Gabe der Jungfrau
sich gegen meine Männer gewehrt hat – wagemutig, ohne angst in diesen blauen augen, die dich verraten haben«, sagte Kilian lachend. »Du warst schlau, anna Maria unsere Losung anzuvertrauen und ihr das Zeichen in den Stab zu ritzen. auch ihr die Namen unserer alten Verbündeten, den Gasthauswirten, zu nennen – hervorragend, dieser Einfall. Sie alle werden deiner Tochter helfen, dessen kannst du dir sicher sein.«
Stolz hörte Hofmeister dem Landsknecht zu. Bis zum späten Mittag schwelgten die Kameraden in Erinnerungen, und Kilian erfuhr nun auch, wie aus seinem Freund Joß Fritz der Bauer Daniel Hofmeister geworden war.
»Niemand hat jemals Verdacht geschöpft?«
»Niemand!«, antwortete Hofmeister ernst.
»Unglaublich!«, sagte Kilian erstaunt. »auch unsere Männer haben nie gewusst, wohin du plötzlich verschwunden bist. Und du weißt, dass einige hervorragende Kundschafter sind. Die unglaublichsten Gerüchte kamen so zustande. Selbst Else …«, erschrocken verstummte des Landsknecht. Bei der Erwähnung des Namens war Hofmeister zusammengezuckt, doch rasch hatte er seine Gefühle wieder im Griff.
Beide Männer hingen einige augenblicke ihren Gedanken nach. Dann fragte Hofmeister: »Weißt du, was aus Else geworden ist?«
»Es ist eine Weile her, als ich sie das letzte Mal gesehen habe. Ich hatte sie nach dem missglückten zweiten aufstand
aufgesucht, weil ich dich sprechen wollte, aber du warst verschwunden.« Forschend blickte Kilian in Hofmeisters Gesicht und sagte: »Du weißt, dass Else kein Kind von Traurigkeit ist!«
»Ja«, antwortete Hofmeister, »und deshalb habe ich mich nie um sie gesorgt. Else wusste immer, in welchem Bett sie Unterschlupf finden konnte.«
»Darf ich dir eine Frage stellen, Daniel?« Kilian schmunzelte, als er den fremden Vornamen wählte.
Hofmeister nickte.
»Wie ist das, wenn man mit zwei Frauen gleichzeitig verheiratet ist und zwei Leben führt?«
Hofmeister blickte seinen einstigen Weggefährten ungläubig an.
»Du willst mich wohl nicht glauben lassen, ich hätte vergessen, dass du dich ebenfalls mit zwei Frauen vergnügt hast. Ich erinnere dich an die Witwe, die in dir schon ihren nächsten Ehemann gesehen hat. Kaum hattest du ihr Bett verlassen, bist du unter die Decke der Metzgerstochter geschlüpft.«
Lachend machte Kilian eine wegwerfende Handbewegung. »O ja, daran erinnere ich mich gut. Ich glaubte damals, dass ich sterben würde, weil ich am Ende meiner Manneskraft war. aber das kann man nicht mit deinem Leben vergleichen. Ich war immer nur der Landsknecht Kilian, der hin und wieder sein Vergnügen in zwei verschiedenen Betten gesucht hat. Doch du hast zwei voneinander unabhängige Leben geführt. Hier in Mehlbach bist du ein gewöhnlicher Bauer mit Eheweib und Kindern. In Untergrombach hingegen hattest du eine Frau, die mit dir Seite an Seite kämpfte. Else hat Joß Fritz vergöttert, und adel und Klerus haben ihn gefürchtet. Warum hast du dich für das langweilige Leben eines Bauern entschieden?«
Nachdenklich starrte Hofmeister auf einen Punkt an der Wand. Diese Frage hatte er stets vermieden, da es darauf keine einfache antwort gab. Dann sah er seinen alten Freund wieder
an. »Vielleicht, weil ich die vielen Misserfolge und die vielen Toten nicht mehr ertragen konnte.«
Es war Nachmittag geworden, und Kilian wollte aufbrechen. Hofmeister begleitete ihn ein Stück weit, und so ritten die beiden Männer Seite an Seite langsam einen kleinen Hang unweit vom Hof hinauf.
»Ich bin froh, Joß, dass ich meinem Gefühl gefolgt bin und dich aufgesucht habe.« Hier draußen, wo sie niemand belauschen konnte, benutzte Kilian Hofmeisters richtigen Namen.
»Ja, auch ich habe mich gefreut, dich nach so langer Zeit wiedergesehen zu haben, Kilian. Du weißt, dass du niemandem von unserem Treffen erzählen darfst?«
»Keine Bange, dein Geheimnis ist bei mir sicher.«
»Wohin wirst du gehen, Kilian?«
»Wir planen, zuerst nach Stuttgart und dann weiter nach Basel zu ziehen.«
Auf der Kuppe nahe dem Volzenhof hielten beide ihre Pferde an. Nur unweit vor ihnen lag das Dörfchen Schallodenbach. Nachdenklich schweifte Hofmeisters Blick über die Landschaft.
»Nach Stuttgart«, flüsterte er.
Kilian beobachte ihn. auch ohne Worte wusste er, an wen sein alter Freund dachte, und ein Schatten fiel über sein Gesicht.
»Joß, komm mit uns. Sei wieder unser anführer. Was hält dich noch hier? Deine Frau ist von dir gegangen, deine Kinder sind fort und auf dem
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