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Gabe der Jungfrau

Gabe der Jungfrau

Titel: Gabe der Jungfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Zinßmeister
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los. Müntzers anhänger vertrieben die katholischen Geistlichen, Nonnen und Mönche, zerschlugen die Bilder in den Kirchen und plünderten die Vorräte in den Klöstern.

    Jacob Hauser war berauscht von Müntzers Reden und versäumte nicht eine einzige. auch heute saß er in der ersten Bankreihe der Marienkirche und ergötzte sich an Müntzers Worten.
    Wie immer stand dieser mit seinem pelzbesetzten Prophetenmantel auf der Kanzel, sauber rasiert, in dem Wissen, dass seine aufmachung die Wirkung seiner Worte noch verstärken würde.
    »Die Macht soll gegeben werden dem gemeinen Volk!«, rief er, und die Menschen jubelten ihm zu. Dann sah Müntzer einige
Zuhörer in den ersten Reihen eindringlich an, und als er sich deren aufmerksamkeit sicher war, fuhr er leise fort: »Deshalb musst du, gemeiner Mann, selber gelehrt werden, damit du nicht länger verführt werden kannst.«
     
    Nach Müntzers Predigt stand Hauser vor dem Portal der Kirche und sah, wie der Prediger ins Deutschherrenhaus ging, in dem er eine Wohnung bezogen hatte. Mutig folgte ihm Hauser.
    Müntzer hatte bemerkt, dass jemand hinter ihm her gekommen war. Er wandte sich zu Hauser um und fragte: »Was kann ich für Euch tun?«
    »Ich bin gekommen, um mich Euch anzuschließen, Herr Müntzer.«
    »Dann geht, guter Mann, und unterstützt die Bauern.«
    »Nein, das meine ich nicht. Ich möchte eine besondere aufgabe haben.«
    »Ich verstehe nicht recht, was Ihr wünscht.«
    »Ich habe damals Joß Fritz unterstützt …«
    »Welches amt hattet Ihr bei ihm?«, unterbrach ihn Müntzer mitten im Satz.
    »Ich war Fahnenträger!«
    Müntzer lächelte. »Das könnte die Fügung Gottes sein, denn ich werde eine Fahne anfertigen lassen – dreißig Ellen lang, aus glänzender Seide und in den Farben des Regenbogens. Wie ist Euer Name?«
    »Jacob Hauser.«
    »In wenigen Wochen wird diese Fahne fertig sein, und du, Jacob, wirst dann das Banner als Symbol der Verheißung vor uns hertragen dürfen.«
    »Warum ein Regenbogen?«
    »Ihr kennt die Sintflutgeschichte in der Bibel? Die Sintflut kommt, weil die Menschen sündig wurden. Nur Noah mit seiner Familie und den Tieren überlebte. Nach der Sintflut lässt
Gott einen Regenbogen am Himmel erstrahlen. Der Regenbogen ist das Zeichen für Gottes Bund mit den Menschen. Gott verspricht, dass nun, da eine neue, gottesfürchtige Zeit angebrochen ist, nie wieder eine Sintflut kommen wird. Doch wir, die auserwählten, haben einen neuen Bund mit Gott. Die Erhebung gegen den adel und die Papstkirche ist die neue Sintflut. Mit mir an der Spitze wird der Bauernaufstand die alte, korrupte, sündhafte Ordnung hinwegspülen. Der Regenbogen ist das Zeichen des Bundes der wahren Gläubigen mit Gott und auch das Zeichen des sicheren Sieges!«

    Hauser verbrachte von nun an mehr Zeit im Haus des Reformators als beim Bader. Er lernte all jene kennen, die bei Müntzer ein und aus gingen. So auch Heinrich Pfeiffer, der Pfarrer in der Nikolaikirche war. Rasch wurde Hauser klar, worin Müntzer und Pfeiffer sich unterschieden. Müntzer sah sich als der auserwählte, der Gesalbte, der von Gott gesandt war. Pfeiffer hingegen übernahm die Rolle Johannes des Täufers, des Verkünders.
     
    Eines Morgens kam Hauser hinzu, als Müntzer und Pfeiffer an einem Tisch in der Stube mehrere bedruckte Blätter studierten. Der Prediger sah kurz auf, wies stumm auf einen freien Platz und erklärte Hauser: »Das sind die zwölf artikel, die die Bauern in Memmingen aufgestellt haben. Überall im Land werden sie nachgedruckt.«
    Als Hauser nicht antwortete, zog Pfeiffer spöttisch eine augenbraue hoch und sagte: »Du weißt anscheinend nicht, was sie bedeuten.«
    Hauser sah Pfeiffer grimmig an, woraufhin der Pfarrer milde lächelnd erklärte: »Die Bauern im Schwabenland haben ihre Beschwerden aufschreiben lassen. Mehr als dreihundert Eingaben kamen zusammen, die in den wesentlichen Punkten
übereinstimmen. Diese Übereinstimmungen wurden zu zwölf artikeln zusammengefasst.«
    »Die da lauten?«, knurrte Hauser.
    »Das Übliche: abschaffung der Leibeigenschaft und des kleinen Zehnten. Freie Jagd, Fischfang und Holzung. Verringerung der Frondienste und so weiter. Du kennst solche Forderungen sicher noch aus deiner Zeit beim Bundschuhaufstand.«
    Hauser nickte. Müntzer wurde ungeduldig und sagte: »Nun ist es gut damit. Widmen wir uns lieber unseren aufgaben – der absetzung des Stadtrates.« Überrascht blickte Hauser auf.
    »Dank dir, Heinrich, muss sich der Rat

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