Gabriel - Duell der Engel
weiÃt schon.«
ScheiÃe, das hatte ich total vergessen. Sonja hatte sich für die Tage, an denen sie die Schule geschwänzt und sich um mich gekümmert hatte, zwei Wochen Hausarrest eingehandelt. Irgendwie machte mich das gerade ziemlich wütend. Obwohl â Hausarrest war gar nicht so schlecht. Es wäre naiv gewesen, von Sicherheit zu sprechen, denn die war nur eine Illusion. Aber zumindest schien es mir im Haus nicht ganz so gefährlich zu sein wie drauÃen auf der StraÃe.
»Aber ich möchte nicht, dass du heute Nacht alleine bist«, rutschte mir heraus. Mist.
Sonja sah mich erstaunt an, blickte mir tief in die Augen. Fand die schwere Sorge darin. Dabei hatte ich sie doch so gut vergraben.
»Gabriel, wieso hast du solche Angst um mich?«, fragte sie nervös. »Es gibt doch keinen Grund dazu, oder?«
»Nein, ich ⦠also, weiÃt du â¦Â« Was sollte ich ihr nur sagen? »Ãhm ⦠das klingt albern, aber ⦠die ganzen Unfälle in letzter Zeit. Das ist doch nicht normal. Irgendetwas stimmt hier nicht. Kinder sterben. Auf total widerwärtige Weise. Ich meine, es könnte jeden treffen. Ich hab einfach Angst, dass es dich â¦Â« Mir stockte der Atem. Ich wagte es nicht, ihr in die Augen zu sehen. Hatte Angst, sie würde erkennen, dass ich nicht die ganze Wahrheit gesagt hatte. Dass es einen sehr viel konkreteren, sehr viel gefährlicheren Grund für meine Sorge gab.
Doch sie glaubte mir. »Gabriel, ich pass schon auf mich auf.« Schmiegte sich an mich. Ihr Kopf lag warm auf meiner Brust. Fühlte sich gut an. So gut. »Aber du hast recht, diese Unfälle ⦠Das ist schon mehr als merkwürdig. Ich habe auch noch nie von so etwas gehört. AuÃer in irgendwelchen Science-Fiction-Filmen, in denen ein merkwürdiger Selbstmordvirus die Menschen befällt. Aber sonst â¦Â« Sie schwieg. Als sie wieder zu sprechen begann, klang ihre Stimme dünn und leise. »Geht bestimmt bald vorüber. Als wäre es tatsächlich ein Virus. Eine Grippewelle.« Seraphin, der Virus. Klang sogar ein bisschen lustig. Nahm ihm etwas von seiner Bedrohung. Aber ich merkte, dass Sonja sich selbst nicht glaubte. Dass sie es nur hoffte. So sehr. Ich hoffte mit. Und wusste, dass ich der Einzige war, der diese Hoffnung erfüllen konnte.
»Wir sind da«, sagte Sonja plötzlich. Ich blickte auf. Rechts neben uns stand ihr Haus. Ragte groà und weià zwischen den übrigen hervor. Fast schon bedrohlich. Da musste ich doch Angst haben, wenn sie da reinging!
»Danke fürâs Heimbringen!« Sie schlang ihre Arme um meinen Nacken und gab mir einen langen Kuss. Ich genoss ihn. Stellte mir unwillkürlich vor, es wäre mein letzter. Nein, so durfte ich nicht denken!
Sonja löste sich von mir. »Wenn ich in zwei Wochen hier raus bin«, hauchte sie, »gehen wir Eis essen. Versprochen?«
»Was auch sonst?«, flüsterte ich zurück. Lächelte. Meine Sonja. Wieder wünschte ich mir ihre Sorgen. »Versprochen.« Ich berührte sanft ihre Lippen. Sie stupste meine Nase an. Küsste mich noch mal schnell auf die Wange. »Ich muss jetzt. Meine Eltern beobachten uns bestimmt schon aus dem Fenster.« Sie drehte sich um und winkte übertrieben freundlich zu ihrem Haus herüber. Tatsächlich konnte ich hinter einem der Fenster im zweiten Stock eine leichte Bewegung erkennen. Oder hatte ich mir das nur eingebildet?
Sonja lief ein paar Schritte rückwärts. Warf mir eine Kusshand zu. Ich fing sie auf und hielt sie fest. Ganz fest. Wollte sie nie wieder loslassen.
Als Sonja im Haus verschwunden war und ich sie nicht mehr sehen konnte, fühlte ich mich, als hätte ich sie für immer verloren.
Einsam, traurig, verzweifelt. Was sollte ich nur tun?
29. Mai, 02:16 Uhr
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»Ich habe nun gesehen, was ich werden muss, um jemanden wie ihn aufzuhalten.«
Danke, Batman. Würde ich dich nicht so unglaublich peinlich finden, würde ich denken, einen Verbündeten zu haben. Aber du hast leider keine Ahnung.
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Ich hatte nichts gesehen. Meine Gedanken waren frei (leider) und konnten sich so einiges ausmalen, aber sehen konnte ich nichts. Gut, vielleicht lag das auch an der Dunkelheit. Nachts um zwei ist es manchmal dunkel.
Seit heute Nachmittag saà ich vor Sonjas Haus. Hielt Wache. Hatte mich hinter dem Passat ihrer Nachbarn zusammengerollt und hielt Augen und Ohren offen.
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