GALAN - Die Seelenwanderin (GALAN-Saga) (German Edition)
zerbrechenden Zweige hören und den Unkenruf einer Schleiereule, deren unangenehmer Krikri-Laut mich aufschreckte, denn laut eines Aberglaubens soll ihr Ruf den Tod ankündigen. Mir schauderte und mir war kalt.
Wir kamen zu einer Lichtung.
„Nur noch ein paar Meter, hinter den großen Nadelbäumen stehen unsere Zelte", erklärte mein Vater.
Als wir näher kamen, erblickten wir zwei große Zelte, die mit Laub bedeckt waren und so die beste Tarnung abbekommen hatten. Wir stellten unsere Taschen hin, bevor mein Vater uns weitere Anweisungen gab.
„Wir haben diesen Platz gewählt, weil hinter den Zelten eine kleine Böschung zu einem Bach verläuft, wo wir uns waschen können und auch sauberes Wasser zum Trinken haben. Ein Zelt beziehen wir Männer und das andere Zelt teilen sich die Frauen. Ist das für euch in Ordnung?"
Natürlich war es das. Wir packten aus und verstauten alles an seinen Platz. Es war schon fast Mittag, als wir fertig waren.
Nicht weit von unserem Zeltplatz entfernt setzte ich mich auf einen Felsbrocken. Trotz der Kälte liefen mir Schweißperlen über das Gesicht. Das Verstauen und Vorbereiten für die kommenden Tage hatte mich sehr erschöpft und natürlich die Tatsache, dass ich nicht geschlafen hatte. Müde und kraftlos ließ sich Aaron neben mich plumpsen. Er streckte seine Beine aus und stöhnte. „Wir haben alles geschafft. Papa sagt, dass wir morgen schon mit dem Bau der Hütte beginnen werden. Ich werde erst mal Wache schieben, später kommt dann Papa und löst mich ab. Die anderen haben sich schon in die Zelte bege-ben, jeder von uns ist müde und braucht etwas Schlaf. Geh dich doch auch hinlegen."
„Ja, könnte ich. Eine Mütze Schlaf täte mir gut", räumte ich ein und begann zu gähnen, blieb aber noch einen Augenblick sitzen. Ich hatte keine Angst mehr. Ich wusste nicht, ob es daran lag, dass meine Familie hier bei mir war oder einfach nur, weil einige Sonnenstrahlen durch die Bäume schienen und den Wald in wunderschönen und warmen Herbstfarben strahlen ließ. Es ging mir ganz gut, und mein Herz sowie mein Verstand kamen etwas zur Ruhe. Ich hatte den Gedanken an Jeremia und Narissa in den hintersten Winkel meines Kopfes verdrängt, aber trotzdem sickerte er wieder und wieder an die Oberfläche. Mein Herz sagte mir, dass ich Jeremia vertrauen kann. Vielleicht war das alles nur ein Plan von ihm, Verson glauben zu lassen, dass er Narissa heiratet, damit seine Krieger gegen die Capitaner kämpfen würden. Mein Herz wollte ihm glauben, doch mein Verstand konnte es nicht. Es war doch von Anfang an so abwegig, dass er zu mir gehören sollte, dass er sich in mich verlieben könnte. Wir kamen aus zwei verschiedenen Welten, aus zwei unterschiedlichen Schichten, dass ich mich sogar fragte, ob er durch seine wunderschönen eisblauen Augen die Welt ganz anders sah als ich durch meine grünen. Natürlich, Isma, ist es so. Du musst zur Vernunft kommen, sei erwachsen, redete ich mir immer zu. Und doch, es ging nicht ohne ihn. Dafür war es schon zu spät für mich. Eine Liebe, die man verschenkt hat, kann man nicht zurücknehmen. Oder doch?
Ich wurde aus meinen Gedanken gerissen, als Aaron meine Schulter berührte. „Isma, träumst du schon wieder?"
„Entschuldige, ich hab dich nicht gehört. Denkst du, es wird alles gut werden?" Ich nahm seine Hand und drückte sie leicht.
„Ich hoffe es, Isma, ich hoffe es für uns alle. Mögen die Götter uns beschützen und unsere Brüder wieder heil nach Hause bringen."
Ich gab ihm einen Kuss auf die Wange und ging zum Zelt, hob den Stoff des Zeltes und krabbelte auf allen Vieren hinein.
Meine Mutter und meine Tante schliefen schon fest. Ich legte mich auf meinen vorgesehenen Schlafplatz und deckte mich mit dem Fell zu. Erst lag ich nur da und lauschte den tiefen gleichmäßigen Atemzügen von Mama und Lana.
Mein letzter Gedanke war, dass ich einfach nur schlafen und meine Seele ruhen wollte. Ich war noch nicht bereit, dem Krieg ins Auge zu sehen. Ich war noch nicht bereit, Jeremia und Na-rissa zusammen zu sehen, vielleicht sogar in Hochzeitsvorbereitungen versunken. Nein, ich war erschöpft und musste neue Kraft sammeln.
Jeremia saß in seinem Gästezimmer am Tisch. Ihm gegenüber hatte Gerrit Platz genommen, den er am Morgen zu sich gebeten hatte. Gemeinsam tranken sie Kaffee und besprachen den Verlauf des heutigen Tages. Gerrit lehnte sich zurück und betrachtete seinen Freund, der darüber grübelte, ob er Gerrit kundtun sollte, wie er
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