Gäbe es die Liebe nicht
vorgestellt?“ unterbrach sie ihn.
Das Wort gefiel ihm. „Ja. Auffälliger, farbenfroher. In Schottland hatten wir das Heidekraut und die wilden Rosen. Nicht die zahme Sorte, die man im Geschäft kauft, sondern die mit fingerdicken Stielen und Dornen, an denen man sich ernsthaft verletzen kann.“
Er ignorierte Annas Kopfschütteln, pflückte eine Blüte und steckte sie hinter ihr Ohr. „Zarte Blumen sind nett anzusehen, im Haar einer Frau zum Beispiel, aber wilde Rosen … sind zäh und langlebig.“
Sie fragte sich, wie eine wilde Rose wohl duftete und ob ein Mann wie Daniel sie zurückschneiden oder wuchern lassen würde. „Vermisst du Schottland?“
Er sah sie an und antwortete nicht sofort. „Manchmal. Die Klippen und die See und das Gras, das viel grüner ist als anderswo.“
Die Wehmut, die in seinen Worten lag, war unüberhörbar. Sie hätte nicht gedacht, dass man einem Land nachtrauern konnte, nur Menschen. „Wirst du dorthin zurückkehren?“ Sie wusste nicht, warum sie das wissen wollte und warum sie Angst vor seiner Antwort hatte.
Er schaute zur Seite, und in diesem Moment zuckte ein Blitz durch die Nacht. Ihr Herz schlug schneller. Im grellen Licht sah sein Profil einen Augenblick so aus, wie sie sich einen Wikinger vorgestellt hatte. Verwegen, rücksichtslos, unbesiegbar. Als er sprach, wuchs ihre Erregung noch. „Nein. Ein Mann muss sich rechtzeitig eine Heimat suchen.“
„Hast du dort keine Familie?“
„Nicht mehr.“ Sie glaubte, Schmerz in seiner Stimme hören zu können. Etwas Tieferes als nur nostalgische Sehnsucht. Doch seine Miene war ausdruckslos, als er den Kopf hob. „Ich bin der Letzte. Ich brauche Söhne, Anna.“ Er berührte sie nicht. Er brauchte es nicht zu tun. „Ich brauche Söhne und Töchter. Ich will, dass du sie mir schenkst.“
Warum erschienen seine Worte, so unverfroren sie auch waren, ihr plötzlich nicht mehr so empörend? Verunsichert ging Anna weiter. „Ich will mich nicht mit dir streiten, Daniel.“
„Gut.“ Er umfasste ihre Taille und wirbelte sie herum. „Wir fahren nach Maryland und heiraten morgen früh.“
„Nein!“ Obwohl sie es würdelos fand, versuchte sie, sich aus seinem Griff zu winden.
„Na gut. Wenn du eine große Hochzeit willst, warte ich eine Woche.“
„Nein, nein, nein!“ Warum sie es komisch fand, wusste sie nicht, aber sie musste plötzlich lachen, als sie sich gegen ihn stemmte. „Daniel MacGregor, unter all dem roten Haar verbirgt sich der dickste Schädel, den es gibt. Ich werde dich nicht morgen heiraten. Und auch nicht in einer Woche. Ich werde dich nie heiraten.“
Er hob sie hoch, bis ihre Gesichter auf einer Höhe waren. „Wollen wir wetten?“
Ihre Stimme war so kalt wie ein Bergquell. „Wie bitte?“
„Was für eine Frau“, sagte er staunend und küsste sie einfach. „Wenn ich kein Gentleman wäre, würde ich dich jetzt einfach über die Schulter werfen und mit dir durchbrennen.“ Er lachte und küsste sie erneut. „Stattdessen biete ich dir eine Wette an.“
Wenn er sie noch einmal küsste, würde sie den Verstand verlieren. Hastig hielt sie sich an seinen Schultern fest und setzte eine entrüstete Miene auf. „Daniel, lass mich sofort los.“
Er setzte sie ab, ließ sie aber nicht los. „Eine Wette.“
„Du weißt nicht, wovon du redest.“
„Du hast gesagt, ich sei ein Spieler, und du hattest Recht. Was ist mit dir?“
Sie stellte fest, dass ihre Hände an seiner Brust lagen, und nahm sie hastig weg. „Ganz sicher nicht!“
„Hah!“ Seine Augen blitzten herausfordernd. Und nahezu unwiderstehlich. „Jetzt lügst du aber. Eine Frau, die heut zutage Ärztin werden will, muss Spielerblut in den Adern haben.“
Damit hatte er nicht ganz Unrecht. Sie legte den Kopf schief. „Wie sieht die Wette aus?“
„Tapferes Mädchen.“ Am liebsten hätte er sie wieder hochgehoben, aber ihr Blick ließ es nicht zu. „In weniger als einem Jahr wirst du meinen Ring an deinem Finger tragen.“
„Werde ich nicht.“
„Wenn ich gewinne, wirst du die ganze erste Woche als meine Ehefrau in meinem Bett verbringen. Wir werden essen, schlafen und uns lieben.“
Wenn er sie schockieren wollte, hatte er sie unterschätzt. Anna nickte nur. „Und wenn du verlierst?“
„Das bestimmst du.“
Ihre Lippen zuckten. Diese Wette würde er bereuen. „Du spendest dem Krankenhaus Geld. Genug, um einen neuen Flügel zu bauen.“
„Abgemacht“, willigte er ohne das geringste Zögern ein.
Sie war
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