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Gai-Jin

Gai-Jin

Titel: Gai-Jin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Clavell
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hierherkommen, um dem Kaiser einen Staatsbesuch abzustatten. Alle Shishi erhalten daher Anwe isung, sich sofort hier einzufinden, damit geplant wird, wie man ihn aufhalten, umbringen und dann die Palasttore in Besitz nehmen kann. Katsumata hatte mit seinem Codenamen unterzeichnet: Rabe.
    Hiraga hatte mit Ori beratschlagt, was zu tun sei, und sich entschieden, hierher nach Edo zurückzukehren. Weil er wütend darüber war, daß die Gai-Jin den Ältestenrat hintergangen und ausgeschaltet hatten, war er entschlossen, die britische Gesandtschaft im Handstreich zu nehmen. »Kyōto kann warten, Ori. Wir müssen unseren Kampf gegen die Gai-Jin fortführen. Wir dürfen ihnen keine Ruhe lassen, bis sie endlich Edo beschießen. Um Kyōto und den Shōgun sollen sich die anderen kümmern.« Er hätte Ori mitgenommen, aber Ori war hilflos; seine Wunde hatte sich verschlimmert, und es gab weit und breit keinen Arzt, der ihm geholfen hätte. »Was ist mit deinem Arm?«
    »Wenn es unerträglich wird, werde ich Seppuku begehen«, hatte Ori erwidert – fast lallend von dem vielen Saké, den er trank, um die Schmerzen zu lindern, als sie zu dritt – er, Ori und die Mama-san – gemeinsam einen Abschiedstrunk einnahmen. »Mach dir keine Sorgen.«
    »Gibt es nicht einen anderen Arzt, einen zuverlässigen?«
    »Nein, Hiraga-san«, sagte Noriko, die Mama-san, mit sanfter Stimme. Sie war eine zierliche Frau von fünfzig Jahren. »Ich habe sogar einen koreanischen Akupunkteur und einen Kräuterarzt kommen lassen, beide gute Freunde von mir, aber die Umschläge haben nichts genutzt. Es gibt da diesen riesigen Ausländer…«
    »Bist du dumm?« schrie Ori. »Wie oft muß ich es dir noch sagen? Diese Schußwunde stammt von einer ihrer Kugeln, und sie haben mich in Kanagawa gesehen!«
    »Bitte verzeih mir«, sagte die Mama-san demütig, den Kopf bis auf die Tatami gesenkt, »bitte verzeih dieser dummen Person.« Abermals verneigte sie sich, dann ging sie hinaus. Im innersten Herzen aber verfluchte sie Ori, weil er kein wahrer Shishi war und Seppuku beging, solange Hiraga anwesend war, der beste Sekundant, den sich ein Mann wünschen konnte, denn damit hätte er die furchtbare Gefahr für sie und ihr Haus abwenden können. Die Nachricht vom Schicksal der Herberge ›Zu den siebenundvierzig Ronin‹ hatte sich über fünfzig ri und mehr verbreitet: Es war eine unerhörte Vergeltung, alle Kunden, Kurtisanen und Dienstboten zu töten und den Kopf der Mama-san auf einen Pfahl zu spießen.
    Ungeheuerlich, dachte sie wütend. Wie kann ein Haus einem Samurai, Shishi oder nicht, das Betreten verbieten? Früher töteten die Samurai viel öfter als heute, gewiß, aber das war vor Jahrhunderten, und auch dann fast immer nur, wenn es angezeigt war, und niemals Frauen und Kinder. Das war, als die Gesetze des Landes noch gerecht, Shōgun Toranaga noch gerecht, sein Sohn und Enkel noch gerecht waren, bevor Korruption und Verschwendung zum Lebensstil nachfolgender Shōguns, Daimyos und Samurai wurden, die uns über ein Jahrhundert lang mit ihrer habgierigen Besteuerung gequält haben wie eine Pestbeule! Unsere einzige Hoffnung sind die Shishi! Sonno-joi!
    »Bevor wir sterben, muß Anjo sterben«, hatte sie leidenschaftlich erklärt, als Hiraga zwei Tage nach dem Überfall endlich sicher zurückgekehrt war. »Wir hatten furchtbare Angst, du seist mit den anderen verbrannt. Das alles geschah auf Anjos Befehl, Hiraga-san, auf seinen Befehl – als ihr ihn vor dem Burgtor überfallen habt, kam er gerade von der Herberge ›Zu den siebenundvierzig Ronin‹ zurück, die Exekutionen hat er persönlich angeordnet und auch dabei zugesehen. Und für den Fall, daß ihr Shishi unversehens zurückkehren würdet, hat er Männer im Hinterhalt zurückgelassen.«
    »Wer hat uns verraten, Hiraga?« hatte Ori sich erkundigt.
    »Die Mori-Samurai.«
    »Aber Akimoto sagte, er habe gesehen, wie sie getötet wurden.«
    »Es muß einer von ihnen gewesen sein. Ist sonst noch jemand entkommen?«
    »Akimoto, und das nur zufällig. Er hat sich einen Tag und eine Nacht in einer anderen Herberge versteckt.«
    »Und wo ist er jetzt?«
    »Er ist beschäftigt«, antwortete Noriko. »Soll ich ihn holen lassen?«
    »Nein. Wir werden morgen mit ihm sprechen.«
    »Für die Herberge muß Anjo bezahlen! Das ist gegen jede Tradition!«
    »Das wird er. Genauso wie die Bakufu. Genauso wie Shōgun Nobusada. Genauso wie Yoshi.«
    In seinem Privatquartier hoch oben im Burgturm von Edo erdachte Yoshi ein

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