Fynia - wo die Schafe sterben gehen (Fantasy-Roman) (German Edition)
ging Jasper vor. Sein Gang war gekrümmt und schlürfend. Er wirkte so motiviert, wie ein Chamäleon im Winter.
Als wir die Halle C betraten, traute ich meinen Augen kaum. Für mich gab es fast nichts schöneres, als die ganzen Stände mit den Menschen im Anzug, die so wichtig aussahen und bestimmt alle ein Professor oder Doktor im Namen führten.
„Komm mit.“ Ich winkte Jasper hinter mir her, als ich zu den in blau und orange gehaltenen Ständen lief, über denen bekannte Namen wie AWO standen. Begeistert nahm ich mir von jedem Stand einen Flyer und wühlte mich durch ihre Mappen.
„Und was genau willst du werden, wenn du so 'nen Kram studierst?“ Er warf einen der Flyer rücksichtslos auf den Tisch.
„Hör mal. Das ist kein Kram. Reiß dich endlich zusammen, Freundchen!“ Ich wurde etwas zu laut und die Gespräche um mich herum verstummten. Ich atmete tief durch, um mich zu beruhigen und versuchte das alles mit etwas Humor zu sehen.
„Ich weiß nicht, ich möchte mit Menschen arbeiten, mit Behinderten oder mit Kindern oder in der Altenpflege. Oder vielleicht Lehrerin werden, sowas halt.“, erzählte ich möglichst gut gelaunt.
„Das alles hast du doch später eh. Mit Familie und so.“, erwiderte Jasper stirnrunzelnd.
„Ja, aber anders. Ich finde diese soziale Arbeit so toll. Da kommt man mit so vielen Menschen in Verbindung und man kann ständig seinen Horizont erweitern.“ Begeistert sprudelte alles aus mir heraus. Ich sprach gerne über Studium und Berufe und Menschen. Ich erzählte ihm von meinen Praktika, die ich im Kindergarten, im Jugendzentrum und im Altenheim gemacht hatte.
„Das hört sich eigentlich ganz nett an…“, murmelte Jasper, als ich mal eine Pause machte, um Luft zu holen.
„Findest du?“, fragte ich skeptisch zurück. Er kam mir überhaupt nicht vor, wie ein sozial engagierter Typ. Eher wie ein Mathematiker oder Informatiker, irgendein Freak jedenfalls. Oder wie ein potenzieller Harz IV Anwärter.
„Ja, eigentlich klingt das ganz vernünftig, was du sagst. Vielleicht ist das ja auch was für mich.“ Er nahm einen Flyer völlig willkürlich von dem Stand, neben dem wir standen und begann darin zu lesen. Verwirrt blickte ich ihn an. Was hatte der Typ nur vor?
„Hier, das kann man studieren oder eine Ausbildung machen.“ Er hielt eine Broschüre über Kinderpflege in der Hand. Ich legte die Stirn in Falten. Der und Kinder? Fremde Kinder? Das passte irgendwie nicht in mein Bild.
„Zeig mal her.“ Ich nahm ihm den Flyer aus der Hand.
„Hm, was würdest du denn bevorzugen?“, fragte ich und musterte die Bilder von spielenden Kindern. Vielleicht würde ich ja so etwas über ihn heraus finden, wenn ich sein Spielchen mitspielte.
„Ähm hm… studieren wäre schon okay… wie lange dauert sowas denn?“, nuschelte Jasper merklich unsicher.
„Unterschiedlich. Hier steht was von sechs Semestern Bachelor.“, sagte ich und las mir eine Tabelle durch, „man kann aber auch noch einen Master in Sonderpädagogik dranhängen und mit behinderten Kindern arbeiten.“
„Hm… was wäre dir denn lieber?“, fragte er, während er scheinbar ohne Plan in den Broschüren auf dem Tisch herumwühlte und mich dabei verstohlen zu mustern schien.
Sein Plötzliches Interesse kam mir seltsam vor.
„Ich finde studieren ganz cool. Da lernt man dann ziemlich wissenschaftlich die Hintergründe und so kennen.“, sagte ich, was der Wahrheit entsprach.
„Ja, das finde ich auch super.“, stimmte er mir zu.
„Aber so eine Ausbildung ist viel näher an den Kindern und man bekommt gleich etwas Geld.“ Nun musterte ich ihn verstohlen. Er schien meine Tücke nicht zu bemerken.
„Ja und es dauert auch bestimmt nicht so lange, oder? Klingt eigentlich besser, als studieren.“
„Ja, aber studieren hat auch was. Es dauert zwar 'ne Weile, aber dann ist man vielseitiger einsetzbar und man bekommt mehr Geld danach.“ Ich musste mein Gesicht hinter einem Ständer mit Flyern von der Fakultät für Erziehungswissenschaften verstecken, damit Jasper mein Grinsen nicht sah.
„Ja, das sind natürlich ziemliche Vorteile. Ich glaub dann würde ich studieren gehen.“
„Ja, aber eine Ausbildung hingegen… naja die Nähe zu den Kindern, das ist viel authentischer und man ist früher selbstständig. Und man kann bestimmt noch Fortbildungen machen und so.“
„Dann ist natürlich die Ausbildung besser wegen dem Geld und…“ Er sah zu mir auf. Ich trat hinter dem Ständer
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