Fynia - wo die Schafe sterben gehen (Fantasy-Roman) (German Edition)
keine Zeit für Fragen, also mussten wir einfach das tun, was er gesagt hatte.
Ich sah mich um. Luna hatte sich bereits in den Wolf verwandelt und sah fragend zu mir auf. Ihr fiel es recht leicht ein Wolf zu werden, sie hatte mehr Schwierigkeiten mit der Rückverwandlung.
Auch die anderen hatten sich bereits verwandelt und so sah ich eine winzige Schildkröte auf der nackten Erde hocken, sie schimmerte in allen Grüntönen und sah wunderschön aus. Weiter hinten flatterte ein junger weißer Schwan bedrohlich mit den Flügeln und trippelte von einem Plattfuß auf den anderen. Auch das Raubkatzenjunges sah, wie Harry sagte, imposant aus. Er hatte sich würdevoll hingesetzt und seinen Schwanz um sich geschlungen. Nur die Spitze zuckte manchmal etwas.
Auch ich verwandelte mich. Es fiel mir mit jedem Mal leichter, doch auf den Beinen halten konnte ich mich immer noch nicht. Als ich fertig war, hatten sich kleine Äste in meinem Fell verfangen, aber ich wagte es nicht, mich zu schütteln.
Der Wald barg neue Düfte für meine ungeschulte Nase. Es roch alles so intensiv nach Natur und Bäumen und Blättern und Grün. Es roch erdig und frisch, der Wind hatte einen ganz anderen Duft als zuhause. Gleichzeitig drangen aber auch die Gerüche der anderen Tiere in meine Nase. Der Panther roch gefährlich und mein Nackenfell sträubte sich etwas. Die Schildkröte roch irgendwie… glatt und nach Horn. Nicht sehr appetitlich, während der Schwan eine gewisse Aggressivität verströmte und mein Innerstes sich am liebsten ganz nahe an Luna gekuschelt hätte.
Dann erinnerte ich mich wieder an Harrys Worte und richtete meine Sinne auf den großen Bären. Er roch wie der Wald und wild und ungezähmt. Ich suchte in meinem Innern nach meinen Gedanken, damit ich sie ausschicken konnte, aber ich bekam sie nicht zu fassen. Dann spürte ich wieder ein Klopfen, wie als Mama mich berührt hatte, aber dieses Mal war das Gefühl rau und herb und machte mir Angst. Doch ich spürte nun wieder meine geistigen Gliedmaßen und so gelang es mir, meine Gedanken auszuschicken. Plötzlich nahm ich die Wesen um mich herum ganz anders war. Sogar die winzigen Insekten. Schreckliches Gewusel.
Ich nahm die Intelligenz meiner Mitschüler deutlich wahr. Sie stand im krassen Gegensatz zu den einfachen, geschäftigen Geistern der Insekten. Und ich nahm Harrys große Gedanken war. Er wirkte auch im Geiste wie ein gewaltiger Berg.
„Können mich alle hören?“, schallte es in meinen Kopf. Ich zuckte zusammen.
„Ja.“, antwortete ich, hörte aber sonst niemanden.
„Gut, damit die anderen Kinder euch auch hören können, müsst ihr euch mit ihnen vernetzen.“, erklärte Harry, „sucht nach ihren Gedanken, lasst meine dabei aber nicht los.“
Das war ziemlich schwierig. Harrys Gedanken waren riesengroß, die konnte man nicht verfehlen, aber Anastasias Gedanken waren winzig klein. Und tausend andere Gedanken griffen auch nach ihr und nach mir.
Zwischendurch, wenn ich versehendlich mit anderen Gedanken kollidierte, fing ich Wortfetzen auf, einige sehr laut, andere kaum verständlich. Manchmal streifte man zufällig jemand anderen, dann konnte man sich verbinden. Es war, als würden alle gleichzeitig versuchen jeden an die Hand zu nehmen. Aber man hatte ja nur zwei Hände.
Mein Kopf schwirrte und immer noch hatte ich nur Harry und Luna gefasst.
„Gar nicht so einfach, wie?“, donnerte Harrys tiefe Stimme durch meine Gedanken, sogar das Lachen schickte er mit. Ich hörte es auf seltsame Art doppelt, als würde es ein Feedback in Lunas Gedanken geben.
„Am besten wählt man in der Gruppe jemanden aus, der die Vernetzung herstellt. Das sollte jemand sein, der sich schon sicherer ist. Ich überprüfe kurz die Verbindungen, lasst nicht los.“
Ich spürte, wie Harrys Gedanken an meinen entlangfuhren, als würde er meinen Körper abtasten. Nach einer Weile fixierte der große Bär den Panther.
„Sascha, du bist für die Vernetzung zuständig heute. Versuch alle fremden Gedankenmuster die du findest mit dir zu verknüpfen. Der Rest hält still.“, befahl Harrys Stimme laut in mir.
Recht schnell spürte ich einen wilden, andersartigen Gedanken an meinen. Das war Sascha. Ich griff nach ihm und wir verbanden uns. Plötzlich wurde es in meinem Kopf unglaublich laut. Ich hörte die Gedanken der anderen plappern. Ängste, Wünsche und Reize von außen überfluteten mein Gehirn. Es war, als würde ich gleichzeitig mit den Augen aller
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