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Gabe der Jungfrau

Gabe der Jungfrau

Titel: Gabe der Jungfrau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: D Zinßmeister
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Hof wirst du nicht mehr gebraucht. aber wir, wir brauchen dich, haben dich immer gebraucht. Keiner, der nach dir kam, konnte dir das Wasser reichen. Niemand hat deine Fähigkeiten, Joß. Nicht einer konnte die Männer so mit seinen Reden begeistern wie du.«
    Daniel Hofmeister blieb seinem Freund eine antwort schuldig. Nur mit Mühe konnte er ein gleichgültiges Gesicht aufsetzen, denn die Erinnerung an Stuttgart raubte ihm den atem.

    Als Kilian erkannte, dass er seinen alten Freund nicht würde umstimmen können, fügte er hinzu: »In einer Woche werden wir uns mit einigen anderen in Neustadt im ›Goldenen Ochsen‹ treffen. Du kennst den Wirt dort ebenfalls, es ist …«
    »… Melchior Spindler!«
    Lächelnd nickte Kilian.
    »Ich werde dort einen Tag und eine Nacht auf dich warten, Joß!«
    Kilian hob die Hand zu einem letzten Gruß, wendete sein Pferd und galoppierte den Hang hinunter. Joß Fritz schaute ihm nach, bis er nur noch als kleiner Punkt zu erkennen war, und ritt dann zum Hof zurück, um dort wieder in die Rolle des Daniel Hofmeister zu schlüpfen.

Kapitel 9
    Als anna Maria die kleine anhöhe erreicht hatte, konnte sie das Waldgebiet, das sich sanft an einen Hang schmiegte, vor sich liegen sehen. Wie Wendel und Götze prophezeit hatten, würde sie am späten Nachmittag bei der Kastanienlichtung sein.
    »Zum Kastanien-Martin musst du gehen. Er wird dir alles erklären. Kein anderer kann dir das Zeichen des Schmugglerweges zeigen«, hatten die beiden Männer ihr anvertraut. Götze packte ihr für Martin eine Speckseite und einen Laib Brot in den Beutel und schmunzelte. »Das wird seine Laune heben!«
     
    Anna Maria überquerte die Lichtung, an deren Ende der Wald begann. Kurz davor konnte sie den Kastanienhain sehen, der Martin seinen Namen gegeben hatte.
    Eine feine Rauchfahne zeigte anna Maria, wo die Hütte des Bauern und seiner Familie stand. Zielsicher ging sie darauf zu.

    Zwei Ziegen waren jeweils an einen Pflock unweit der einfachen Behausung angebunden. Meckernd kauten sie Gras. Ein kleiner Junge, den anna Maria auf zwei Jahre schätzte, saß vor der Feuerstelle und stocherte mit einem Stock in der Glut. Seine Hände und sein Gesicht waren schwarz von Ruß, und auch in den hellen Haaren des Kindes konnte anna Maria dunklen aschestaub erkennen. Zutraulich blickte der Junge zu ihr auf und leckte sich die schmutzigen Finger. als anna Maria das Kind nach den Eltern fragen wollte, hörte sie ein lautes Stöhnen aus der Hütte. Erschrocken trat sie an die Türöffnung, als ihr ein ekelhafter Geruch den atem raubte. angewidert drehte sie den Kopf zur Seite und schnappte nach frischer Luft. In diesem Moment erblickte sie eine Frau, die mit einem Bündel Ästen auf den Schultern aus dem Hain heraustrat. Ein etwa achtjähriger Junge, ebenfalls mit einem Bündel Zweigen auf dem Rücken, folgte ihr.
    »Wer seid Ihr?«, rief die Frau schon von weitem.
    Anna Maria wartete, bis die Frau näher gekommen war, dann antwortete sie: »Der Wirt Götze schickt mich!«
    »Weshalb sollte Götze eine Dirne schicken?«, fragte die Frau und ließ die zusammengebundenen Zweige auf den Boden gleiten. Herausfordernd stemmte sie die Hände in die Hüften und sah die junge Besucherin abschätzig an. auch anna Maria musterte die Frau, die hager und abgearbeitet wirkte und die dunkle Schatten unter den augen hatte. Ihr braunes Haar, das mit vielen grauen Fäden durchzogen war, war mit einem Tuch zusammengebunden. Der Junge beachtete anna Maria nicht, sondern sagte leise: »Ich habe Hunger, Mutter!«
    Mit einem tiefen Seufzer griff die Frau in die Schürzentasche. »Hier, das sind die letzten Kastanien, Kaspar. Teile sie mit deinem Bruder. Schau auch, ob die Ziege Milch gibt.«
    »Ich bringe Euch Speck und Brot«, sagte anna Maria und reichte der Frau den Beutel. Ungläubig nahm diese das Gastgeschenk
entgegen, als wieder ein langgezogenes Stöhnen aus der kleinen Hütte an ihr Ohr drang. Verzweifelt sah die Frau zur Tür. Sie ging einige Schritte auf die Hütte zu, blieb dann aber wie angewurzelt stehen. Erst als ihr Sohn erneut nach Essen quengelte, schien sie zu erwachen.
    »Ich kann Euch für das Brot und den Speck nichts zahlen!«
    »Ich sagte bereits, dass Götze mich mit der Verpflegung schickt. Ihr könnt Euren Kindern unbesorgt von dem Brot und Speck geben. auch bin ich keine Dirne, sondern jemand, der Eure Hilfe braucht. aber sagt, wer liegt in Eurer Hütte?«
    Die Frau antwortete zunächst nicht, sondern gab ihren

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