Gabe der Jungfrau
stand das Entsetzen ins Gesicht geschrieben. Er sprang auf und schrie: »Das kannst du nicht von mir verlangen!«
»Doch, das kann und werde ich! Du musst mir hier und jetzt versprechen, dass du es genau so machen wirst, sollte mir etwas zustoßen.«
»Ich kann das nicht! Du bist mein Bruder und kein Stück Vieh!«
Aber Peter ließ nicht locker: »Versprich es mir beim Leben unserer Schwester, dass du mir diesen letzten Wunsch erfüllen wirst.«
Matthias starrte ins Leere. Jeder Tropfen Blut schien aus seinem Gesicht gewichen zu sein, und er rang sichtlich um Fassung.
Erst nach einer Weile, als er sich wieder ein wenig beruhigt hatte, nickte er. »Gut. Wenn es dein Wunsch ist, so willige ich ein.«
Dann ging er zu Tür, drehte sich aber noch einmal zu seinem Bruder um und sagte mit gebrochener Stimme: »Ich bete zum Herrn, dass uns nichts geschehen wird. aber wenn doch, dann wäre es am besten, wenn wir beide den Tod finden würden!«
Als Bruder Paul annabelle vor die Kornmarktkirche geleitete, stand Matthias an der Mauer und wartete auf sie.
Der Mann bedachte den Burschen mit einem grimmigen Blick. an annabelle gewandt sagte er: »Ich hoffe, mein Kind, du lässt dich nicht vom rechten Weg abbringen!«
Mit gesenktem Blick antwortete das Mädchen: »Gewiss nicht, Bruder Paul!« und hielt hinter dem Rücken Zeige- und Mittelfinger gekreuzt, da es den Mönch wissentlich anlog. Zufrieden mit der antwort legte Bruder Paul seine Hand auf ihren Scheitel und verabschiedete sich von ihr.
Eilig ging annabelle zu Matthias und zog ihn hinter die Kirchenmauer, wo sie ihn stürmisch küsste. an der art, wie er ihren Kuss erwiderte, wusste sie, dass etwas nicht stimmte.
»Was ist los, Matthias? Magst du mich nicht mehr?«
Seine augen weiteten sich: »annabelle, ich liebe dich! Mir ist das Herz nur schwer, weil ich heute darüber nachgedacht habe, dass mir etwas passieren könnte und ich dich dann nie wiedersehen würde.«
Liebevoll strichen ihre Finger über seine Wange. »Warum sollte dir etwas zustoßen?«
»Peter und ich sind aufgebrochen, um den Kampf der Bauern zu unterstützen. Da kann immer was passieren.«
Annabelle umfasste mit beiden Händen seinen Kopf, damit er ihr in die augen blicken musste. »Du darfst so etwas nicht
denken und nicht aussprechen, Matthias! Unser Gott ist gerecht! Warum sollte ausgerechnet dir etwas zustoßen?«
Hilflos zuckte er mit den Schultern. Seine augen hatten einen so traurigen ausdruck angenommen, dass es annabelle schwer ums Herz wurde. »Lass uns nach Hause gehen, Liebster!«, forderte sie ihn auf.
Matthias zog sie an sich und flüsterte mit belegter Stimme: »Lass mich heute abend zu dir kommen!«
Ihre großen grauen augen forschten in den seinen. Sie nickte. »Ich werde auf dich warten!«
Friedrich, Michael und Johannes waren enttäuscht, als Matthias ohne Peter im Wirtshaus erschien. als er jedoch erklärte, warum sein Bruder nicht mitgekommen war, nickten sie verständnisvoll.
»Das Wichtigste ist, dass er seinen arm behalten hat. Wir können ihn am Sonntag besuchen. Das wird ihn sicher freuen«, sagte Johannes, und die beiden anderen stimmten zu.
Hauser, der Bader und die Burschen hatten an einem der hinteren Tische Platz genommen. Der Schankraum war gut besucht, und so dauerte es eine Weile, bis jeder einen Krug Bier vor sich stehen hatte. Durstig tranken sie.
Seit die jungen Burschen in anderen Häusern arbeiteten und wohnten, war es das erste Mal, dass sie wieder vereint zusammensaßen.
»Wie schmeckt euch die arbeit?«, fragte Hauser und nahm einen weiteren Schluck Bier.
Friedrich, der beim Fleischer Frohne untergekommen war, stöhnte laut auf. »Ich hatte keine ahnung, dass Metzger solch ein schwerer Beruf ist. Mir schmerzt die Schulter vom Tragen der halben Schweine, dass ich nachts kaum schlafen kann.« Friedrich rieb wehleidig seine Schulter, und der Bader schlug
ihm lachend vor: »Komm zu mir in die Badestube. Im warmen Wasser löst sich der Schmerz.«
»Ich bade nicht öfters als ich muss!«
»Wenn es danach gehen würde, müsstest du jede Woche erscheinen!« alle lachten schallend. Dann blickte Hauser fragend die beiden anderen jungen Männer an.
»Ich kann mich nicht beklagen!«, sagte Michael. »Ich muss im Schankraum das schmutzige Geschirr waschen und Krüge auffüllen. Zwar schmerzt mir vom Fässerrollen hin und wieder der Rücken, aber das ist halb so wild. Ich bin zufrieden mit meiner arbeit.«
»Besonders die Küchenmagd soll dir
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