Gaelen Foley - Knight 02
klammerte sich an ihm fest, als ginge es um ihr Leben.
„Pssst“, flüsterte er. „Jetzt ist alles gut.“
Sein Herz schlug immer noch dröhnend laut. „Du lebst“, stieß sie hervor und betrachtete ihn. „Du bist ja ganz nass.“ Er küsste sie auf die Stirn, umfing ihr Gesicht dann mit den Händen und schaute sie an. In seinen Augen glänzte wil- de Siegeslust.
Sie zog ihn zu sich herunter, um ihn zu küssen, und es war ihr ganz egal, ob sie jemand beobachtete. Er lebte, und er hatte ihr das Leben gerettet. Sie beendete den Kuss schließ- lich, immer noch zitternd von den Nachwirkungen des Schocks. Sie klammerte sich an seine Rockaufschläge.
„Lucien, du musst Weymouth aufhalten! Er will mir Har- ry wegnehmen!“
„Ach ja?“ Er warf dem schmächtigen Viscount einen Blick zu, ließ sie los und schlenderte langsam zu Weymouth hinü- ber. Angesichts der finsteren, bedrohlichen Miene wurde der ungepflegte kleine Mann bleich.
„Also, äh, wissen Sie ... das war nur so eine Idee. Hier. Ich bin sicher, dass er hier in den besten Händen ist.“ Eilig über- gab Weymouth den kleinen Jungen Alice.
„Lämmchen“, hauchte sie und hielt ihn fest.
Weymouth musterte Lucien angsterfüllt und wich zu sei- ner Kutsche zurück. Dann stieß er ein nervöses Lachen aus. „Vielleicht bin ich in dieser ... dieser Zeit nicht der, äh, beste Vormund für Harry. Natürlich steht mein Name im Testa- ment, aber wenn Harry glücklicher ist ... also, ich meine, ich will ja nur …“, er blickte von Bardous Leiche zu Lucien und schluckte, „... ja nur das Beste für meinen kleinen Neffen. Ich schau mal wieder vorbei, wie es ihm geht ...“
„Verschwinden Sie“, knurrte Lucien.
„Bin schon weg!“ Weymouth sprang in seinen Wagen und gab dem Kutscher eilig das Zeichen zur Abfahrt.
Alice hielt Harry fest umschlungen und beruhigte ihn. Als Weymouths Wagen zum Tor hinausrollte, wandte Lucien sich zu ihr um und sah sie und Harry einen Moment voll stillem Besitzerstolz an. Alice erwiderte den Blick dankbar und be- wundernd. Der Sieg über Bardou mochte zwar die schwieri- gere Aufgabe gewesen sein, aber sie war ihrem Helden vor allem dafür ewig dankbar, dass er Harry von Weymouth zu-
rückgeholt hatte. Er ging zu ihnen und schloss sie beide in die Arme. Dann küsste er erst sie, dann Harry auf die Stirn und wisperte: „Weine nicht, mein Junge.“
„Er kann nicht anders“, meinte Alice entschuldigend, da Weymouth dem Knaben furchtbar Angst gemacht hatte, doch zu ihrer Überraschung hörte Harry bei Luciens sanften Worten abrupt zu weinen auf.
Harry blinzelte und wandte sich, den Finger im Mund, an Lucien. Staunend sah Alice mit an, wie Harry die Arme nach Lucien ausstreckte, um von ihm gehalten zu werden.
„Ich bin ganz nass, Harry.“
Der Junge fing an sich zu winden und streckte Lucien die Ärmchen noch dringender entgegen. Lucien wurden die Au- gen feucht, als er Harry vorsichtig auf den Arm nahm. „Tap- ferer kleiner Kerl“, murmelte er rau.
„Gehen wir rein“, flüsterte Alice. In ihren Augen glänzten Tränen der Liebe für den Knaben und den Mann.
Lucien legte ihr den anderen Arm um die Schultern. Zu- sammen, eng umschlungen, gingen sie auf den warm er- leuchteten Säulenvorbau zu.
Dann sagte Alice voll Sorge zu ihm: „Lucien, beinahe hät- te ich es vergessen ... mit Damien stimmt etwas nicht. Er ist oben. Du musst ihm helfen.“
Gerade hatte er Harry liebevoll an sich gedrückt, doch bei diesen Worten übergab er ihr eilig das Kind. „Was ist pas- siert?“
„Ich bin mir nicht sicher. Die ganze Böllerei schien ihn ir- gendwie durcheinander zu bringen. Ich hatte den Eindruck, er glaubte, wieder im Krieg zu sein.“
Lucien starrte sie an und nickte. Gerade als er ins Haus ge- hen wollte, hörten sie hinter sich Hufgetrappel.
„Lord Lucien!“
„Da ist er ja!“
„Mylord, Sie leben noch!“ Marc und die anderen kamen zum Tor geritten und schwangen sich aus dem Sattel.
Lucien winkte ihnen zu, doch sie wusste, dass er jetzt un- bedingt zu Damien gehen wollte. „Richte ihnen aus, dass sie sich um Bardou kümmern und den Konstabler verständigen sollen. Marc weiß, was zu tun ist.“
Alice nickte. Er beugte sich noch einmal herunter und küsste sie auf die Wange, dann lief er hinein und stieg die
Treppe empor, um zu sehen, ob er seinem Bruder helfen kön- ne. Sie folgte ihm in die Eingangshalle, damit Harry nicht mehr der kalten Nachtluft ausgesetzt war. Ihr Neffe schnief- te inzwischen
Weitere Kostenlose Bücher