitzuteilen.
„Ich bin so aufgeregt Alex!“
„Ich weiß…“, wiederholte ich zum vierten Mal.
„Und sie wissen nichts vom Clan in Australien?“, fragte er erneut. Wir hatten dieses Gespräch gestern Nachmittag bestimmt schon zehn Mal geführt.
„Sollten wir es ihnen sagen?“, fragte er.
„Immer noch: Nein.“
„Aber wieso denn nicht?“ Er klang wie ein quengelndes Kind.
„Thomaaaaaaaaas.“ Ich zog das a extra in die Länge, „darüber haben wir schon gesprochen. Sie müssen von selbst drauf kommen. Alles andere würde ein ziemliches Chaos auslösen.“
„Und wenn wir ihnen einfach einen Hinweis dalassen?“, fragte Thomas aufgeregt.
„Lass es sein. Wieso können wir sie nicht einfach dem natürlichen Lauf des Lebens folgen lassen?“ Unser innerster Kern war viel zu sehr auf die wenigen Überlieferungen fixiert, die erhalten waren, als dass sie einen anderen Clan akzeptieren könnten. In den alten Schriften war nie die Rede von einem anderen Clan. Es würde nur zu Verwirrungen und einer Spaltung führen, also verweigerte ich es Thomas einfach. Und er hörte auf mich, da er mich ja vorgestern als einen „nahen Freund“ der Kurenai enttarnt hatte.
„Na gut…“, gab er sich mal wieder geschlagen, mal schauen, wie lange es dieses Mal hielt.
Ich grüßte keinen und niemand kam zu mir. Am letzten Abend ging nämlich eine Bekanntmachung raus, dass wir in Ruhe gelassen werden sollen, um die Integrität des Clans zu wahren.
Als wir aus dem kleinen Waldstück heraustraten, der die kleine Hauptstraße des Dorfes umschloss, hielten wir direkt auf die Kapelle zu. Es war uns erlaubt worden die Kapelle außen und innen sowie alle darin befindlichen Gegenstände zu untersuchen, wobei es in meiner Verantwortung lag, dass nichts entwendet oder zerstört wurde. Zwar verehrte unser Clan keine Gegenstände als heilig, doch waren einige Artefakte von so unschätzbarem Wert, historisch gesehen wie auch emotional und spirituell, dass Älteste Rhuni einen Blick auf uns haben wollte.
Deswegen fiel mein Blick auch direkt auf sie, als wir die Kapelle betraten.
„Ich bin so aufgeregt!“, hörte ich es neben mir, aber ich beachtete Thomas nicht.
Rhuni ließ sich äußerlich nichts anmerken, aber ich wusste, dass sie uns keine Sekunde lang aus den Augen lassen würde.
„Fantastisch!“, flüsterte Thomas leise, aber dennoch ausdrücklich.
„Wo wollen wir zuerst hingehen?“
„Zum Herzen.“, erwiderte mein Freund und schritt voran auf die Statue in der Mitte des Raumes zu. Unsere Schritte hallten ungewöhnlich laut in der Kathedrale wieder und einige der Kurenai, die sich hier versammelt hatten um soziale Kontakte zu pflegen oder Handarbeiten nachzugehen, sahen zu uns auf. Ich lächelte ihnen entschuldigend zu. Die Meisten kannte ich zumindest vom sehen her. Ich war nie ein großer Fan vom Gemeindeleben gewesen, aber wenn man alle Stadien der Initiation im Clan durchgemacht hatte, kannte man die meisten zwangsweise.
Thomas begann sogleich die Statue mit seinem kritischen Blick zu mustern. Zeitgleich zog er feine weiße Handschuhe aus seiner Jeans und streifte sie sich über. Ich beobachtete ihn fasziniert. Noch nie hatte ich an praktischen Forschungen teilgenommen. Ich kannte den Clan ja. Aber Thomas bei der Arbeit zu sehen, faszinierte mich.
„Sieh mal Alex.“ Thomas deutete auf die rechte Seite der Statue, „sieht aus, als wäre da etwas abgebrochen.“
„Thomas, an der ganzen Statue sieht es aus als wäre da etwas abgebrochen.“, erwiderte ich.
„Du musst genauer hinsehen. Sieh nur.“ Er machte etwas Platz für mich, sodass ich mich der Statue bis aus wenige Zentimeter nähern konnte. Und tatsächlich, man konnte eine zerschlissene Bruchkante
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