Gai-Jin
machten, ihn quälten.
Sein Herz pochte wie nie zuvor. Er zwang sich, sitzen zu bleiben. Nun konnte er sehen, wie ihre kleinen Brüste sich hoben und senkten, die zarten Brustwarzen waren hart unter der Seide. Dann seufzte sie. Mit vollkommener Anmut ließ sie ihre Hülle fallen und stand in all ihrer Reinheit da.
Für ihn blieb die Zeit stehen. Mit angehaltenem Atem genoß er ihr Geschenk, so unerwartet und so freimütig gewährt. Als er das Warten nicht mehr ertragen konnte, stand er auf. Seine Arme waren sanft, und er küßte sie mit aller Leidenschaft, die er besaß, kraftvoll an sie gepreßt. Sie war schlaff in seinen Armen. Mühelos hob er sie hoch und legte sie auf die Futons im Schlafzimmer. Er riß sich die Kleider vom Leib. Dann kniete er neben ihr nieder und betrachtete sie ekstatisch im Licht. »Je t’aime, je t’aime.«
»Sehen Sie, Furansu-san«, sagte sie, während sie mit ihrem liebreizenden Lächeln dalag. Ihre Finger zeigten auf die Innenseite ihres Schenkels. Einen Augenblick lang verstand er nicht. Dann sah er die Abschürfung. Das Herz wäre ihm fast aus dem Leib gesprungen, Galle füllte seinen Mund. »Sehen Sie«, sagte sie abermals, noch immer lächelnd. Ihre Augen waren dunkel in dem dämmrigen Licht. »Es hat angefangen.«
»Das… das nichts«, sagte er mit erstickter Stimme. »Nichts.«
»Es ist alles.« Sie sah zu ihm auf. »Bitte, geben Sie mir das Messer.« Sein Kopf drehte sich, seine Augen waren blind für alles, bis auf diese wunde Stelle. Mit ungeheurer Anstrengung schüttelte er den Kopf, um wieder klar denken zu können. Und zwang seine Augen zu sehen. Doch der scheußliche, saure Geschmack verging nicht. »Das ist nichts, das ist nur… das ist nichts, überhaupt nichts«, krächzte er. Je genauer er hinschaute, desto unbedeutender erschien ihm der Makel. »Nur eine wunde Stelle, das ist alles.«
»Bitte? Sie müssen Japanisch sprechen, Furansu-san, tut mir leid.«
»Das… das nicht Krankheit. Das nicht. Nur… nur enges Lendentuch, nicht Sorgen machen.« Er streckte die Hand aus, um sie zu bedecken, und wollte das Licht ausblasen, aber sie hinderte ihn daran. Sanft. »Tut mir leid, es hat angefangen. Bitte. Geben Sie mir das Messer.«
Sein Messer steckte in der Scheide an seinem Gürtel. Wie immer. Bei seinen Kleidern, die hinter ihm lagen. »Nein, bitte, Hinodeh, nicht Messer, Messer schlecht, Messer nicht brauchen. Dieses… dieses Mal nichts.«
Durch seinen Alptraum hindurch sah er sie den Kopf schütteln, sanft, und die Bitte wiederholen, die zum Befehl geworden war. Seine Glieder begannen zu zittern, sein Kopf unkontrollierbar zu zucken, und er konnte weder das verhindern noch die gemurmelte, unzusammenhängende Litanei französischer und japanischer Sätze, die aus ihm hervorströmte und bat und flehte und erklärte, dieses kleine Mal sei nur ein Fleck, nichts weiter, obwohl er wußte, daß sie recht hatte. Es hatte angefangen. Angefangen, angefangen. Sein Magen hob sich, und er mußte sich zusammenreißen, um sich nicht zu erbrechen.
Sie unterbrach ihn nicht, schlimmer noch, sie lag geduldig da und wartete darauf, daß der Anfall verging. Dann würde es zu einer Lösung kommen.
Gebrochen sagte er: »Höre, Hinodeh, bitte nicht Messer. Bitte. Kann nicht… das… das nichts. Bald gehen weg. Mich ansehen, ansehen!« Verzweifelt zeigte er auf sich selbst. »Nichts, nirgends. Das klein, bald weggehen. Kein Messer. Wir leben. Nicht Angst. Glücklich. Ja?« Er sah den Schatten über ihr Gesicht ziehen. Wieder berührten ihre Finger die Hautabschürfung, wieder dasselbe monotone: »Es hat angefangen.«
Er verzog das Gesicht zu einem Lächeln und wußte nicht, daß es grotesk war. Sosehr er sich auch drehte und wand und ihr gut zuredete, sie stellte immer wieder dieselbe Frage, sanft, höflich. Er wurde immer wütender, bis er nahe daran war zu explodieren. »Das nichts«, sagte er heiser. »Verstehen?«
»Ja, ich verstehe. Aber es hat angefangen. Neh!«
Er starrte sie an, mit bösem Gesicht, und dann brach die Wut aus ihm hervor, und er schrie: »Herrgott, ja! Ja! Hai!«
Jetzt herrschte große Stille. Dann sagte sie: »Danke, Furansu-san. Nun, bitte, da Sie einräumen, daß es angefangen hat, bitte, geben Sie mir das Messer, wie Sie versprochen haben.«
Seine Augen waren blutunterlaufen, er war schweißgebadet und dem Wahnsinn nahe. Er öffnete den Mund, und sein Mund sagte mit Entschiedenheit, was er immer gewußt hatte, daß er sagen würde: »Kein Messer.
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