Gäbe es die Liebe nicht
aber Sie müssen einsehen, dass man eine Bank nicht auf der Grundlage von Gefühlen führen kann.“
Daniel blies eine Rauchwolke über den Schreibtisch. Um seinen Mund lag ein Lächeln, aber hätte Bombeck genauer hingesehen, wäre ihm nicht entgangen, wie eisig Daniels Blick war. „Ist das so, Bombeck? Danke für den Hinweis.“
Bombeck befeuchtete sich die Lippen. „Als Direktor der Old Line …“
„Einer Bank, die vor einem Monat, als ich sie kaufte, so gut wie pleite war.“
„Ja.“ Bombeck räusperte sich erneut. „In der Tat, Mr. Mac-Gregor, und genau das ist der Punkt. Ich bin seit fünfzehn Jahren im Bankgewerbe.“
„Fünfzehn?“ Vierzehn Jahre, acht Monate und zehn Tage. Er kannte die Daten aller seiner Angestellten, bis hinunter zur Reinmachefrau. „Sehr schön, Bombeck. Verlängern Sie den Hallorans also ihren Kredit.“ Daniel machte eine Kunstpause. „Und senken Sie die Rate ab nächsten Monat um ein viertel Prozent.“
„Aber…“
„Und wir erhöhen die Zinsen auf Sparkonten auf das zulässige Höchstniveau.“
„Mr. MacGregor, das bringt Old Line tief in die roten Zahlen.“
„Kurzfristig“, entgegnete Daniel. „Langfristig werden wir das durch ein größeres Volumen ausgleichen. Old Line wird die niedrigsten Hypothekenzinsen im Staat haben.“
Bombeck schluckte schwer. „Ja, Sir.“
„Und die höchsten Sparzinsen.“
„Dadurch werden wir in spätestens sechs Monaten …“
„Das führende Kreditinstitut im Staat sein“, unterbrach Daniel ihn gelassen. „Gut, dass wir uns einig sind. Wir werden in den Zeitungen für uns werben.“
„Werben“, murmelte Bombeck wie im Traum.
„Große Anzeigen, auffallend, aber nicht protzig“, fuhr Daniel fort. „Lassen Sie sich etwas einfallen, und legen Sie es mir vor. Sagen wir, bis morgen zehn Uhr.“
Bombeck brauchte ein paar Sekunden, bis er begriff, dass das Gespräch beendet war. Wie benommen schob er seine Papiere zusammen und stand auf. Als er hinausging, drückte Daniel seine Zigarre aus.
Die Old Line brauchte einen jüngeren, unverbrauchten Direktor. Jemanden frisch vom College, mit mehr Mut und neuen Ideen. Aber Bombeck war zu lange bei der Bank, als dass man ihn einfach so entlassen konnte. Für Daniel war Loyalität keine leere Floskel. Vielleicht sollte er für Bombeck eine neue Position schaffen.
Bankiers mussten lernen, dass es zu ihrem Geschäft gehörte, Risiken einzugehen. Daniel erhob sich, ging ans Fenster und blickte auf Boston hinaus. Das Geld, das er verdient hatte, konnte er ebenso gut wieder verlieren. Er zuckte mit den Schultern. Dann würde er es eben ein zweites Mal verdienen. Die Macht, die er besaß, konnte vergehen. Er würde sie erneut erwerben. Aber es gab etwas, das sich nicht ersetzen ließ, wenn er es verlor. Anna.
Wann hatte sie aufgehört, zu einem Posten in seiner Lebensplanung zu werden, und angefangen, sein Dasein zu bestimmen? Wann hatte er sich in sie verliebt? Als sie sein Gesicht zwischen ihre Hände genommen, ihm tief in die Augen geschaut und seinen Mund mit ihrem berührt hatte. Seitdem war es mehr als ein Reiz, mehr als Verlangen, mehr als eine Herausforderung.
Diese verflixte Frau. Er sah auf die Uhr. Ihr Arbeitstag im Krankenhaus war fast vorbei. In etwas weniger als einer Stunde hatte er eine Besprechung auf der anderen Seite der Stadt. Fest entschlossen, sein Leben nicht nach dem Terminplan eines anderen Menschen auszurichten, setzte er sich wieder an den Schreibtisch und griff nach Bombecks Bericht. Nach dem ersten Absatz warf er ihn hin. Schnaubend stürmte er aus seinem Büro.
Sie war den ganzen Tag auf den Beinen gewesen, und Anna sehnte sich na ch einem heißen Bad und einem ruhigen Abend mit einem guten Buch. Vielleicht würde sie in der Wanne darüber nachdenken, wie sie ihre neue Wohnung einrichten sollte. Aber erst einmal freute sie sich auf das weiße Cabrio, das draußen auf dem Parkplatz auf sie wartete. Es bedeutete ihr mehr als nur die Erleichterung, nicht mehr nach Hause laufen zu müssen. Es bedeutete Unabhängigkeit.
Während sie die Klinik verließ, holte sie voller Vorfreude die Wagenschlüssel aus ihrer Handtasche, warf sie hoch und fing sie wieder auf. Sekunden später stieß sie mit Daniel zusammen.
„Du hast nicht aufgepasst, wo du hingehst.“
Sie war glücklich gewesen, aber jetzt war sie noch glücklicher, weil sie ihn sah. Fast hätte sie es ihm gesagt. „Nein, habe ich nicht.“
Er hatte sich entschieden, wie er ab jetzt mit ihr
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