Gabe der Jungfrau
wäre keine Schande, wenn wir unverrichteter Dinge auf den Hof zurückkehren würden.«
»Nein!«, entgegnete Peter mit einer Heftigkeit, die Matthias erschreckte. »Wir werden für die Rechte der Bauern kämpfen – so wie Vater es uns befohlen hat. Bis es losgeht, werde ich vollständig genesen sein. Der Bader will mir helfen, dass ich meinen arm wieder beugen kann. Wir müssen nur etwas Geduld haben, Matthias! außerdem – was wäre mit annabelle, wenn wir nach Mehlbach zurückkehren würden?«, neckte Peter den Bruder.
Matthias lächelte verlegen und erhob sich. »Ruh dich aus, Bruderherz! Du siehst müde aus.«
Nach seinem Besuch bei Peter machte Matthias sich auf die Suche nach annabelle. In einer der Badestuben traf er sie schließlich an. annabelle rieb sich Hände und Gesicht an ihrer Schürze trocken und blickte lächelnd zu ihm auf. Ihre Wangen waren gerötet, und einzelne Haarsträhnen hingen ihr feucht ins Gesicht.
»Was machst du hier?«, fragte Matthias, da er nicht wusste, was er sonst sagen sollte.
»Ich habe das Zubehör gereinigt. Heute war aderlass.«
»Dein Vater hat Peter den Verband entfernt. Der arm ist zwar krumm gewachsen, aber mein Bruder ist guten Mutes, dass er ihn bald wieder beugen kann.«
Verlegen standen sie sich gegenüber und schwiegen.
»Wirst du heute abend mit den anderen ins Wirtshaus gehen?«, fragte annabelle schließlich.
Matthias nickte. »Kommst du mit?«
»Um Himmels willen! Der Vater würde es mir nie gestatten.« Wieder herrschte Stille.
Matthias blickte annabelle schüchtern an und näherte sich ihr langsam. als er dicht vor ihr stand, sah er die ader an ihrem Hals heftig pochen. auch er hatte das Gefühl, als ob das Blut
wild durch seinen Körper fließen würde. Ihre rosigen Wangen, ihre vollen Lippen, ihre Brustwarzen, die sich unter dem feuchten Kleid abzeichneten – all das rief in ihm das Verlangen hervor, sie endlich zu berühren und seine Lippen auf die ihren zu pressen. Vorsichtig strich er annabelle eine Haarsträhne aus dem Gesicht und berührte dabei leicht ihre Wange. annabelles Lippen bebten. Matthias drückte seinen Mund sanft auf den ihren. annabelle erwiderte den Kuss, und als Matthias’ Lippen fordernd wurden, stöhnte sie leise auf. Dann hörten sie Stimmen auf dem Gang und lösten sich rasch wieder voneinander. Keuchend blickten sie sich an. Ihre Wangen glühten wie im Fieber. als die Stimmen näher kamen, verließ Matthias die Badestube. Gerade rechtzeitig, denn der Bader und ein Gast, der zur ader gelassen werden wollte, betraten den Raum. annabelle tat geschäftig und wagte kaum aufzublicken.
»Ach Peter! Komm mit ins Gasthaus! Die Jungs würden sich freuen, dich wiederzusehen. Seit Wochen hast du kaum das Zimmer verlassen«, versuchte Matthias seinen Bruder umzustimmen.
»Nein, Matthias! Ich habe angst, dass ich mich stoßen oder mich jemand anrempeln könnte. Die Wunde ist zwar gut verheilt, aber noch empfindlich.«
Mitleidig sah Matthias seinen Bruder an, woraufhin Peter lachend sagte: »Schau nicht so betreten. Mir geht es gut. Schon bald bin ich wieder der alte und werde dich unter den Tisch trinken.« Dann wurde er ernst. »Matthias, ich muss mit dir reden!«
Erschrocken fragte sein Bruder: »Ist etwas passiert?«
Peter verneinte. »In den Wochen seit dem Überfall habe ich viel über unseren Eid nachgedacht«, sagte er dann.
Matthias wusste im ersten Moment nicht, was er meinte.
»Das Versprechen, das wir uns im Beisein von anna Maria am Grab unserer Mutter gegeben haben, dass keiner ohne den anderen heimkehren würde.«
Nun verstand Matthias. Peter fuhr fort: »Wir hoffen natürlich, dass wir beide zusammen und wohlbehalten nach Mehlbach zurückkehren werden. Doch wir müssen bedenken, dass einer von uns umkommen könnte. Wie schnell etwas geschehen kann, siehst du an mir.« Er zeigte auf den verletzten arm.
»Was willst du mir damit sagen?«, fragte Matthias erschrocken.
Peter holte tief Luft. »Wir müssen darüber reden, was mit dem Leichnam passieren wird, sollte einem von uns etwas zustoßen.«
Matthias setzte sich auf Peters Lager. Sein Gesicht war kalkweiß, und sein Körper zitterte, als fröre er. »Ich will weder darüber reden noch darüber nachdenken, dass einer von uns umkommen könnte!«, flüsterte er heiser.
Peter griff nach Matthias’ Hand. »Doch, Bruderherz, das musst du aber!« Dann erzählte er Matthias von seinem Plan, wie der Lebende den Toten nach Mehlbach bringen könnte. Matthias
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