Gäbe es die Liebe nicht
sicher, dass er Wort halten würde, so absurd die Umstände auch waren. Feierlich streckte sie die Hand aus. Daniel nahm sie und führte sie an den Mund. „Um einen höheren Einsatz habe ich noch nie gespielt und werde es auch nie wieder tun. Jetzt lass mich dich küssen, Anna.“ Als sie zurückwich, hielt er sie fest. „Die Wette gilt, aber wie stehen die Chancen?“ Er fuhr mit den Lippen über ihre Stirn und fühlte, wie sie erschauerte. „Ja, meine geliebte Anna, wie stehen die Chancen?“
Langsam strich er mit dem Mund über ihre Haut, verlockend, versprechend, aber ohne sich ihrem zu nähern. Er ließ seine Hände an ihrem Rücken hinaufgleiten, streichelte den empfindlichen Nacken und kehrte wieder zu ihrer Taille zurück. Daniel spürte es sofort, als Anna ihrem Verlangen nachgab. Ihrem und seinem, das unaufhaltsam wuchs. Aber er ließ sich Zeit.
Der Donner grollte, aber sie nahm ihn kaum wahr, so laut klopfte ihr eigenes Herz. Und als ein Blitz aufflackerte, war es wie das Feuer in ihrem Blut. Was war Leidenschaft? Was war Verlangen? Was war das für ein Gefühl? Wie konnte sie das wissen, da doch noch kein Mann sie dazu gebracht hatte, dies alles so intensiv zu empfinden? Sie wusste, sie hätte ihn von sich schieben sollen, doch es war, als würden ihre Körper durch die Kleidung hindurch miteinander verschmelzen.
Es war herrlich. Als die Wärme sie durchströmte, wurde sie sich der Gefahr bewusst. Als ihre Muskeln sich entspannten, ließ sie es geschehen.
Sein Mund streifte ihren nur, anstatt zu verweilen, und mit einem Seufzer drängte sie sich an ihn.
Dann brach der Himmel auf, und der Regen ergoss sich über sie. Beschützend hob Daniel sie auf die Arme. „Du schuldest mir einen Kuss, Anna Whitfield“, rief er und stand einen Moment da, während der Regen sein Gesicht herabströmte. Die Blitze waren in seinen Augen. „Glaub ja nicht, dass ich das vergesse.“ Dann drückte er sie fest an sich und rannte zum Haus.
Am nächsten Tag fiel es Anna schwer, sich auf die Arbeit zu konzentrieren. Sie lief durchs Krankenhaus und musste ab und zu stehen bleiben, um zu überlegen, auf welcher Station sie sich gerade befand. Das beunruhigte sie. Das machte sie wütend. Wenn sie erst Ärztin war, durfte sie sich nicht so leicht aus der Fassung bringen lassen.
Aber jetzt musste sie immer wieder daran denken, wie Daniel sie durch den strömenden Regen ins Haus gebracht hatte. Wie er sie in den Salon getragen und die leise Bridgepartie unterbrochen hatte, um für sie Handtücher und einen Brandy zu verlangen. Louise Ditmeyer waren fast die Augen aus dem Kopf gefallen.
In einer Stunde war ihr Dienst zu Ende. Dann würde sie sich mit Myra treffen, um sich ihren neuen Wagen auszusuchen. Aber erst musste sie noch Mrs. Higgs besuchen. Auf dem Weg zum fünften Stock plante sie den Rest des Tages. Nach dem Autokauf würde sie Myra zum Essen einladen. Anschließend vielleicht eine kleine Ausfahrt, um das Auto zu testen. Voller Vorfreude stieß Anna die Tür zu Zimmer 521 auf und blieb wie angewurzelt stehen.
„Oh, Anna, wir fürchteten schon, Sie würden nicht mehr kommen.“ Mit leuchtenden Augen setzte Mrs. Higgs sich auf. Auf dem Tisch stand ein Strauß roter Rosen. Frisch, wunderschön und herrlich duftend. Am Bett saß wie ein Verehrer Daniel MacGregor.
„Ich habe Ihnen doch gesagt, dass Anna nie gehen würde, ohne vorher nach Ihnen zu sehen.“ Daniel stand auf und bot ihr einen Stuhl an.
„Nein, natürlich nicht.“ Verwirrt trat Anna ans Bett. „Sie sehen heute viel besser aus.“
Mrs. Higgs tastete über ihr Haar. Die junge rothaarige Schwester hatte ihr am Morgen geholfen, es zu bürsten. „Wenn ich gewusst hätte, dass ein Mann zu Besuch kommt, hätte ich mich ein wenig hübscher gemacht“, sagte sie und warf Daniel ein geradezu schmachtendes Lächeln zu.
„Sie sehen bezaubernd aus“, versicherte er ihr und nahm ihre schmale Hand.
Er klang, als würde er es ernst meinen, und in Mrs. Higgs Augen blitzte eine Mischung aus Dankbarkeit und Stolz auf.
Anna ging ans Fußende und versuchte, unauffällig im Krankenblatt zu lesen. „Die Blumen sind wunderschön. Du hast nicht erwähnt, dass du ins Krankenhaus kommst, Daniel.“
Er zwinkerte Mrs. Higgs zu. „Ich liebe Überraschungen.“
„Ist es nicht nett von Ihrem jungen Mann, mich zu besuchen?“
„Er ist nicht …“ Anna verstummte und sprach sanfter weiter. „Ja, das ist es.“
„Ich weiß, Sie beide wollen weiter, also werde ich
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