GALAN - Die Seelenwanderin (GALAN-Saga) (German Edition)
Angst vor dem, was ich sehen und vorfinden werde.“ Meine Gefühle lagen für Jason völlig frei.
Er erkannte sofort meine Angst, und ich erkannte auch seine Gefühle, die nicht weniger besorgniserregend waren. Sofort schickte er mir seine Gedanken. „Ich komme mit. Ich werde dich nicht alleine lassen. Ich habe nur Angst, zu sehen, was ich mit meinem Verrat angerichtet habe.“
„Nein Jason, so darfst du nicht denken. Du hast keine Schuld, versteh es bitte. Ich weiß, warum du so handeln musstest und das hätte jeder in deiner Lage auch getan.“ Ich spürte seine Verzweiflung. „Ich gehe schon mal, folge mir bitte so schnell du kannst.“ Ohne abzuwarten, ob er etwas sagen würde, fuhr ich aus ihm und begab mich mit meiner Seele zu Jeremia.
Einen Atemzug später war ich bei ihm, aber was ich sah, ließ mich erstarren. Jeremia lag gefesselt auf einem Karren. Der Wagen wurde von zwei Pferden gezogen, auf denen Krieger von Netan saßen. Ich bewegte mich schneller, um auf den Karren zu steigen. Ich ging ganz nah an ihn ran, um zu sehen, ob er atmete. Mein Gesicht berührte fast seins, so wie es in meinem Zustand möglich war. Ich fühlte einen leichten Hauch seines Atems. Er lebte, aber ich sah, dass er verwundet war. Die Wunde wurde von einem Verband bedeckt. Suchend schaute ich mich um. Als ich den anderen Karren sah, wurde mir ganz schlecht. Casper saß mit zwei weiteren Gefangenen darauf. Ihre Arme waren auf dem Rücken gefesselt. Wo brachten sie sie hin? Natürlich wurde mir längst die brutale Wahrheit zur Gewissheit. Sie waren auf dem Weg nach Capan, auf dem Weg zu Netan. Nur die Erinnerung an diese grauenhafte, herrschsüchtige Kreatur - Netan - ließ mich erschaudern. Zum Glück lebten sie beide noch, aber was war mit meinen anderen Brüdern? Sofort bekam ich es mit der Angst zu tun. Sie durften nicht tot sein. Ich blickte noch einmal hinunter zu Jeremia und betrachtete sein schönes Gesicht, bevor ich meine Augen schloss und an meine Brüder dachte.
Ich stand in einer belebten Gasse, inmitten der Stadt Caska, als ich meine Augen öffnete. Da sah ich das Ausmaß der Gefechte. Überall lagen blutverschmierte Menschen - Leichen, Tote. Einigen fehlten Körperteile und andere hatten riesige Wunden. Übelkeit mischte sich mit tiefem Schmerz. Warum mussten diese Menschen sterben?
Nur der Gedanke, dass auch meine Brüder hier irgendwo lagen, trieb mir die Tränen in die Augen. „Bitte nicht!“, schrie ich. Keiner konnte mich hören. Ich fühlte mich in diesem Moment so verloren. Ich drehte mich um und erblickte Jason. Er stand regungslos da. Ich wusste, was er dachte, aber ich durfte nicht zulassen, dass er sich seinem Hass unterwarf. „Ich bin schuld an dem Tod dieser Menschen.“ Auch er hatte Tränen in den Augen.
„Hör sofort auf damit!“, forderte ich ihn auf. „Der Krieg hätte stattgefunden, auch ohne dich und mich. Bitte, wir müssen meine Brüder suchen“, bat ich ihn flehend.
Langsam löste er sich aus der Erstarrung. „Charisma, das ist so schrecklich. Schau dir diese Leute an.“
Neben den Toten weinten Angehörige, kleine Kinder, Frauen und Männer. Es war ein erschütternder Anblick. Die Bürger, die noch am
Leben waren, versuchten ihr Hab und Gut vor dem Feuer zu retten, das noch lodernd die Häuser vernichtete.
Wir streiften durch die Gassen, bis ich endlich Gerrit erblickte. „Da ist Gerrit, der beste Freund von Jeremia, das weißt du sicherlich bereits. Wenn er hier ist, dann dürften meine Brüder nicht weit sein“, presste ich leise hervor, während ich versuchte meine Erschütterung hinunterzuschlucken.
Wir gingen mit schnellen Schritten auf Gerrit zu. Er stand vor einem Haus und half einem alten Mann. Dann sah ich, wie mein Bruder Jazem aus dem Haus trat. Danach kamen Theran und Talon hinter ihm. Eine Woge der Erleichterung erfasste mich, ich freute mich so sehr, dass ich sie am liebsten umarmt hätte, aber leider war das nicht möglich. „Das sind meine Brüder Theran, Talon und Jazem“, deutete ich mit einem Fingerzeig Jason an.
„Ich freue mich für dich, Charisma, aber hattest du nicht gesagt, dass vier Brüder von dir in den Krieg gezogen waren.“
Traurig blickte ich zu ihm hinüber. „Ja, er ist auch am Leben. Casper wurde mit Jeremia gefangen genommen, und sie sind auf dem Weg nach Capan.“ Dann fiel mir etwas ein. „Du bist doch auch dort. Vielleicht kannst du zu ihnen?“, fragte ich voller Hoffnung.
„Das bezweifele ich. Ich glaube nicht, dass sie
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