GALAN - Die Seelenwanderin (GALAN-Saga) (German Edition)
blickte auf dieses kleine Mädchen und erkannte Ähnlichkeiten mit Syria. Konnte das möglich sein?
Jeder glaubte, dass sie tot war. Hatte Netan sie damals entführt und alle nur glauben lassen, dass sie nicht mehr lebte? Jason wurde von Sekunde zu Sekunde sicherer. Syria war die Schwester von Jere-mia. Sie musste es sein, denn diese Augen würde er überall wiedererkennen. Sie lebte, und sie selber wusste nicht, dass sie die Tochter eines Herrschers war. Es passte aber alles zusammen.
Sie wurde als Kind von Netan entführt. Sie war eine Cavalanerin, das hatte er an ihren Ohren erkannt. Jason verstand nun auch, warum Netan sie am Morgen zu sich gerufen und ihr verboten hatte, zu Je-remia zu gehen, um ihm das Essen zu bringen.
Alles passte zusammen.
Er fragte sich, ob er diese Erkenntnis Syria preisgeben oder ob er lieber warten sollte, um es erst Isma zu berichten, die es dann Jeremia beibringen könnte. Er musste erst mal zurück in seinen Körper.
Er war wieder in seinem Zimmer und sprang aus dem Stuhl. Was sollte er tun? Kurze Zeit später traf er eine Entscheidung: Er würde es Syria sagen. Sie musste es erfahren. Keiner wusste, was die Nacht oder der nächste Tag bringen würde, wenn Isma und die Truppen hierher kamen. In den nächsten Stunden könnte er schon tot sein und er war der Einzige, der die Wahrheit kannte. Syria sollte es wissen, dass sie eine Familie hatte, und was noch wichtiger war, wer sie wirklich war. Denn sie ist die Tochter des Herrschers von Cavalan.
Das erschreckte ihn auf einmal und seine Hoffnungen, mit ihr eines Tages glücklich zu werden, lösten sich gerade im Nichts auf. Die Einsicht, die sein Herz in diesem Moment traf, riss es in tausende Stücke. Traurig sackte er in den Stuhl zurück. Er würde sie verlieren. Er hatte nicht die Möglichkeit, ihr das zu bieten, was ihr zustand. Sie würde ihren Vater und ihren Bruder zurückbekommen. Er hätte keinen Platz mehr in ihrem Leben. Verzweiflung und Verlust breiteten sich in seinem Herz aus. Nein, er musste es ihr sagen, auch wenn er sie dadurch für immer verlieren würde, aber er wusste, dass sie endlich ihr
Glück finden würde. Sie hatte eine Familie verdient, nur leider gehörte er nicht mehr dazu.
Jason blieb lange sitzen und vergrub das Gesicht in seinen Händen. Verschiedene Gefühle wechselten sich in seinem Inneren ab. Irgendwann herrschte Stille in ihm. Isma würde bald eintreffen. Vorher musste er Syria finden und ihr die Wahrheit sagen. Er blickte aus dem Fenster und sah seine Schwestern im Hof auf einer Bank sitzen. Das war das erste Mal, dass sie sich nach draußen trauten. Er sah, dass Syria den Hof kehrte und sich mit seinen Schwestern unterhielt. Sie hatte es geschafft, dass seine Schwestern ihren ganzen Mut zusammennahmen, um mit ihr vor die Tür zu gehen. Er entschied sich, Syria jetzt die Wahrheit zu offenbaren. Er ging zur Tür hinaus und schaute sich noch mal nach Bediensteten um. Er hoffte, dass ihn niemand bemerken würde, denn Netan würde von ihm wissen wollen, was er bei Jahred Nahal herausgefunden hatte. Er durfte nicht verraten, dass sich Truppen auf den Weg nach Capan machten. Seine Angst vor Netan brachte ihn immer dazu, alles zu erzählen, aber diesmal nicht, schwor er sich - diesmal würde er standhaft bleiben. Ihre Chance war viel größer, gegen Netan und seine Krieger zu kämpfen, wenn sie zahlenmäßig überlegen waren.
Als er sich dem Hof näherte, verlangsamte er seinen Gang. Er wollte nicht, dass seine Schwestern seine Aufregung spürten. Bei seinen Schwestern angekommen, gab er ihnen jeder flüchtig einen Kuss auf die Stirn, dabei behielt er Syria im Auge und zwinkerte ihr kurz zu.
„Es freut mich, dass ihr an die frische Luft gegangen seid", stieß er ehrlich hervor.
„Ja, es ist wirklich schön hier draußen. Nur Syria ist hier und sie passt auf uns auf. Erst wollten wir nicht, aber sie hat uns aufgemuntert und gebeten, ihr zu helfen", erklärte Julien.
„Wir haben geholfen, den Stall auszumisten. Es hat wirklich viel Spaß gemacht, und ich durfte auch ein Pferd streicheln." Elenas Augen funkelten vor Glück.
Jason strich ihr sanft durch die Haare. „Also hattet ihr ein wenig Spaß. Das freut mich sehr. Ich muss mit Syria reden. Bleibt bitte hier sitzen. Wir unterhalten uns etwas abseits, aber ich habe euch im Auge. Würdet ihr mir den Gefallen tun?"
„Klar, du kannst dich auf uns verlassen", versicherte Julien.
Jason ging nun zu Syria, die gerade im Stall verschwunden war.
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