GALAN - Die Seelenwanderin (GALAN-Saga) (German Edition)
gewisses Gefühl von Freundschaft und Verständnis für Narissa aufbringen können, aber momentan hegte er keine Zuversicht.
Es galt sich auf den kriegerischen Konflikt mit dem Territorium Capan zu konzentrieren, denn die Wiederherstellung des Friedens und das Überleben der Galaner hatte für ihn Priorität.
Da blieb nur wenig Zeit, den frischen Rekruten die Kriegskunst zu lehren. Nach langen Verhandlungen mit Fisius, be-kräftigten sie ihr Bündnis, und nun war die erste Aufgabe, die sechs Territorien zu einem Militärpakt zu vereinen, vollbracht.
Die Gesandten machten sich bereit, in die Stadt herunterzureiten. Doch er wollte noch einen Augenblick allein sein, um hier im einsamen Garten seine Gedanken zu ordnen.
Seit Wochen hatte er das Gefühl, beobachtet zu werden, aber nie konnte er jemanden sehen. Das Seltsame daran war, dass er dieses Gefühl, auch schon hatte, wenn er sich alleine in seinem Schlafzimmer aufhielt. Erst dachte er, seine Nerven spielen ihm einen Streich, durch den enormen Druck, der auf ihm lastete. Doch irgendwann merkte er, dass dies mehr als Einbildung sein musste. Es fühlte sich gut an, nicht bedrohlich. Es war sogar etwas Liebenswertes und Beschützendes. Dann gestern Nacht am Lagerfeuer hatte er wieder diese Gegenwart gespürt, so als würde jemand ihn berühren. Er bemerkte plötzlich einen Hauch auf seinen Lippen. Dabei spielten seine Gefühle verrückt. Er spürte eine innere Erregung. Es kam ihm so wirklich vor, so richtig.
Nun war er hier in Kanas. Irgendetwas trieb ihn voran, irgendetwas führte ihn hierher. Die Anspannung und die Sehnsucht nach etwas Unbekanntem ließen einfach nicht nach. Heute würde etwas passieren!
Noch einmal schaute er auf die Stadt herunter, bevor er zu seinen Begleitern zurückkehrte.
Ich hatte die Hoffnung aufgegeben, Jeremia sehen zu können. Der Marktplatz wurde immer voller und Leute drängten und drückten sich gegenseitig. Plötzlich sah ich, dass die Menge sich auf der Westseite teilte. Die Gesandten auf ihren Pferden bahnten sich ihren Weg zum Podest. Voraus ritten die Fahnenträger. Der erste Reiter trug unsere Farben, Blau und Gelb, danach folgte die Farben von Cavalan, Rot und Gold, das Territorium von Jeremia. Die nächsten Reiter trugen die Fahnen von
Nalada, Falan, Trianda und Vrehan. Die Fahnen aller sechs Territorien wurden präsentiert. Die Menschen jubelten, als sie über den Markt ritten. Nun folgten die Gesandten. Fisius ritt voran und dann erblickte ich Jeremia. Er ritt genau hinter Fisius, Gerrit an seiner Seite.
Mein Herz setzte für einige Schläge aus, und ich rieb meine verschwitzten Hände an meinem neuen Kleid ab. Sie zitterten.
„Ist er das?", wollten Mama und Tante Lana hoffnungsvoll wissen.
Ich nickte nur, denn zu mehr war ich gerade nicht in der Lage. Ich wollte zu ihm, aber ich fand keinen Weg. Die Menschen vor mir bildeten eine undurchdringliche Mauer. Ich stellte mich auf die Zehenspitzen, um ihn besser sehen zu können. Mühsam quälten sich die Pferde durch die Menge. Jeremias ausdrucksloser Blick war auf das Podest gerichtet. Er wirkte angespannt. Ich kannte ihn noch nicht lange, aber seine Gesichtszüge hatten sich in mein Gedächtnis geprägt, und es war ihm anzusehen, dass er eine schwere Bürde trug.
Endlich hatten sie ihr Ziel erreicht. Sie stiegen von ihren Pferden ab und schritten die Stufen zu der Empore hoch. Oben angekommen, hob Fisius beide Hände, um den Bürgern zu signalisieren, dass er nun sprechen wollte. Es dauerte eine ganze Weile, doch dann war es so still, man hätte eine Stecknadel fallen hören können. Jeremia stand mit erhobenem Haupt rechts neben Fisius. Seine Arme waren hinter seinem Rücken verschränkt. Hinter ihm sah ich Gerrit. Links von Fisius befanden sich die Gesandten der anderen Territorien. Ich kannte keinen von ihnen.
Fast vergaß ich zu atmen, denn er stand dort oben, wahrhaftig vor mir. Ich wäre ihm so gerne noch näher gewesen.
Während Fisius zu seinen Bürgern und den Angereisten sprach, sah ich, wie Jeremia die Menge inspizierte, als würde er jemanden suchen. „Meine lieben Mitbürger von Galan. Heute haben wir uns hier versammelt, um etwas Schreckliches kundzutun. Wir befinden uns im Krieg und ich muss Ihnen leider mitteilen, dass die Lage sich noch mehr verschlechtert hat, als wir bisher angenommen haben. Wir erhielten soeben die Nachricht, dass es Netans Armee gelungen ist, das Territorium Trianda anzugreifen. Die Capitaner überraschten die Bewohner im
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