Gabe der Jungfrau
obwohl sie gegen den adel kämpfen, kämpfen sie jedoch nicht für Gott. Rohrbach hat nicht die richtige innere Einstellung zu unserem aufstand. Er und seine Männer wollen durch abschreckende Gewalttaten ihr Ziel erreichen. Das zeigt auch, dass sich Rohrbach ausgerechnet mit Margarete Hofmann zusammengetan hat, die man auch die ›Schwarze Hofmännin‹ nennt. Sie ist von niederer Herkunft und als Hexe
verschrien. Und sie ist von brennendem Hass gegen die Obrigkeit erfüllt. Man erzählt, sie könne zaubern und habe Rohrbach in ihrer Gewalt. Da sie mit seiner Hilfe Rache an der Obrigkeit nehmen will, steht demnach das Schlimmste zu befürchten. aber nicht nur das! Es heißt, wenn sie einem Mann den Segen erteilt, sei er unverwundbar. So erbitten die Bauern reihenweise den Segen der Schwarzen Hofmännin und folgen ihr blind!«
Mit großen augen hatten die beiden Burschen Wismelers ausführungen gelauscht. Nachdenklich sah Hauser zu Müntzer, dessen in Falten gelegte Stirn nichts Gutes verhieß. aufgewühlt rief er: »Ich verabscheue solch frevelhaftes Verhalten und werde es nicht dulden. Wenn ich einen Jäcklein Rohrbach gewähren lasse, werden andere es ihm gleichtun, und unser aufstand könnte scheitern. Wie können wir auf Gottes Hilfe vertrauen, wenn wir Verbrecher und Hexen in unseren Reihen dulden?« Er hielt einen Moment inne und schien kurz nachzudenken. Dann wandte er sich Wismeler zu. »Ich werde einen Brief verfassen und ihn Rohrbach zukommen lassen. Darin werde ich ihn auffordern, sich uns anzuschließen und seinen falschen Weg zu verlassen. Denn er führt sein Schwert nicht im Sinne Gottes. Und niemand darf den vom Geist ergriffenen, den wahren Christen im Weg stehen!«
»Aber was machen wir, wenn Rohrbach nicht darauf eingeht?«, wollte Wismeler nun von Müntzer wissen.
Von einem Moment zum anderen flackerte Wut in Müntzers augen auf, und seine Stimme bekam einen furchterregenden Klang, als er sprach: »Ich bin wie Gideon, der Held des alten Testaments. Gideon hat die Götzendiener, die nicht nach Gottes Willen handelten, im eigenen Volk, ja sogar in der eigenen Familie bekämpft. Und so wie Gideon werde auch ich all jene bekämpfen, die vom Weg abgekommen sind.«
Kapitel 16
Die Wolfsjäger kehrten müde, durchgefroren und ausgehungert nach Burg Nanstein zurück.
Gerhild hörte die beiden bereits auf dem Weg in den großen Saal laut fluchen. Nur mit Mühe konnte sie sich ein Lachen verkneifen. Zehn Tage hatten die beiden Männer die falsche Gegend nach den Flüchtigen abgesucht. Zehn Tage, die Veit und anna Maria zu einem großen Vorsprung verholfen hatten.
Als Gerhild die Saaltür öffnete, saßen die Wolfsjäger mit Johann zusammen an einem Tisch. am ausdruck auf Johanns Gesicht erkannte Gerhild, dass er schlechte Laune hatte, und sie setzte sich wortlos neben ihn.
»Ihr wollt mir weismachen, dass ihr nicht eine einzige Spur von Veit und dem Weib gefunden habt?«, fragte Johann misstrauisch. Karius konnte nur stumm nicken, da er an einem Stück Fleisch kaute. »Schmeckt das gut!«, schwärmte er zwischen zwei Bissen und überging die Frage. »Das erste richtige Mahl, seit wir aufgebrochen sind.«
Hans sah seinen Wegbegleiter mürrisch an. Er labte sich lieber an dem heißen Würzwein, der seinen Körper wärmte. Die Nächte in den Wäldern waren kalt und feucht gewesen. Seine Glieder schmerzten, und der Wein betäubte langsam seine Sinne.
»Seid ihr auch in der Wolfsschlucht gewesen?«, fragte Johann und forschte in den Gesichtern der beiden Männer nach der Wahrheit. Wieder nickte Karius.
Johann wurde ungehalten. »Geht es auch deutlicher?«, zischte er.
Karius wischte sich mit dem Ärmel das Fett vom Mund und antwortete: »Wir waren überall. Stimmt doch, Hans?«
»Glaube mir, Johann, wir haben jeden Winkel, jede Höhle in diesem gottverdammten Wald abgesucht. Das Einzige, was wir
fanden, waren seltsame Zeichnungen an einer Höhlenwand. Doch nicht eine Spur von deinem Bruder und der Seherin.«
»Verflucht!«, brüllte Johann. Erregt sprang er auf und ging im Saal auf und ab. »Irgendwo müssen sie doch geblieben sein!«
Plötzlich sagte Karius, der sein Mahl schmatzend beendet hatte: »Vielleicht sind sie nicht in diese Richtung gegangen!«
Hans schaute ihn aus glasigen augen an. »Wo sollen sie denn sonst hin sein? Horch, was ich dir sage, ich kenne Veit! Er wird die Wölfe in Sicherheit bringen wollen!«
»Wölfe?«, fragte Gerhild ungläubig. Johanns augen funkelten den alten
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