Fyrgar - Volk Des Feuers
wie bereitwillig sie sich einem anderen unterwarfen.
Bis er sich auf sein früheres Baiku und auf sein Dasein als Lehrmeister besann. Von da an begegnete er den Verkündern des Netzes auf deren Weise: mit Wortgewalt. Er legte die alles verhüllende Rüstung ab und zeigte sich nun wieder offen statt als Symbol, als Mensch unter Menschen, zeigte sich als lebendes, warmes, atmendes, mitfühlendes Wesen. Durch seine große Gestalt konnte er nicht übersehen werden, und seine Stimme war weit tragend, wenn er sich auf den Plätzen zeigte und vor den Schattenwebern warnte.
Sich Gehör zu verschaffen, war einfach. Er stieß die Netzverkünder einfach beiseite, führte sie als schwach vor, und nahm ihre Stelle ein.
»An dir zeigt sich die Verderbtheit des Bösen!« - »Die Liebe des Netzes wird dich niemals auffangen!«, zeterten die Propheten, doch sie wagten es nicht, sich ihm zu nähern, sobald er sie mit seinem Feuer bedrohte. Notgedrungen mussten sie das Feld räumen.
Als Erstes blieben immer die jungen Frauen stehen und sahen kichernd und flüsternd zu dem Mann auf, der ihre Aufmerksamkeit mit Blicken und kurzen Gesten errang. Doch sobald er zu reden anfing, nahmen ihn auch die Männer wahr.
Aldavinur verstand sich auf Worte, gehüllt in Samt, auf Überzeugung und Eindringlichkeit. Und zum Beweis, dass er im Recht war und die Schattenweber im Unrecht, streckte er stets die Hand aus und ließ eine Flammenkugel darauf entstehen und tanzen.
»Dies ist die Wärme, die wahrhaftiger ist als die Kälte des Netzes«, sagte er dazu. »Sie bringt Licht und Leben. Die Flamme kommt aus meinem Herzen, sie ist mein Herz selbst, und ich biete sie euch dar.«
»Kann ich auch so eine Flamme entzünden?«, fragte einmal ein Kind.
»In deinem Herzen«, antwortete Aldavinur. »Ich gebe sie an dich weiter.«
»Und was mache ich dann damit?«, erklang eine andere Stimme.
»Wärme dich an ihr und gib sie weiter, damit niemand mehr frieren muss«, sagte der Flammenritter. »Tragt meine Botschaft hinaus: Die Schattenweber können euch nicht mit dem Grau des Netzes befallen, solange ihr euren freien Willen bewahrt. Gebt der Versuchung nicht nach, denn sie nimmt euch die Freiheit. Oder wollt ihr das?«
»Nein!«, riefen daraufhin die meisten, doch es gab auch Gegenstimmen, wenn sich Schattenweber unter die Menge mischten und deklamierten:
»Im Netz finden wir Geborgenheit und Frieden, und einer ist für den anderen da! Keine Not mehr, kein Hunger, wir sorgen füreinander und sind nie mehr allein!«
Wenn es Aldavinur dadurch nicht gelang, seine Zuhörer zu überzeugen, ersann er neben dem Feuerspiel noch ein Mittel, das zumindest für den weiblichen Teil der Menge sehr passend war und auf eine ganz besondere Weise bei der Verbreitung seiner Worte half. Oft sah er die Mädchen und Frauen nämlich mit bebender Brust und glühenden Wangen in der Menge stehen, wenn er ihnen sein brennendes Herz darbot und sie alle der Reihe nach eindringlich ansah. Dann wusste er, dass er diese schon halb gewonnen hatte, es bedurfte nur noch eines letzten Anstoßes. Also ging er am Ende seiner Rede auf sie zu, erzählte ihnen auf ergreifende Weise, weswegen er die beiden Federn in seinem Haar trug, und so wie die Schattenweber den Kalten Kuss gaben, gab er mit weichem Mund sein Feuer an die Frauen und Mädchen weiter. Und des Nachts manchmal noch ein bisschen mehr, wenn sich die Gelegenheit ergab.
Aldavinur war sicher, dass diese Frauen danach nicht mehr anfällig waren für die Versuchungen der Schattenweber, und dass sie vor allem sein Feuer auf ähnliche Weise weitergaben, um auch die Männer vor der Ansteckung zu bewahren.
Schließlich belegten die Schattenweber ihn öffentlich mit einem Bann und forderten die Menschen auf, ihn zu fassen und zu töten oder den Netzkriegern auszuliefern. Überall gab es Proklamationen, und Ausrufer warnten vor »dem schwarzen Mann«. Aldavinur bekam die Folgen schnell zu spüren, als er in einer Stadt mit Steinen beworfen wurde und in der nächsten ein Mann ihn angriff.
Er legte die Rüstung wieder an und wurde erneut zum Symbol - zu dem unbesiegbaren Helden, der die Menschen mit dem Schwert verteidigte. Ebenso gnadenlos, wie die Schattenweber nun Jagd auf ihn machten, stellte er den Befallenen nach, allerdings nicht in dem Bestreben, sie zu töten, sondern um sie zu entwaffnen und aus den Städten zu verjagen.
Manchmal erhielt er Unterstützung durch die Stadtwachen, die allerdings weniger zimperlich waren als er
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