Fyrgar - Volk Des Feuers
verfasste. Ich trage es heute noch bei mir.« Auffordernd nickte er Dàvin zu. »Nehmt es!«, forderte er ihn auf und presste dem Fyrgar die Waffe an die Brust.
»Das ist Luvian«, erklärte Rowarn. »Das Schwert von Sonne und Mond. Einst trug es der Velerii Lichtsänger in der Schlacht auf dem Titanenfeld. Ich bekam es gegen Ende des Krieges um das Tabernakel geschenkt und gab es danach weiter an Schneemond, Lichtsängers Tochter. Als meine Muhme Weideling für immer verließ, brachte sie mir das Schwert zurück, weil sie sagte, seine Aufgabe sei noch nicht beendet, und hier ist es nun. Luvian wurde aus dreihundert Schichten hartem und Weichmetall geschmiedet und über eintausendmal gefaltet. Das bis heute unerreichte Meisterstück eines Schmieds der Nauraka. Dieses Schwert ist einzigartig, es ist mehr als eine Waffe, nämlich ein Artefakt. Lange verkannt, soll es jetzt seiner Bestimmung zugeführt werden, das fühle ich. Es wird Euch gute Dienste leisten im Kampf gegen die Schattenweber. Damit habt Ihr einen mächtigen Verbündeten, auf den Ihr Euch immer verlassen könnt.« Rowarn lächelte mit einem gerührten Ausdruck, und seine Augen leuchteten heller als zuvor. Feierlich schloss er:
»Nehmt es mit meinen besten Wünschen, von Nauraka zu Fyrgar, von Wasser zu Feuer, von Mond zu Sonne.«
Dàvin wusste nicht, was er sagen sollte. Rowarn zwinkerte ihm zu.
»Nun liegt das Schicksal Luvgars in Euren Händen«, sagte er sanft.
»Wir müssen los«, mahnte der Widdergehörnte.
»Ja, lass uns aufbrechen. Wie sagen die Daranil zu einem derartigen Anlass doch so schön? Es ist alles gesagt und getan, und nun fliegen wir davon. Das ist ein gutes Abschiedswort, finde ich.«
Was für eine innige Verbindung die beiden haben, dachte Dàvin berührt. Man stelle sich vor, ein Dämon! Wie kommt es dazu? Ob auch ein Fyrgar dazu in der Lage wäre? Hätte ich je eine derartige Beziehung zu Beserdem eingehen können, wenn ich mich nicht verändert hätte? Selbst an Efrynn war meine Bindung nicht so stark ...
»Es muss ein Prinzip sein«, entfuhr es ihm leise murmelnd.
Nachtfeuer drehte den Kopf zu ihm. »Versucht Euch einmal in der Selbsterfahrung, nicht immer nur als distanzierter Beobachter«, riet er. »Ihr werdet zu erstaunlichen Ergebnissen kommen.«
Rowarn musterte Dàvin heiter. Auf eine gewisse Weise schien er nicht mehr so recht von dieser Welt zu sein. Seit er das Schwert hergegeben hatte, war eine Wandlung mit ihm vorgegangen.
War es so, wenn man die Fünfte Stufe betrat: sie war nur möglich durch Aufgabe alles Weltlichen? Hatten die Fyrgar sie deswegen nie erreicht, war Efrynn umso mehr die große Hoffnung? Nein. Es gibt keine Fünfte Stufe. Dieser Mann hat lediglich die Reife des Todes erreicht.
»Noch einmal eine kleine Reise ... ich freue mich«, stellte der große alte König abschließend fest und neigte leicht den Kopf. »Es war mir eine Ehre, Aldavinur von den Fyrgar.«
Nachtfeuer erhob sich, und der Fyrgar schluckte unwillkürlich, als das mächtige Geschöpf aufrecht wie ein Berg über ihm hochragte und einen gewaltigen Schatten warf. Er sprang auf und verneigte sich. Rowarn versuchte sich tapfer hochzustemmen, doch sein Vater griff ihm bereits unter die Achsel und zog ihn mühelos hoch. Aber das lag nicht nur an der Stärke des Widdergehörnten, der alte König schien kaum mehr als eine Feder zu wiegen.
Der Dämon hielt seinen Sohn so, dass es aussah, als würde er sich auf ihn stützen, und nicht umgekehrt. Dàvin sah, dass Rowarns Stiefel kaum den Boden berührten.
Die beiden alten Männer nickten dem Fyrgar zu und machten sich auf den Weg.
Dàvin sah den beiden legendären Wesen nach, bis sie durch eine Tür traten und verschwunden waren. »Lebt wohl«, flüsterte er ehrfürchtig.
Dann betrachtete er das Schwert in seiner Hand. »Sonne und Mond«, murmelte er zu sich. »Nicht Schatten.«
10.
Ein anderer Weg und erstaunliche Lehren
Dàvin befestigte die Schwertscheide an seinem Gürtel und fühlte beunruhigt das Gewicht der Waffe. Langsam verließ er den Tisch, ging die offene Holztreppe hinunter und auf den Haupteingang zu. Niemand beachtete ihn. Barastie, dachte er. Dorthin muss ich gelangen.
Normalerweise wurde man vom Haus dorthingeleitet, wohin man gehen musste.
Grauheit umfing ihn, als er aus der Tür trat, und für einen Augenblick wusste er nicht, welche Tageszeit herrschte. Dann sah er die Sonne vor dem westlichen Tor zur See und wusste, die Zeit stimmte mit der im Freien
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